Lager Kara Tepe / Lesbos / Griechenland
Kein Essen mehr für Flüchtlinge – Organisationen intervenieren
Michalis Aivaliotis von der Selbstorganisation der Flüchtlinge „Stand by me Lesvos“ aus dem Lager Kara Tepe auf Lesbos / Griechenland berichtet über ein gemeinsames Treffen von dreizehn Organisationen zur derzeitigen Verteilung von Lebensmitteln an die Flüchtlinge des Lagers Kara Tepe.
Alle betonten die Notwendigkeit der Koordination und Zusammenarbeit, die nötig sind, um die Flüchtlinge bei der Verteilung von Nahrungsmitteln zu unterstützen. Die Anstrengungen müssen gebündelt werden und es muss effektiver mit der Notlage umgegangen werden, die entstanden ist, nachdem die Lagerleitung die Essensausgabe an Flüchtlinge, die einen Asylstatus erhalten haben oder der Asylantrag zum zweiten Mal abgelehnt wurde, eingestellt hat.
Folgende Informationen kamen zur Sprache:
- Es gibt eine massive Militärpräsenz an den Essensausgaben.
- Bei der Verteilung gehen die Lebensmittel aus und die Menschen in den hinteren Reihen bekommen nichts zu essen.
- Viele Menschen umgehen die Beschränkungen hier und da mit Tricks. So finden nichtberechtigte Menschen Wege, zum Beispiel durch Vorzeigen eines Fotos der Berechtigten-Karte usw.
- Unabhängig von den Konflikten, die in den Lebensmittelschlangen aufgetreten sind, haben die Bewohner im allgemeinen diszipliniert reagiert.
- Minderjährige erhalten weiterhin Lebensmittel.
- Es gibt kein System, das verhindert, dass Menschen, die Essen bekommen haben, keine weitere Portion bekommen. Es ist unwahrscheinlich, dass es eine Lösung im Lager geben kann.
- Die Essensausgabe beginnt um 12 Uhr und kann bis 15 Uhr dauern. Der Hauptgrund, warum es so lange dauert, ist der, dass man sich in die Essensschlange einreihen und sich ausweisen muss, um Essen zu erhalten. Früher holte eine Person aus einem Zelt das Essen für alle Personen, die in demselben Zelt schlafen.
- Am Sonntag ging die Polizei im Auftrag des Ministeriums zu den Containern der Flüchtlinge, die Asyl erhalten haben, und dort von Tür zu Tür. Sie forderte diese Flüchtlinge auf, in zehn Tagen zu gehen.
- Die Organisation Parea verteilt täglich gekochte Mahlzeiten an 250 bis 300 Personen. Sie könnte in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen gekochte Mahlzeiten für mehr Menschen – oder auch Trockennahrung anbieten.
- Die Organisation Siniparxi bietet montags bis mittwochs, in der Zeit von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr, ein Frühstück für ca. 60 Personen an.
Das Treffen hat sich auf folgende Schritte geeinigt:
- Einsicht in die Liste der Menschen, die kein Essen mehr bekommen. Diese Liste ist von entscheidender Bedeutung, damit sich unsere Unterstützung auf diese Leute konzentrieren kann.
- Siniparxi, als lokale Organisationen, könnte ein Treffen mit dem Lagerleiter arrangieren und Unterstützung im Rahmen ihrer Möglichkeiten anbieten.
- Schaffung eines Kommunikationskanals zwischen den beteiligten Organisationen.
- Erstellung eines gemeinsamen Google-Sheets, in das alle NGOs die notwendigen Informationen eintragen, dieses ausfüllen und als Mittel zur Koordinierung unserer Dienste nutzen können.
- Vorbereitung und Mitunterzeichnung eines Briefs, der an den Lagerleiter und die Task Force der EU-Kommission auf Lesbos gerichtet sein soll. Mit diesem Brief soll den Adressaten mitgeteilt werden, dass wir große Besorgnis wegen der Berichte über die Nichtversorgung anerkannter Flüchtlinge und abgelehnter Asylbewerber haben. Wir appellieren an sie und drängen auf ein schnelles Handeln, um sicherzustellen, dass alle Menschen im Lager Zugang zu einer angemessenen und ausreichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln haben. Dabei handelt es sich um ein Menschenrecht, das ihnen zusteht. Falls erforderlich, werden wir die Angelegenheit den zuständigen europäischen Gemeinschaften und institutionellen Gremien vorbringen.
Michalis betonte, dass insgesamt 500 Flüchtlinge betroffen sind, darunter an die 200 Kinder. Die Flüchtlinge, die ein Asylrecht haben, bleiben im Lager. Sie haben bereits ihre Erfahrungen damit gemacht, was es heißt, ohne Unterstützung draußen leben zu müssen. Sie landen unter den Brücken in Athen und Thessaloniki.