Leserbrief
Liebe, Brings und Friedrich Engels
Zum Artikel „Flagge zeigen! Ein Tag des Gedenkens und des Kampfes für eine befreite Gesellschaft!“, der am 30. Mai auf „Rote Fahne News“ erschienen ist, erreichte die Rote Fahne Redaktion die folgende Leserzuschrift:
...Vielen Dank für den aufschlussreichen Bericht zum 30. Jahrestag des faschistischen Mordanschlags in Solingen: „Flagge zeigen! Ein Tag des Gedenkens und des Kampfes für eine befreite Gesellschaft!“. Darin wird zu Recht auch das bei der Kundgebung des Bündnisses „Solingen '93“ vorgetragene Lied „Liebe gewinnt“ durch die beliebte Kölner Band Brings kritisiert.
Die Band hatte sich für ihr aufrechtes antifaschistisches Engagement und solidarisches Verhalten einen Namen gemacht. Allerdings ist dieses Lied „Liebe gewinnt“ in dieser Situation tatsächlich kritikwürdig, gerade angesichts des unüberbrückbaren Gegensatzes zum Faschismus und zur Kriegstreiberei der Regierung.
Es heißt darin u.a.:
„Wir werden frei sein
Wenn wir uns lieben
Es wird vorbei sein
Mit all den Kriegen
Wir sind Brüder
Wir sind Schwestern
Ganz egal wo wir sind
Glaub mir
Die Liebe gewinnt (…)“
Demgegenüber zeigte schon Friedrich Engels in einer Schrift / Polemik zu Ludwig Feuerbach klare Kante gegen die klassenversöhnlerische Phrase von „Liebe“:
„Aber die Liebe! - Ja, die Liebe ist überall und immer der Zaubergott, der bei Feuerbach über alle Schwierigkeiten hinweghelfen soll – und das in einer Gesellschaft, die in Klassen mit diametral entgegengesetzten Interessen gespalten ist. Damit ist denn der letzte Rest ihres revolutionären Charakters aus der Philosophie verschwunden, und es bleibt nur die alte Leier: Liebet euch untereinander, fallt euch in die Arme ohne Unterschied des Geschlechts und des Standes – allgemeiner Versöhnungsdusel! (…)
In Wirklichkeit hat jede Klasse, sogar jede Berufsart ihre eigene Moral und bricht diese auch, wo sie es ungestraft tun kann, und die Liebe, die alles einen soll, kommt zu Tag in Kriegen, Streitigkeiten, Prozessen, häuslichem Krakeel, Ehescheidung und möglichster Ausbeutung der einen durch die anderen“ (MEW Bd. 21, S.289).