Sonneberg
Open-Air-Diskussion in polarisierter Atmosphäre
40 dauerhafte Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte heute die Open-Air-Diskussion "AfD - verdrehte Wahrheiten und echte Lügen", die die MLPD in Sonneberg organisierte. 100 weitere Passanten hörten zeitweise zu.
Sie fand in einer polarisierten Situation statt. Morgen findet im Landkreis Sonneberg die Stichwahl zur Landratswahl statt, bei der es möglich ist, dass die AfD erstmals gewinnt und einen Landrat stellt. Sonneberg ist deshalb aktuell europaweit im Blickpunkt. Allein unsere Kundgebung wurde beachtet von Medien aus den Niederlanden und Italien, die sich zufällig in der Stadt bewegten.
Immer mehr AfD-Aussagen werden salonfähig gemacht
Moderiert wurde die Kundgebung von Dagmar Kolkman-Lutz, der langjährigen Leiterin des "Haus der Solidarität" im Ferienpark Thüringer Wald. Sie war für diese Aufgabe genau die Richtige. Steht das "Haus der Solidarität" doch für eine fortschrittliche erfolgreiche Flüchtlingspolitik der anderen Art, was in den letzten Tagen auch etliche Medien würdigten.
Der Einleitungsbeitrag von Tassilo Timm, dem Landesvorsitzenden der MLPD in Thüringen, legte kompetent dar, dass der allgemeine Hintergrund gerade die Rechtsentwicklung der Bundesregierung und der CDU und der in Deutschland herrschenden Monopole ist. Im Kampf darum, wer als Gewinner aus der Weltwirtschafts- und Finanzkrise hervorgeht, wird eine aggressive Außenpolitik gefahren, deren Gegenstück eine reaktionäre Innenpolitik ist. Immer mehr AfD-Forderungen und -Narrative werden zur Regierungslinie erhoben und damit gesellschaftlich salonfähig gemacht.
Er legte am Beispiel des Heizungsgesetzes dar, wie sich die AfD als Protestpartei der kleinen Leute aufspielt. So setzt die AfD am Unmut der Leute an, dass die Kosten für die notwendige Umrüstung auf erneuerbare Energien kaltschnäuzig den Massen aufgedrückt werden soll, statt die Kosten den Monopolen in Rechnung zu stellen. Die AfD kritisiert zurecht, dass das interessengeleitet ist. So ist aktuell auch Rheinmetall ins Wärmepumpen-Geschäft eingestiegen. Die Forderung nach Weiterverbrennung von Öl, Kohle und Gas ist doch aber ebenfalls im Interesse der Industrie, eben der Energiemonopole. Schöne Alternative!
Authentische Redebeiträge zuverschiedenen Kernthemen
Anschließend kamen zunächst schriftlich vorbereitete Beiträge, die sehr faktenreich und authentisch zu verschiedenen Kernthemen sprachen und sich jeweils mit der konkreten Demagogie der AfD auseinandersetzten. So wurde der AfD das Recht abgesprochen, sich in die Tradition der Montagsdemos 1989 zu stellen. Die Montagsdemos kämpften für das Gegenteil von dem, wofür die AfD heute steht. Ein Beitrag eines iranischen Flüchtlings widerlegte die von der AfD getroffene Unterscheidung zwischen legaler und illegaler Migration. Hätte er im Iran einen Ausreiseantrag gestellt, wäre er verhaftet worden. Ein anderer Kollege setzte sich mit der Kriminalstatistik auseinander und widerlegte die Lüge der AfD, dass Migranten besonders straffällig seien.
Oleg, ukrainischer Flüchtling, bedankt sich für die Hilfe der MLPD
Am offenen Mikrofon meldete sich als erster Oleg, 85 Jahre alt, zu Wort, der aktuell zusammen mit etlichen anderen ukrainischen Familien im "Haus der Solidarität" lebt. Er bedankte sich stellvertretend für die zehn ukrainischen Flüchtlinge, die an der Veranstaltung teilnahmen bei der MLPD für die Hilfe, die sie seit über einem Jahr erhalten. Er sagte u.a.: "Die MLPD ist konsequent gegen den Krieg und für den Frieden. Ich habe jetzt drei Mal erlebt, dass in der Ukraine Faschisten an die Macht kamen. Das darf nie wieder passieren!"
Ein Kollege von der Linkspartei sagte, dass es schade ist, dass von der Linkspartei nicht weitere Kollegen anwesend waren und sagte, dass wir eigentlich wie ein Baum sind: "in der Krone gehen wir verschiedene Wege, aber an der Wurzel haben wir Gemeinsamkeiten und müssen zusammenarbeiten". Das griff Tassilo Timm direkt auf, begrüßte das Angebot und lud ein, sich im Internationalistischen Bündnis zusammenzuschließen. Er kritisierte den Sonneberger Linkspartei-Chef, der "im Namen der Demokratie" jetzt Flyer für den CDU-Kandidaten verteilt, statt mit der MLPD zusammen zu überlegen, wie die antifaschistische Aufklärungsarbeit gefördert werden kann.
Mit der CDU die AfD verhindern?
Mehrere Kollegen sprachen zur Rolle der AfD in den Betrieben. Eine Kollegin von Ver.di hob hervor, dass Ver.di in Thüringen mutig und richtig einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu Funktionären der AfD gefasst hat.
Ein Kollege vertrat am Mikrophon, dass der Kandidat der CDU sehr verbunden mit den Massen sei und man die AfD unbedingt verhindern müsse. Wir argumentierten, dass es in dieser Situation nicht richtig ist, die CDU zu wählen, da sie eine Vorreiterreiterin und Scharfmacherin der Rechtsentwicklung ist. Man muss ungültig wählen.
Alle Beiträge waren von hoher Sachkenntnis geprägt und brachten eine Vielzahl an Argumenten. Leider entfaltete sich kaum eine kontroverse Debatte. In den Gesprächen am Rande wurde da schon offener gesprochen. Einer sagte: "Der AfD-Kandidat hatte im ersten Wahlgang fast 50 Prozent. Das ist ein Ergebnis, was demokratisch zustande kam und nun hacken alle auf ihm rum."
Eine andere Frau, die von der Hetze gegen Flüchtlinge beeinflusst war, kam ins Nachdenken bei dem Argument, dass niemand seine Heimat freiwillig und leichtfertig verlässt und jeder auch meistens sein Leben lang an seiner Heimat hängt.
Ein Passant regte sich über die Medienberichte auf, die den Landkreis als rechts darstellen. Er selbst wurde in dieser Woche auch interviewt, hat gegen die AfD gesprochen und im Beitrag wurden dann aber nur Pro-AfD-Kommentare gebracht. So fördern die Medien die Rechtsentwicklung noch.
Einige Exemplare des Rote Fahne Magazins, Rebell-Durchblick-Broschüren und der beiden MLPD-Broschüren zur AfD wechselten den Besitzer.
Dass die AfD bundesweit aktuell so hohe Wahlergebnisse hat, kann keinen fortschrittlichen Menschen kalt lassen. Die heutige Veranstaltung war deshalb auch eine Pilotveranstaltung. Andere Ortsgruppen und Kreise der MLPD können das Material dazu und die vorbereiteten Redebeiträge gerne beim Zentralkomitee der MLPD anfordern.