Stuttgart
„Letzte Generation“ vor Gericht
Moritz Riedacher, 27 Jahre alt, stand am 18. Juli in seinem Berufungsverfahren gegen die Geldstrafen für mehrere Verkehrsblockaden als Aktivist der „Letzten Generation“ vor Gericht.
Seine ausführliche Erklärung, warum er diese Aktionen zivilen Ungehorsams für notwendig erachte, da die Regierung nicht angemessen auf die akute Katastrophe, die sich soeben sichtbar entwickelt, reagiere und ihre eigenen Beschlüsse und Gesetze nicht einhalte, hörten sich Richter, Schöffen und Staatsanwalt „geduldig“ an. Fast schien es, als leuchteten ihnen die Argumente ein.
Das Ergebnis der Verhandlung war aber, auch nach einem (die Zuhörer im Saal) sehr überzeugenden Plädoyer des Verteidigers für Freispruch, die Ablehnung der Revision und Beibehaltung des bereits ergangenen Urteils.
In diesem Plädoyer der Verteidigung wurde klar herausgearbeitet, dass die Aktionen der „Letzten Generation“ der Versuch sind, unzählige Klimatote und Klimaflüchtlinge zu vermeiden, indem Druck ausgeübt wird, endlich zu handeln. Der Verteidiger sprach – durchaus berechtigt – von Klimamord, denn in den Ausführungen über Jahrzehnte alte Gutachten zur Klimaerwärmung, die den fossilen Stromkonzernen bekannt waren, sind die Folgen bereits klar dargestellt. Sie wissen also, was sie tun. Trotzdem wurde Moritz Riedacher schuldig gesprochen - wegen Nötigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Die ca. 25 anwesenden Zuhörer – vor ihrem Zugang zum Gerichtssaal wie auf dem Flughafen kontrolliert - konnten anschaulich erleben, welche Werte dieses Gericht vertritt und mit welchen Methoden vorgegangen wird.
Wir sollten daraus lernen: Die Justiz als Teil des Staats-Apparats und damit des Unterdrückungsinstruments gegen die werktätige Klasse ist nicht neutral und bedient sich der Methoden der bürgerlichen juristischen „Wissenschaft“. Dazu gehört die Betrachtung einer Tat nicht in ihrem großen Zusammenhang, sondern im kleinkarierten Umfeld juristischer Spitzfindigkeiten, die letztlich nicht wirkliche Gerechtigkeit herstellt, sondern nur feststellt, ob eine Handlung den bürgerlichen Gesetzen entspricht und die Urteile der bisherigen Rechtsprechung folgen.