Truckenthal/Thüringen
Rebellisches Musikfestival: Solidarische Atmosphäre, tolle Feierlaune und wachsende Klarheit über die gesellschaftliche Entwicklung
Ein Höhepunkt am zweiten Tag des Rebellischen Musikfestivals in Truckenthal (Thüringen) war der Block "Freundeskreis Flüchtlingssolidarität on Stage". Unter diesem Motto traten vor allem Künstlerinnen und Künstler mit afrikanischen Wurzeln auf.
Bildreport zum Rebellischen Musikfestival - erster Teil
Bildreport zum Rebellischen Musikfestival - zweiter Teil
Der Gruppe DNASN RAP folgten Levi Maeka, Leila Akinyi und Ja Salah & Mammades. Außerdem trugen mehrere Mitglieder der überparteilichen Selbstorganisation "Freundeskreis Flüchtlingssolidarität" gemeinsam Lieder vor. Levi Maeka leitete seine Songs mit den Worten ein: "Ich bin heute hier, weil ich ein Rebell bin. Ich bin gegen dieses System und hoffe, ihr seid alle aus dem gleichen Grund hier."
Der Bundessprecher des Freundeskreises, Alassa Mfouapon, der den Themenblock zusammen mit Klara Kossack moderierte, verurteilte die geplante erneute Verschärfung der Flüchtlingspolitik durch Bundesregierung und EU. Er bat alle zur Teilnahme an einer Schweigeminute für die auf ihrer Flucht getöteten Menschen.
Rhythmen forderten zum Tanzen heraus
Die tollen Rhythmen forderten zum Mittanzen vor der Waldbühne heraus. Hand in Hand feierte ein international bunt gemischtes Publikum. Und das bei wieder schönstem Wetter, das während des ganzen Tags anhielt.
Ein Höhepunkt am Vorabend war die Endausscheidung des Songcontest, den Ibrahim aus dem Sudan gewann - mit dem Rap über seine traumatischen Erlebnisse: ein großer Teil seiner Familie war im reaktionären Bürgerkrieg umgekommen.
"Globale Umweltkatastrophe ist eingetreten"
Zuvor sprach Stefan Engel, Schirmherr des Festivals und langjähriger Vorsitzender der MLPD zum Publikum: "Ich freue mich sehr, wieder auf dem Rebellischen Musikfestival zu sein. Mir fiel auf, dass sich die Qualität der Musik gegenüber den bisherigen verbessert hat. Das hat viel mit der Klarheit über die ganze Entwicklung zu tun. Die Imperialisten spielen im Ukrainekrieg mit dem Feuer. Jeder kann sich ausrechnen, dass - wenn alle weiter auf Verschärfung des Krieges setzen - am Ende ein atomarer Weltkrieg steht. ...
Inzwischen ist die globale Umweltkatastrophe eingetreten, die wir seit langem prognostizieren. Mehrere Entwicklungen wie das Ozonloch in der Atmosphäre sind irreversibel geworden. Ein Gipfel der Dreistigkeit ist es, wie jetzt die 'Letzte Generation' kriminalisiert wird. Wenn man das schon kriminalisiert, was die machen, könnt ihr euch vorstellen, was droht, wenn unsere Politik die Massen ergreift. ... Wir werden Verhältnisse erleben, da wird die ganze Menschheit auf der Flucht sein. Denn sie will leben. Und dazu hat sie auch das Recht - und dafür treten wir ein."
"Viele suchen nach Alternativen"
Nach der Endrunde des Songcontest trat der Liedermacher Heinz Ratz auf, der von Anfang an beim Rebellischen Musikfestival dabei war. Er bekannte: "Es gibt so viele, die nach neuen Alternativen zu dieser Gesellschaft suchen. Ich bin einer davon."
Zwischen den Bands Heinz Ratz mit Strom &Wasser, Anastasis und Umuda Haykiris trat die internationale Bergarbeiterkoordinierung mit Kumpel für AUF kulturvoll mit einem ganzen Block an jungen und älteren Unterstützern auf die Bühne. Sie überbrachten herzliche Grüße vom Hauptkoordinator der Bergarbeiterkoordinierung, Andreas Tadysiak. Sein Vorgänger Stefan Engel ergänzte: "Uns liegt das Überleben der Menschheit am Herzen, nicht die Profite der Monopole. ... Ihr seid alle herzlich eingeladen, an der großen Verbrüderung bei der Bergarbeiterkonferenz teilzunehmen und euch dort einzubringen." Sie sangen gemeinsam das Lied "Santa Barbara" über den Aufstand der asturischen Bergarbeiter 1934.
"Weltweit gegen alle imperialistischen Kriege"
Auch Umuda Hayriris waren seit dem ersten Rebellischen Musikfestival dabei. Sie riefen: "Wir sind keine Gäste, wir sind hier zu Hause." Gegen Raubkriege, Kapitalismus und Imperialismus setzten sie mit ihrem fulminanten Auftritt ein deutliches Zeichen: "Das Rebellische Musikfestival findet zum richtigen Zeitpunkt statt. Es muss weltweit gegen alle imperialistischen Kriege gehen." Sie heizten den Teilnehmern ein zu einem fast ekstatischen Halay.
