Arbeiterproteste 17. Juni 1953
Geschichtsklitterung – oder lehrreiche Aufarbeitung für die Zukunft im echten Sozialismus
In bekannter antikommunistischer Manier schildert die "Berliner Zeitung" die Ereignisse der Arbeiterproteste vom 17. Juni in der DDR: "Seit Monaten lassen sich Werktätige zu Streiks hinreißen. Stalin ist tot, seine Politik Geschichte. Höchste Zeit, Ulbricht und Genossen auf eine neue Linie zu bringen." (Berliner Zeitung 13.06.2023)
Historisch gesichert und wahr ist, dass hunderttausende Arbeiter in der DDR zu Recht gegen die bürokratische Normenerhöhung der SED-Führung streikten und protestierten. Unwahr ist, dass zu diesem Zeitpunkt Stalins »Politik Geschichte« gewesen sei, auch wenn Stalin den Aufstand selbst nicht mehr miterleben konnte. Im Gegenteil: seit Monaten wurde vom ZK der Sowjetunion unter Führung Stalins die zunehmenden bürokratischen Tendenzen der SED-Führung analysiert. Schließlich war das Ergebnis eine tiefgehende Kritik an der zunehmenden administrativen Führung der SED. Dabei wurde aber nicht stehengeblieben, sondern zur »Gesundung der politischen Lage in der DDR« grundlegende, hilfreiche Vorschläge zu einer Wende in der DDR unterbreitet.(Siehe rf-news vom 18.6.2022) Diese Vorgänge beweisen schlagend die Verlogenheit der Hetze gegen den sogenannten ‚Stalinismus‘.
In dem benannten Artikel der Berliner Zeitung wird nahegelegt, als ob die Moskauer Führung sich gegen die Bevölkerung in der DDR gerichtet hätte. Aber genau das Gegenteil war der Fall: Aus Moskau wurde der vorzeitige Übergang zum Sozialismus kritisiert, weil die notwendigen Voraussetzungen noch nicht ausgereift waren. Außerdem die Forcierung des Aufbaus der Schwerindustrie auf Kosten der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung. Zu früh wurde auch die Kollektivierung der Landwirtschaft betrieben. Weiterhin die Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Kirche oder die administrativen Maßnahmen gegenüber Kleingewerbetreibende und vieles mehr. Solche Fehler konnten nur passieren, weil sich die SED-Führung zunehmend von der Bevölkerung abhob.
Wie es dazu kommen konnte? Tatsächlich war die Situation in der DDR hoch kompliziert: Die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg, hohe Reparationszahlungen, direkt im Anschluss an den Faschismus der Aufbau einer neuen antifaschistisch-demokratischen Ordnung mit dem Ziel des Sozialismus, die Spaltung Deutschlands durch die Westalliierten … Allerdings ist das keine Rechtfertigung für die schwerwiegenden Fehler der SED-Führung. Das Hauptproblem der DDR war von Anfang an, dass die Partei-Leitung den Massen mit großem Misstrauen begegnete. Sie vermuteten »hinter jedem einen Reaktionär und hinter jedem Widerspruch einen Faschisten« (Rede Stefan Engel zum Sozialismus, Landtagswahlen Thüringen 2019).
Und weiter führt Stefan Engel aus: "Auch innerhalb der Partei hatten nicht alle führenden Genossen ein sozialistisches Bewusstsein. Es gab auch Leute, die einfach deshalb in die Partei gingen, weil sie mit dem Parteibuch in der Tasche besser durchkamen. Die aus Moskau kritisierten Fehler mit der bürokratischen Denkweise der Funktionäre führten zu einer Konstellation, wo die administrativen Maßnahmen immer mehr Gewicht gewannen gegenüber der notwendigen und geduldigen Überzeugungsarbeit. Deshalb kam es am 17. Juni 1953 zu einer Situation, wo die SED nicht mehr bereit und in der Lage war, sich der berechtigten Massenkritik an den bürokratischen Verordnungen und Gängelungen der hunderttausende Arbeiter zu stellen. Was nämlich in der Berliner Zeitung verschwiegen wird, ist, dass erst durch das Eindringen der vom Westen organisierten Provokateure in die Bewegung, den von den Arbeitern gewählten Streik-Räten die Kontrolle entglitt. Erst dann »kam es zu Plünderungen, Brandstiftungen und sogar zu Fällen von Lynchmorden«. (DDR aktuell/1). Die Berliner Zeitung verschweigt auch, dass Panzer aus Bayern, Hessen und Berlin an den Grenzen zur DDR auffuhren.
Die SED-Führung hätte durch kritisch selbstkritische Auseinandersetzungen mit ihrer Bevölkerung noch im Vorfeld der Kulmination die Chance gehabt, das Ruder herumzureißen. Aber die mangelnde Selbstkritik ließ die kleinbürgerliche Denkweise vordringen.
Warum verschweigt die Berliner Zeitung auch die Errungenschaft der neuen volksdemokratischen Ordnung in der DDR, wie Enteignung der Großgrundbesitzer und Großbetriebe? Fakt ist, dass bei dem Aufstand »nirgendwo etwa die Forderung nach Rückgabe von Fabriken und Land an die Kapitalisten und Großgrundbesitzer aufgestellt« wurde. »Überall blieben Bilder von Karl Marx unangetastet« (DDR aktuell 1)
Willi Dickhut, Vordenker und Mitbegründer der MLPD, schrieb zur Frage, wie eine solche verhängnisvolle Entwicklung verhindert werden kann: »Es gibt ein Mittel zur Lösung des Problems der Bürokratie: indem die Massen zum Kampf gegen die Bürokratie mobilisiert werden. Das hat Lenin immer wieder gefordert, Stalin wiederholt, aber nicht verwirklicht und Mao Tsetung durch die große proletarische Kulturrevolution praktiziert. Mehrere Kulturrevolutionen werden notwendig sein, um endgültig durch eine ständige proletarische Erziehung über die kleinbürgerliche Denkweise in der Bürokratie zu siegen.
Es bleibt die Alternative:
- Sieg der kleinbürgerlich denkenden Bürokratie bedeutet Sieg der Konterrevolution!
- Sieg der proletarischen Kulturrevolution bedeutet Sieg des Sozialismus!«
Literatur zum Thema: Die Broschüren der MLPD
- DDR aktuell 1: Wie der Sozialismus verraten wurde. Von der antifaschistisch-demokratischen Ordnung zum bürokratischen Kapitalismus
- DDR aktuell 2: Wie der Sozialismus verraten wurde. Der reale bürokratische Kapitalismus in der Honecker-Ära