„Pflegereform“
Nicht mehr, als ein Tropfen auf dem heißen Stein
Letzte Woche beschloss der Bundestag ein Gesetzespaket zur Entlastung der Pflege. Tatsächlich enthält es einige Entlastung für Familien und Pflegebedürftige, aber es bleibt ein Reförmchen, das an der Gesamtsituation wenig verbessert.
Wie immer packt eine „Reform“ der Bundesregierung das Übel nicht an der Wurzel. Das fängt bei der Finanzierung an. Der Pflegebeitrag wird um 0,35 Prozent des Bruttoeinkommens der Beschäftigten erhöht, jetzt, gestaffelt nach Familiensituation und Anzahl der Kinder, von 4,0 Prozent bis 2,4 Prozent bei fünf Kindern. Der Anteil der Kapitalisten beträgt generell 1,7 Prozent, ist also viel geringer. Warum können die Monopole die Sozialversicherungsbeiträge nicht vollständig übernehmen?
Der Pflegebeitrag dient der Erhaltung der Arbeitskraft und damit auch der Heranziehung einer jungen Generation von Arbeitskräften. Das ist eine Bedingung der gesellschaftlichen Produktion im Kapitalismus, die den privaten Familien auferlegt wird. Pflege ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit, die im Sozialismus von der Gesellschaft übernommen wird. Heutzutage müssen die Familien oft ihr ganzes Leben umstellen, ihren Beruf aufgeben, auf Urlaub verzichten, sich Tag und Nacht darum kümmern, kranke oder altersschwache Familienmitglieder zu versorgen. Die Erhöhung des häuslichen Pflegegeldes um 5 Prozent wird durch die Inflation längst aufgefressen. Familien tragen diese Lasten im Kapitalismus. Von fünf Millionen Pflegebedürftigen werden in Deutschland fast 80 Prozent zu Hause versorgt.
Der Staat spült sich durch die Reform zusätzlich 6,6 Milliarden Euro jährlich in die Kassen. Den Löwenanteil tragen die Arbeiter und Angestellte. Wird dieser Weg weiter beschritten, kommen noch ganz andere Lasten auf die Massen zu. In den Niederlanden zahlen die Menschen zum Beispiel 10 Prozent ihres Bruttoeinkommens ein.
Pflegebedürftigkeit stellt das größte Armutsrisiko für ältere Menschen in Deutschland dar. Pflegekosten explodieren seit dem letzten Jahr. Die meisten Pflegeeinrichtungen sind Teil national wie international agierender Pflege- und Krankenhauskonzerne, die im Kapitalismus natürlich nicht der Pflege und dem Wohlsein sowie der Gesundheit der Masse der Menschen dienen, wie es die Hochglanzwerbung verspricht, sondern die mit der Gesundheit und Pflege derselben Maximalprofite machen wollen. Diese desaströse Entwicklung ist Ergebnis der wachsenden Inflation, Senkung der Realeinkommen und Ergebnis der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus.
Markus Sutorius vom BIVA-Pflegeschutzbundes kritisiert auch, Pflegeeinrichtungen „dürfen diese Kosten an die Heimbewohner einfach weitergeben – und tun das auch. Wir reden hier von einem Eigenanteil, der sich im Durchschnitt auf 2400 Euro im Monat beläuft“, während die Pflegekasse nur den gesetzlich verankerten Zuschuss je nach Pflegegrad zahl und mehr eben nicht.
Wenn also Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) predigt: „In einer menschlichen Gesellschaft muss uns die Pflege Hochbetagter mehr wert sein“, hat er sein eigenes „Reformwerk“ wohl nicht im Blick gehabt… .