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"Die Zustimmung zu Putins Krieg ist gesunken"

"Rote Fahne News" berichtete gestern über den faschistischen Putschversuch unter dem Kommando von Jewgeni Prigoschin. Bis zu 5000 Söldner des Wagner-Regiments waren weitgehend unbehelligt mit Panzern und Luftabwehrgerät in Richtung Moskau marschiert.

Von lg/Marxistisch-Leninistische Plattform Russland/ Russische Maoistische Partei
"Die Zustimmung zu Putins Krieg ist gesunken"
Genossinnen und Genossen der Russischen Maoistischen Partei (RMP) zeigen stolz die ICOR-Fahne - Repressionen und Verhaftungen zum Trotz (Foto aus dem letzten Jahr)

Am späten Abend kam es offenbar zu einer Vereinbarung des Putin-Regimes mit der Wagner-Truppe durch Vermittlung des faschistischen Lukaschenko-Regimes. Während Putin am Morgen noch hohe Strafen in Aussicht stellte angesichts einer "bewaffneten Meuterei" und des von ihm so bezeichneten "Dolchstoßes", verkündete Kreml-Sprecher Peskow nun, dass sowohl Prigoschin selbst als auch seine Söldner keine Strafe erhalten würden, aufgrund ihrer "Leistungen" im Ukrainekrieg. Noch in der Nacht zog sich Wagner aus Rostow zurück, Prigoschin erhält freies Geleit nach Belarus.

 

Die Hintergründe sind nur zum Teil bekannt. Bekannt wurde, dass der CIA schon vorher große Waffenansammlungen von Prigoschin in der Grenze zu Russland beobachtet hatte. Auch unterstützen einige russische Freiwilligenkorps, die im Sinne der NATO kämpfen, Prigoschin. Der Präsident der USA, Joe Biden, hielt am Samstag eine 45-minütige Telefonkonferenz mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich ab, aus der allerdings wenig nach außen drang. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die NATO diesen Putsch gar inszeniert habe. Eine Destabilisierung des Putin-Regimes als imperialistischer Rivale ist aber auf jeden Fall im Interesse der westlichen Imperialisten – selbst wenn sie durch einen faschistischen Putschversuch hervorgerufen wurde.

 

Offensichtlich wurde am gestrigen Samstag in jedem Fall, dass das neuimperialistische Russland weit labiler ist, als Putin und seine Verbündeten und revisionistischen Freunde es aussehen lassen wollen. Auch wenn dieser konkrete Putschversuch nun beendet ist, so sind die inneren Widersprüche auch innerhalb der herrschenden Klasse Russlands keineswegs beendet, sondern werden sich weiter verschärfen.

 

Viel bedeutender ist allerdings, dass sich der Widerspruch der Arbeiterklasse und der breiten Volksmassen Russlands gegen die russische Kriegsführung entwickelt. So berichten die Genossen der ICOR-Organisation Marxistisch-Leninistische Plattform Russland gestern an Rote Fahne News - in Übereinstimmung mit dem gestrigen "Rote Fahne News"-Artikel, der die sinkende Zustimmung zum Krieg unter den Massen als Hintergrund charakterisierte:

 

"Die Bevölkerung sieht die Wagner-Truppe und ihren Marsch auf Moskau nicht als ihre Sache an. Bisher ist sie ruhig. Die Zustimmung zu Putins Krieg ist sehr gesunken. Viele haben in ihren Familien oder unter ihren Bekannten Opfer, Tote oder Verwundete. Man sieht die verletzten Menschen, z.T. ohne Arme, mit einem Bein auf den Straßen. Die Wagner-Truppe - das sind Diebe, das sind korrupte, kriminelle Leute. Der Chef Prigoschin mag gegen Oligarchen sein. Aber er hat nichts vor, was sozial ist. Die Armee beteiligt sich nicht an seiner Aktion."

 

Dass die eigentliche Sorge Putins sich eben auf die Entfaltung des Klassenkampfs vonseiten der Arbeiterklasse bezieht, wird in seiner gestrigen Rede deutlich, wo er einen willkürlichen Bezug des Wagner-Putschversuchs zur Oktoberrevolution herstellte, wenn er sagte:

 

"Und so sind die Aktionen, die unsere Einheit spalten, im Grunde genommen ein Abfall von unserem Volk, von unseren Mitstreitern, die jetzt an der Front kämpfen. Es ist ein Dolchstoß in den Rücken unseres Landes und unseres Volkes. Dies ist genau der Schlag, der Russland 1917 zugefügt wurde, als das Land den Ersten Weltkrieg führte." Die Oktoberrevolution habe "zum größten Schock, zur Zerschlagung der Armee und zum Zusammenbruch des Staates, zum Verlust riesiger Gebiete" geführt.

 

Es ist natürlich eine Farce, dass es irgendeine Gemeinsamkeit zwischen einem faschistischen Putsch und einer von den Massen getragenen fortschrittlichen Revolution gäbe. Deutlich wird daran aber Putins antikommunistische Angst und Abneigung gegen die Folgen der Oktoberrevolution, die eben auch ein Sieg gegen den Chauvinismus und das zaristische Einheitsgeheul war. Seine Angst gilt der Entfaltung des Klassenkampfs, wenn er sich gegen Kräfte ausspricht, die "das Land spalten und auseinanderreißen" und er droht: "Wir werden nicht zulassen, dass sich dies wiederholt. Wir werden sowohl unser Volk als auch unsere Staatlichkeit vor allen Bedrohungen schützen. Auch gegen internen Verrat." Doch aus dieser Drohung spricht die strategische Schwäche Putins und seines neuimperialistischen Apparats, der auf tönernen Füßen steht.

 

Richtig rief die Russische Maoistische Partei, Mitglied der revolutionären Weltorganisation ICOR, gestern gegen den Putschversuch auf und warnte zugleich: "Es muss ziviler Widerstand geleistet werden. Es sollte daran erinnert werden, dass der Kampf nicht 'für die herrschende Klasse' oder 'für Putin und Schoigu' sein wird. Es wird ein Kampf gegen den eindringenden Faschismus sein, der das Land in ein militärisch-terroristisches Lager verwandeln und die Reste der demokratischen Rechte und Freiheiten zerstören wird, indem er den Kampf der arbeitenden Menschen vernichtet. Es wird ein Kampf sein, um die verbliebenen Privilegien des Volkes zu bewahren."

 

Unsere volle Solidarität gehört deshalb der fortschrittlichen, demokratischen, revolutionären und Arbeiterbewegung Russlands, die auf kurz oder lang den Sieg gegen alle reaktionären Teile der herrschenden Klasse erringen wird.

 

Aufgrund der vorläufigen Beruhigung der Lage wird es heute keine Erklärung des Zentralkomitee mehr geben.

 

 

 

 

 

 

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