Spanien

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Offene Regierungskrise nach Debakel bei den Kommunal- und Regionalwahlen

Am 28. Mai fanden in Spanien Wahlen der Stadtparlamente und Bürgermeister bzw. Bürgermeisterinnen sowie Regionalwahlen in zwölf von 17 Autonomieregionen – vergleichbar mit Bundesländern – statt. Die ultrareaktionäre Partido Popular (PP) kam landesweit auf ca. 32 Prozent. Sie gewann über neun Prozentpunkte dazu - im Vergleich zu den Wahlen 2019. Sie lösen damit die sozialdemokratische PSOE als bisher stärkste Kraft auf Kommunalebene und in mehreren Autonomieregionen ab.

Von us

Die PSOE des spanischen Präsidenten Pedro Sánchez kam auf rund 28 Prozent und verlor etwas mehr als einen Prozentpunkt. Noch mehr verlor die linksreformistische Unidas Podemos, von vorher insgesamt 47 Abgeordneten in den zwölf Regionalparlamenten auf jetzt noch zwölf. In der Region Madrid und der Region Valencia flog sie aus den Parlamenten hinaus.

 

Der spanische Präsident Sánchez löste darauf hin das Parlament auf und zog die Wahlen zum nationalen Parlament von Dezember auf den 23. Juli 2023 vor. Das Wahlergebnis ist zum einen eine Klatsche für die Politik der beiden Regierungsparteien PSOE und Unidas Podemos.

 

Eine wichtige Rolle spielte dabei unter anderem, das "Ja-heißt-Ja"-Gesetz. Groß angekündigt als eine fortschrittliche Reform des Sexualstrafrechts wurde es vor einem Jahr eingeführt. Es nahm zwar mehr Formen der sexuellen Gewalt in die Liste der Straftaten auf, zugleich wurde das Mindeststrafmaß gesenkt. Das hatte dazu geführt, dass verurteilte Straftäter reihenweise früher aus den Gefängnissen kamen. Erst im April dieses Jahres gab es Korrekturen durch eine Gesetzesänderung mit den Stimmen von PSOE und PP. Die Abgeordneten der Unidas Podemos stimmten dagegen. Und bekamen dafür die Quittung! Die PP fuhr eine Kampagne dagegen, die sich aber auch im allgemeinen für Verschärfungen und Rechtsentwicklung aussprach.

 

Zu den hohen Verlusten von Unidas Podemos hat sicherlich auch beigetragen, dass sie heillos in verschiedene Lager zerstritten ist. In einer Reihe von Großstädten trat das viel ältere Wahlbündnis Izquierda Unida eigenständig an, das sich bei früheren Wahlen mit Podemos zu Unidas Podemos zusammengetan hatte – und gewann gegenüber Podemos deutlich. Die Podemos-Arbeitsministerin Yolanda Díaz bastelt an einem neuen Wahlbündnis mehrerer sich links verstehender Parteien.

 

Die Wahlen bringen zugleich eine ernstzunehmende Rechtsentwicklung zum Ausdruck. Es ist davon auszugehen, dass die PP in verschiedenen Regionalregierungen Koalitionen mit der faschistoiden Vox eingehen wird. Dieses Tabu wurde vor einem Jahr in der Region Kastilien-León gebrochen. Vox stellt dort den Vizepräsidenten. Zugleich werden die Stimmengewinne für das ultrareaktionäre und faschistoide Lager von den Medien aufgebauscht. Die faschistoide Vox verdoppelte ihren Stimmenanteil bei den Kommunalwahlen zwar auf ca. sieben Prozent. Erstmals werden in der katalanischen Hauptstadt Barcelona künftig zwei Vox-Abgeordnete im Stadtrat sitzen. Das Ergebnis liegt aber deutlich unter dem Ergebnis der letzten landesweiten Parlamentswahl im November 2019, bei der Vox 15 Prozent bekam. Die PP konnte viele Stimmen von der reaktionären Ciudadanos gewinnen – die mit der FDP vergleichbar ist, und die von 8,73 auf 1,35 Prozent abstürzte.

 

Zulegen konnte im Baskenland das Bündnis EH Bildu aus verschiedenen linken Kräften, die für die Unabhängigkeit des Baskenlandes eintreten.