"Pistorius-Geschwindigkeit"

"Pistorius-Geschwindigkeit"

Realsatirisches Interview mit dem Chef des Verbandes der Rüstungsindustrie

Hans Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), zur Beschleunigung der Rüstungsproduktion in Deutschland.

Von wb

Herr Atzpodien[1], vielen Dank, dass sie sich für ein Interview mit der Roten Fahne Zeit genommen haben. Denn sie sind sicher derzeit als Gesprächspartner im Verteidigungsministerium und bei der Regierung sehr gefragt. Deshalb unsere erste Frage an Sie: In der Rüstungsbranche herrscht eine Goldgräberstimmung: Die Bestellungen steigen, die Produktion wird ausgeweitet und die Gewinne sprudeln.

 

„Es gibt aus meiner Sicht keine 'Goldgräberstimmung', sondern vielmehr ein großes Gefühl der Verantwortung in sehr schwierigen und belastenden Zeiten für unsere Sicherheit in Europa.“

 

Oh, das hatten wir bisher so gar nicht gesehen. Reicht denn für die „Verantwortung“ der BRD beim Krieg um einen Sieg über Russland das Sondervermögen von 100 Milliarden aus?

 

Gut, dass Sie mich das fragen. Natürlich nicht. „Über die nächsten Jahre hinweg bedarf es erheblicher zusätzlicher Mittel. Die berühmte Zwei-Prozent-Quote der Nato ist nicht nur irgendeine Zahl, ihr stehen ausgeplante (mit uns abgesprochene und zugesagte) Bedarfe der Bundeswehr gegenüber. Und auch die Produktion der Rüstungsgüter verteuert sich durch die gestiegenen Rohstoffpreise, weshalb wir diese leider mit einem entsprechenden Gewinnaufschlag an den Staat verkaufen müssen."

 

Der Volksmund spricht von „todsicheren Geschäften“. Wie gehen Sie mit solchen Kritiken oder Anfeindungen um?

 

"Zum Glück hat sich das Image der Rüstungsindustrie -  das bestätigen uns auch Meinungsforscher - gewandelt. Wir werden – zumindest von Teilen der Bevölkerung – als Krisenhelfer wahrgenommen, wofür ich mich insbesondere bei den GRÜNEN bedanken möchte. Deren Führung steht seit der Zeitenwende mehr auf olivgrün. (lacht) Aber noch zufriedener sind wir mit dem neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius."

 

Was hat sich unter Lambrechts Nachfolger, Boris Pistorius, verändert?

 

„Wir haben eine echte Beschleunigung bemerkt, eine Art 'Pistorius-Geschwindigkeit'. Er ist proaktiv auf die wichtigen Industrieunternehmen zugegangen, also beispielsweise auf die Hersteller von Schützen- und Kampfpanzern, bei denen schnell Ersatz beschafft werden musste. Und er hat glaubhafte Zusicherungen gegeben, wenn es um bestimmte Bestellungen ging."

 

Klingt tatsächlich glaubhaft. CDU-Chef Friedrich Merz forderte jüngst, man müsse die Zivilklauseln an Universitäten kippen, mit denen sie militärische Forschung verbieten. Hat er recht?

 

„Heutzutage sollte allen klar sein, dass solche Zivilklauseln aus der Zeit gefallen sind. Stattdessen muss in einem vernünftigen Maße für die defensiven Zwecke unserer Streitkräfte Forschung an Hochschulen möglich sein.“

 

Herr Atzpodien, vielen Dank für das gar nicht defensive Interview. Wir sind sicher, dass es unseren Leserinnen und Lesern zu erkennen hilft, dass der deutsche Imperialismus an der Vorbereitung eines neuen Weltkrieges aktiv und zunehmend beteiligt ist. Und dass der militärisch-industrielle Komplex mit der engen und lautlosen Zusammenarbeit von Rüstungskonzernen und Regierung bzw. Staatsapparat die Voraussetzungen dafür schaffen soll. Wir müssen Sie aber enttäuschen, wenn Sie der Meinung sind, dass sie mit ihren todsicheren Aufrüstungs- und Kriegsplänen auf große Zustimmung in der Bevölkerung stoßen. Aber dass diese Stimmung zum aktiven Widerstand wird, sehen wir als unseren Job an!