IG-Metall-Aktionstag in Duisburg
Wie den Kampf um Arbeitsplätze und Umweltschutz führen?
12.000 Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter aus allen Standorten von thyssenkrupp Steel (tkSE) kamen zum Stahlaktionstag am 14. Juni in Duisburg. Allein von Rasselstein Andernach waren zehn Busse gekommen - genauso viel wie von HKM (Hüttenwerke Krupp-Mannesmann) Duisburg-Süd.
Es gab drei eindrucksvolle Demomärsche zum Kundgebungsplatz, unter anderem von den Azubis aus Duisburg. Auch aus anderen Stahlbetrieben unter anderem von ArcelorMittal, Salzgitter waren Delegationen da. Es gab breite Unterstützung aus der Nachbarschaft und von den Familien, genauso wie von der Montagsdemo Duisburg. Auch Parteifahnen der Linkspartei, der DKP und der MLPD waren zu sehen. Dass der Kampf um Arbeitsplätze und Umwelt zusammengehören, ist inzwischen im Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen verankert. Sie unterstützen auch die Forderung nach Umstellung der Rohstahlproduktion auf das Direktreduktionsverfahren (DRI).
Über den Weg dahin gibt es allerdings zwei gegensätzliche Richtungen
Angeblich geht es dem tkse-Vorstand um die Arbeitsplätze und um den Umweltschutz. Eine wundersame Wandlung vom Saulus zum Paulus? Warum sollte der Vorstand jetzt auf einmal ein Herz für den Umweltschutz und Arbeitsplätze haben. Hat er nicht jahrzehntelang den Umbau auf DRI abgelehnt und mit dem Ausstoß von CO2 erheblich zur begonnenen globalen Umweltkatastrophe beigetragen. Hat er nicht Zehntausende Arbeitsplätze in den letzten Jahren vernichtet? Für ihn gilt nur der Maximalprofit!
Sämtliche Redner der IG Metall oder Betriebsräte forderten - wie der Vorstand - staatliche Subventionen. So sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikol: „Unser Weg in eine grüne Zukunft ist gefährdet, ohne die Milliardenförderung des Bundes stünden Zehntausende Arbeitsplätze im Feuer.“ Es sind aber nicht fehlende Subventionen, sondern es ist der Zwang, Maximalprofite zu erzielen und diese zu steigern, der Arbeitsplätze vernichtet und die Umwelt zerstört. Seit wann ist es Aufgabe des Betriebsrates und der IG Metall, die Kohlen für den Vorstand aus dem Feuer zu holen? Kein Wunder, dass die Zeit „wohlwollend“ von ThyssenKrupp bezahlt wurden und Kollegen mit Minusstunden bedroht wurden, wenn sie nicht teilnehmen.
Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) persönlich erschien, zeigt den großen Druck, unter dem die Bundesregierung steht. Sein Herz sei angeblich auch aus „grünem“ Stahl und er stehe an der Seite der Stahlarbeiter, die ihn anfangs ausbuhten. Er gab bekannt, dass die Bundesregierung zu ihrer Zusage stehe, und dass er seit Anfang der Woche auch die Zusage der EU habe, den Bau der ersten DRI-Anlage von tkSE mit 2 Milliarden zu unterstützen. Es ginge lediglich noch um „Kleinigkeiten“, die in den nächsten Wochen geklärt würden.
Er begründete die Zusage für die Subventionen damit, dass die „Transformation“ zum „grünen Stahl“ von einem einzelnen Konzern nicht zu stemmen sei. Ein Eingeständnis der Tatsache, dass die Stahlkonzerne heute nur noch durch die Vergesellschaftung der Investitionen Maximalprofite erzielen und steigern können. Das treibt den Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und Investitionen und der privaten Aneignung durch die Kapitaleigner auf die Spitze. Dieser Widerspruch drängt nach einer Lösung durch die Beseitigung der privaten Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, durch die Diktatur des Proletariats nach einer sozialistischen Revolution.
Habeck begründete allerdings die staatlichen Subventionen auch politisch: Der Erhalt der Stahlindustrie in Deutschland sei für die „Robustheit und Souveränität“ der Wirtschaft und des Standortes Deutschlands notwendig. Mit „Robustheit und Souveränität“ meint er nichts anderes, als die machtpolitische Bedeutung des Zugriffs auf eine eigene Stahlproduktion für die Aufrüstung der Bundeswehr.
Auffällig bei allen Rednern der IG Metall war, dass sie sich ausschließlich auf die Bundesregierung bezogen. Ganz im Sinne der Klassenzusammenarbeit fiel kein Wort der Kritik am TK-Vorstand! Dabei gab Minister Habeck bekannt, dass es nicht am Willen der Regierung fehle, tkse zu subventionieren. Der Grund dafür liege darin, dass tk sich dazu äußern müsse, den Stahlbereich nicht an ausländische Konkurrenten zu verkaufen, und dass das Monopol die gesamte Rohstahlproduktion auf DRI umstellen muss. Die Redner verloren auch kein Wort über die mit der Einführung des DRI mögliche Arbeitsplatzvernichtung!
Ein Kontrastprogramm dazu bildeten die MLPD, die Kohlegenzeitung Stahlkocher und die Duisburger Montagsdemo!
Sie lehnten die staatlichen Subventionen ab, weil sie letztlich aus den Taschen der breiten Massen gezahlt werden müssen. Sie forderten den Bau von Direktreduktionsanlagen auf Kosten von thyssenkrupp, die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Einmalzahlung von 3000 Euro und einem monatlichen Lohnnachschlag von 500 Euro!
In vielen Diskussionen zeigte sich eine Unzufriedenheit mit der Regierung und auch eine Kritik am Kapitalismus. Die Drohung, den Standort ohne staatliche Investitionen zu schließen, verunsichert jedoch viele. Obwohl ihnen bewusst ist, dass sie letztlich zur Kassen gebeten werden, sehen sie noch keinen anderen Weg. Aber es bestand eine relativ große Offenheit dafür, sich über die Forderung nach einem gesellschaftsverändernden Kampf und mit dem echten Sozialismus auseinanderzusetzen. Vor allem die Gefahr eines Dritten Weltkriegs und die begonnene Umweltkatastrophe setzen den Kampf um den Sozialismus auf die Tagesordnung. Dem stimmten zwar Kollegen zu, aber es wirken auch noch viele - durch die bürgerliche und kleinbürgerliche Ideologie verbreitete - Vorbehalte. Tiefgehende Gespräche wurden beim Verkauf des aktuellen Buchs von Stefan Engel, „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“, geführt, vor allem anhand des Kapitels zur Umwelt.