Ukrainekrieg

Ukrainekrieg

Nach Prigoschin-Putschversuch: Krise der Kriegsführung beider Seiten verschärft sich weiter

Richtig konstatieren der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der amerikanische Präsident Joe Biden, die ja am Samstag ausführlich telefoniert haben, dass Risse im Staatsgefüge des neuimperialistischen Russland offensichtlich geworden sind. Es ist weit labiler, als Putin und seine Verbündeten es aussehen lassen wollen.

Von hodo/us/gis

Sofort verstärken beide Länder ihre Waffenlieferungen an die Ukraine. Scholz gestern Abend in der Maischberger-Talk-Sendung: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass es noch sehr lange dauern kann. Wir bereiten uns darauf vor, damit wir immer in der Lage sind, die Ukraine noch weiter zu unterstützen." Das amerikanische Verteidigungsministerium kündigt ein neues Paket mit militärischer Ausrüstung im Umfang von 500 Millionen Dollar an. Die Kriegsführung der Ukraine ist keineswegs weniger in der Krise wie die Russlands, auch wenn großspurig so getan wird. Seit zwei Wochen läuft die Gegenoffensive der Ukraine, in der sie nach eigenen Angaben acht Dörfer und etwas mehr als 100 Quadratkilometer Fläche erobert hat. „In einigen Gebieten bewegen sich unsere Kämpfer vorwärts, in einigen Gebieten verteidigen sie ihre Positionen“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Das heißt, die Gegenoffensive ist bisher weitgehend erfolglos. Er macht dafür die zu langsame und zu geringe militärische Unterstützung der westlichen Imperialisten verantwortlich. Wolfgang Richter, Militärexperte und Oberst a. D., dazu: "Das kann man natürlich hinterher sagen. Ein Durchbruch ist es jedenfalls nicht. Auf der anderen Seite hat die Ukraine die Waffen geliefert bekommen, die die Ukraine haben wollte."

 

Scholz, Biden, Macron und Co. haben für das eigentlich Bedeutsame an der Entwicklung in Russland nicht so den Blick - oder wollen ihn nicht haben: Es entwickelt sich zunehmend der Widerspruch der russischen Arbeiterklasse und der breiten Massen gegen die russische Kriegsführung. In der Rote-Fahne-News-Berichterstattung am vergangenen Wochenende zeigten wir dies als hauptsächlichen Hintergrund auf und zitierten eine Social-Media-Mitteilung der Marxistisch-Leninistischen Plattform Russland: "Die Bevölkerung sieht die Wagner-Truppe und ihren Marsch auf Moskau nicht als ihre Sache an. Bisher ist sie ruhig. Die Zustimmung zu Putins Krieg ist sehr gesunken. Viele haben in ihren Familien oder unter ihren Bekannten Opfer, Tote oder Verwundete. Man sieht die verletzten Menschen, z.T. ohne Arme, mit einem Bein auf den Straßen." Die Regierungen haben in beiden Ländern große Mobilisierungsprobleme. Sie finden so gut wie keine Freiwilligen mehr und müssen mit zunehmender Repression Soldaten rekrutieren. Schon seit Kriegsbeginn dürfen Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen.

 

Der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius kündigte an, 4000 Bundeswehrsoldaten dauerhaft in Litauen zu stationieren. Als erste Einheit ist gestern das Panzerbatallion 363 aus Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis) zu seinem Einsatz nach Litauen verabschiedet worden. Pistorius gerät jetzt allerdings schwer in die Kritik und unter Druck: Er habe ohne Absprachen gehandelt. Am 11./12. Juli wird in Vilnius ein NATO-Gipfel stattfinden. Dort soll die größte Umstellung der NATO-Strukturen seit dem Kalten Krieg vorgenommen werden, u.a. durch die Schaffung vieler großer beweglicher Verbände. Dazu steht die Aktion von Pistorius in einem gewissen Widerspruch.

 

Das Nicht-Vorankommen von beiden Seiten, aber Beibehaltung des jeweiligen Ziels, den Krieg zu gewinnen, verschärft die Gefahr einer weiteren Eskalation, des Einsatzes von Atomwaffen und der Ausweitung zu einem Weltkrieg. Schwedens Außenminister Tobias Billström fordert den NATO-Beitritt der Ukraine und: „Russland muss eine totale militärische Niederlage erleiden“. Der französische Präsident Macron spricht sich für einen zeitnahen NATO-Beitritt der Ukraine aus, bisher schloss die französische Regierung diesen während des Andauern des Ukrainekriegs aus. Die Ambitionen westlicher imperialistischer Länder werden offener auf den Plan gebracht. Im Gegenzug erklärt Russland, bei einem solchen Beitritt würden sie Atomwaffen einsetzen. Selenskyj wiederum wirft Russland vor, das AKW in Saporischschja sprengen zu wollen. Der Ex-Berater Selenskyjs, Olexij Arestowitsch, treibt das Spiel weiter: Bei einem Anschlag Russlands auf das AKW erwarte er, „am nächsten Tag in die NATO aufgenommen zu werden“, ansonsten würden sie sich kurzfristig Atomwaffen verschaffen. Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs verschärft sich.

 

Zugleich gibt es auch verschiedene gegenläufige Entwicklungen, die Ausdruck der Verschärfung der zwischenimperialistischen Widersprüche sind. Es haben sich inzwischen eine Vielzahl neuer imperialistischer Länder herausgebildet, die eigene imperialistische Ziele verfolgen. Um sie zu erreichen, pokern sie und schließen sich mal dem einen, mal dem anderen Block an. Eine Delegation von afrikanischen Politikern aus Südafrika, Senegal, Sambia, Komoren, Ägypten, Uganda und Kongo unter der Führung des Präsidenten des neuimperialistischen Südafrika, Ramaphosa, traf sich kürzlich sowohl mit Selenskyj als auch mit Putin und forderte eine Beendigung des Krieges. Sie treibt sicher die Angst vor den Massen in Afrika, da sie auf Getreide- und Düngemittellieferungen aus der Ukraine und Russland angewiesen sind zur Ernährung der Bevölkerung.

 

Unverzichtbar bleibt der Aufbau einer neuen Friedensbewegung, die sich keiner der beiden imperialistischen Mächte unterordnet – international und in den einzelnen Ländern. Ihr Kern muss die Entwicklung eines aktiven Widerstands gegen die Weltkriegsvorbereitung sein. Für die Revolutionäre der Welt steht die Aufgabe, diesen mit der Verstärkung des Kampfs um die internationale sozialistische Revolution zu verbinden.

 

Stärkt die neue Friedensbewegung!

 

Stärkt die sozialistische Alternative MLPD!