Kliniksterben würde weiter vorangetrieben
Stoppt Lauterbachs „Krankenhausreform“!
Am 5./6. Juli tagt die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister in Friedrichshafen am Bodensee. Dort wird es zu ersten Vorentscheidungen über die Eckpunkte der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebten „Krankenhausreform“ kommen, die er seit Wochen mit schönen Worten einer angeblichen neuen Qualität der Gesundheitsversorgung, dem Kampf gegen das Kliniksterben und „Ende der Ökonomisierung“ anpreist.
Tatsächlich wird aber mit dieser „Reform“ das Kliniksterben weiter vorangetrieben mit dem Ergebnis, dass in ländlichen Regionen eine Stunde Fahrtzeit zum nächsten Krankenhaus und überfüllte Stationen in Ballungsgebieten die Regel sein werden. Wartezeiten für Termine könnten auf Monate an wachsen, die derzeitige Überlastung des knappen Personals wird weiter zunehmen – hunderttausende Beschäftigte im Gesundheitsbereich gehen einer ungewissen Zukunft entgegen.
Sie greift die Problemursachen nicht an, vor allem die strukturelle Unterfinanzierung durch die Fallpauschalen, Privatisierung und die Profitmaximierung der großen Krankenhauskonzerne und der Pharmaindustrie, die zur heutigen Krise im Gesundheitswesen führte.
Die komplette Abschaffung der Fallpauschalen, die vor 20 Jahren damals Lauterbach selbst als Berater von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt führend mit auf den Weg brachte, ist allerdings nicht vorgesehen. Sie war und ist die Hauptmethode Kliniken zu privatisieren und auf lukrative Bereiche und Diagnosen zu spezialisieren oder diese aus Kliniken zur Gewinnabschöpfung in ambulante Medizinische Versorgungszentren (MVZ) auszulagern. Die flächendeckende Grundversorgung und kostspielige Notaufnahmen wurden dann den Allgemeinkrankenhäuser überlassen, denen jetzt die angeblich nötigen „Standards“ fehlen.
Doch solange am System der Fallpauschalen festgehalten wird, führen diese weiter zu massiver Arbeitsplatzvernichtung, um Profite zu sichern, während die Überausbeutung des Personals weiter steigt – auf Kosten der Patienten!
In einem kürzlich veröffentlichten Interview (OZ, 13.6.23) versucht Lauterbach seine „Krankenhausreform“ als großen Fortschritt darzustellen:
- Will er die Qualitätsunterschiede zwischen den Krankenhäusern öffentlich machen und sie in unterschiedliche Leistungsgruppen einteilen. So könne jeder Patient wählen, wo er operiert oder behandelt werden will, auch wenn er dafür lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen muss. Damit werden hunderten funktionierenden Krankenhäusern vorgeschrieben, Chirurgie, Notaufnahme oder andere Stationen zu schließen und die ärztliche Betreuung nachts und am Wochenende einzustellen. Damit sind sie aber praktisch keine Krankhäuser mehr, sondern nur noch ambulante Pflegezentren. Im Klartext bedeutet dies Krankenhausschließungen!
So sieht Lauterbachs „Qualitätssicherung“ also aus: Statt die Standards in der Gesundheitsversorgung generell zu erhöhen, werden die Qualitätsunterschiede langfristig zementiert und weiter ausgebaut und die medizinische Versorgung für die Masse der Menschen massiv verschlechtert. Das ist reinster Pragmatismus!
- Wegen höheren Behandlungs- und den neuen Vorhaltepauschalen behauptet er wider besseren Wissens, dass keine Klinik geschlossen werden müsse und besonders kleine Kliniken auf dem Land mit großen Schulden gerettet würden! Doch schränkt er selbst ein, dass heute bereits 25 Prozent der Krankenhäuser insolvenzgefährdet sind und nicht alle gerettet werden könnten. Auf längere Anfahrtszeiten müsse sich jeder einstellen!
- Die „Reform“ sei auch ein Hebel, um den Fachkräftemangel zu entschärfen. Für die 1719 Krankenhäuser in Deutschland gäbe es jetzt schon nicht genug Ärzte und Pflegekräfte und erst recht nicht in Zukunft. Bei einer „Verdichtung“ von Kliniken – sprich Schließung – ist dann auch weniger medizinisches Personal notwendig. Hier wird der eiskalt berechnende Zynismus seiner „Reform“ im Interesse der Renditemaximierung der Krankenhauskonzerne deutlich sichtbar!
In der Corona-Gesundheitskrise forderte die MLPD die Schaffung von 150.000 Arbeitsplätzen in der Pflege und auf Intensivstationen und dass kein Krankenhaus geschlossen wird. Das gilt nach wie vor, erst recht im Kampf gegen diese „Krankenhausreform“!
Lauterbachs Reformpläne sind Ausdruck des menschenverachtenden kapitalistischen Profitsystems und Pragmatismus der bürgerlichen Weltanschauung. Sie werden und können die Krisenprobleme im Gesundheitswesen nicht lösen, weil die Monopole als „oberster Dienstherr“ der Regierung auch hier den Takt angeben.
Die von Gesundheitsminister Lauterbach ausgerufene „Revolution“ der Krankenhausreform ist in Wirklichkeit nur die Fortführung und Verschärfung der Privatisierungspolitik für die Gewinnmaximierung von Gesundheitskonzernen und Hedgefonds. Sie ist gekennzeichnet vom pragmatischen Krisenmanagement und notdürftiger Mangelverwaltung. Eine echte Revolution geht dem Übel an die Wurzel – dem kapitalistischen Gesellschaftssystem. Die Krise des bürgerlichen Gesundheitswesens kann erst in einer sozialistischen Gesellschaft gelöst werden, wenn die Medizin von den Fesseln der bürgerlichen Ideologie und von der Ausrichtung auf die Profitmaximierung befreit ist.