YDG (Neue Demokratische Jugend) und REBELL trugen gemeinsam ihre Grußworte auf der Bühne vor. Der Vertreter von YDG betonte, dass das Wochenende mit viel Musik, Spaß und wertvollen Diskussionen alle gestärkt hat. Mit ihnen grüßte auch Erhan Aktürk der türkisch-kurdischen Migrantenorganisation ATIF das Publikum. Das war vor allem deshalb bewegend, weil er noch beim vorletzten Festival in Truckenthal als politischer Gefangener inhaftiert war - unter dem Vorwurf des Verstoßes gegen den Paragraf 129a/b, der das Eintreten für die Revolution zum Straftatbestand macht. Die Solidarität dagegen war ihm sicher.
"Es ist uns eine Ehre, hier zu sein"
Anna Schmit vom REBELL sprach auch ihm aus dem Herzen: "Wir werden noch härtere Zeiten vor uns haben. Die Jugend kämpft gegen Abschiebungen oder dagegen, dass die Arbeiterjugend in der Bundeswehr verheizt wird. Aber für diesen Kampf brauchen wir eine Perspektive und ein klares Bild vom Sozialismus. ... Auch das geht von diesem Festival aus!"
Nuju aus Italien traten mit großer Begeisterung auf: "Es ist uns eine Ehre, hier zu sein." Sie waren schon öfter beim Festival und sind in Italien unter anderem gegen die Mafia aktiv.
Auf der Gesprächsrunde mit Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, zum Thema "Kapitalismus zerstört die Menschheit - Perspektive echter Sozialismus - Was du dazu schon immer die Parteivorsitzende fragen wolltest" am Samstag mit 130 Besuchern zeigte sich das große Interesse an diesen Fragen.
"Alle Altersklassen feiern zusammen"
Heute Vormittag traten mehrere Künstlerinnen und Künstler im Themenblock "Hoch die internationale Solidarität" auf: Nicolas Miquea, Jim Corry gemeinsam mit John Reid sowie die Band Solace. Letztere fühlte sich herzlich empfangen und würdigte, wie gut alles organisiert ist: "Hier kann man neben der Party sich auch über Aktionen informieren und dazu vernetzen. Dass alle Altersklassen zusammen feiern, ist bei anderen Festivals nicht so. Hier gibt es eine wirklich große Diversität."
Liman, eine Jugendliche aus Tunesien, und Suwas aus Nepal begrüßten und beglückwünschten das Festival: Sie freuten sich, mit dem Jugendverband REBELL nicht nur gemeinsam kämpfen, sondern auch feiern zu können - wie sie das in ihren Heimatländern auch machen. Beide riefen auf, bei der "International Youth against Imperialism and Capitalism" mitzuarbeiten, die sich gerade gründet. Luisa vom REBELL ergänzte: "Unser erstes Projekt läuft schon: Macht mit bei der Jugendbrigade, die die Internationale Bergarbeiterkonferenz unterstützt! Wir werden auch den darauffolgenden erstem Weltkongress der United Front kräftig fördern, uns dabei auch international austauschen und verbrüdern und verschwestern. Hoch die internationale Solidarität!"
Leckere Essensstände, super Stimmung
Um 11 Uhr gab es auf der Wiesenbühne ein Kindermitmachkonzert. Es startete mit einem Umzug durch des Festivalgelände, bei dem die überall verstreuten Kinder "aufgesammelt" und zum Mitmachen mobilisiert wurden. Auf der Bühne probten die Kinder dann unter Begleitung der Band "Nümmes" mehrere Songs samit Choreografie ein - eine Strophe nach der anderen - und trugen sie dann dem begeisterten Publikum vor (mehr dazu).
Überall luden leckere Essensstände die Leute zum Verweilen und Schlemmen ein. Da gab es Döner, Hähnchen, Falafel, schwäbische Maultaschen, ein afrikanisches Reisgericht, Pommes oder auch die traditionellen Thüringer Bratwürste.
Lucy, 10 Jahre, und Maja, 11 Jahre: "Die Stimmung auf dem Festival ist super. Wir lernen viele Leute kennen. Es gibt so viele Bands. Die machen eine tolle Musik. Nur schade, dass wir nicht Fußball spielen können. Aber das holen wir auf dem Sommercamp des REBELL nach. Wir freuen uns schon darauf."
"Wir sind beim nächsten Mal wieder dabei"
Durchweg alle Bands aus dem Backstage-Bereich lobten, es gebe einen himmelschreienden Unterschied zu anderen Festivals. Viele würdigen, dass man sich um die Bands so gut kümmert, dass eine fröhliche gelöste und angenehme Stimmung auf dem Festival herrscht. Und dass es hier eine rote Linie gegenüber der AfD, aber auch gegenüber den Faschisten in Thüringen gibt. Eine Helferin fand es sehr wichtig, für die Umwelt und für die Revolution zu singen. Einige Bands meldeten sich schon für das nächste Festival an.
Heute Abend geht das Musikfestival mit dem Block "Revolution on Stage" zu Ende. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden sich auf der Kundgebung zum 30. Jahrestag in Solingen am Pfingstmontag wiedertreffen (mehr dazu hier).