Nakba-Tag
Bundestag würdigt 75 Jahre Israel – kein Wort zur Unterdrückung der Palästinenser
Bundesweit durch alle Medien gehen aktuell die Berichte über den 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Auch der Bundestag debattierte in großer Einigkeit über die Würdigung Israels als angeblich lebenslange Selbstverpflichtung. Einig waren sie sich dabei auch in der Abgrenzung von jedem Hauch der Kritik an Israels Regierungspolitik als "antisemitisch".
CDU-Chef Friedrich Merz sagte: „Das Ringen in Israel um die eigene Identität, um die staatlichen Institutionen, das ist keine Schwäche des Systems, sondern Ausdruck der Stärke der israelischen Demokratie“.1 Kein Problem hat Merz damit, dass die angebliche „Stärke der isrealischen Demokratie“ auf 75 Jahre Unterdrückung und Vertreibung des palästinensischen Volkes baut. Eine wirkliche Selbstverpflichtung gegenüber den Millionen jüdischen und gewerkschaftlichen, kommunistischen Opfern des Hitler-Faschismus kann nur darin bestehen, jegliche Keimform des Faschismus - egal in welchem Land - zu bekämpfen, was letztendlich bedeutet, den Kapitalismus abzuschaffen. Wenn wundert es, dass daran Monopolpolitiker wie Merz keinerlei Interesse haben.
Dabei vermehren sich auch unter der isrealischen Bevölkerung kritische Stimmen gegenüber der Regierungspolitik Netanjahus. So fordert der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und israelische Pädagoge Meron Mendel gestern im Bundestag: „Weil wir aus der Vergangenheit gelernt haben …, sind wir auch in der Lage, die aktuelle Lage und alle politischen Zustände in Israel zu kritisieren. Und das wäre ein wahres Zeichen der Freundschaft.“2 Auch wächst in Israel unter einem Teil der Bevölkerung die Meinung, dass die Gewalt nur durch Kompromisse beider Seiten ein Ende nehmen wird.
In dem Sinn sind die seit mehreren Monaten anhaltenden Proteste gegen die reaktionär-faschistische Netanjahu-Regierung und die von ihr geplante Justizreform von größter Bedeutung. Nicht zuletzt offenbart die massive Ausweitung der Angriffe auf die palästinensische Bevölkerung der letzten Tage als Zugeständnis an Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir den menschenverachtenden Charakter dieser Regierung.
Während die Staatsgründung Israels noch unter den Vorzeichen stand, zehntausenden von der Verfolgung und Ermordung betroffenen jüdischen Menschen eine neue Heimat zu bieten, ist es heute selbst zu einem imperialistischen Land geworden. Israel verfügt über eine starke Industrie unter anderem mit Raffinerien und einen der größten Militärapparate der Welt. Unter anderem in Konkurrenz zum ebenfalls neuimperialistischen Iran strebt Israel nach einer Vormachtstellung im Nahen Osten.
Völlig berechtigt leistet das palästinensische Volk seit Jahrzehnten erbitterten Widerstand gegen seine Unterdrückung und Vertreibung, gegen zehntausendfache Enteignung, die Ermordung von Familienangehörigen und die Verwandlung von Gaza in das größte Freiluftgefängnis der Welt. Insofern ist der Tag der „Nakba“3 anlässlich der Vertreibung von mehr als 700.000 Palästinensern aus ihrer Heimat immer auch ein Tag der weltweiten Solidarität und des Kampfs gegen den Antisemitismus.
Die Verschärfung der Angriffe Israels seit dem Antritt der Netanjahu-Regierung im November 2022 hat auch die Diskussion um die Perspektive des palästinensischen Befreiungskampf unter vielen linken und fortschrittlichen Kräften sowie innerhalb der palästinensischen Bewegung belebt. Die MLPD steht uneingeschränkt an der Seite des palästinensischen Befreiungskampf. Sie kritisiert solidarisch, wenn von linken Organisationen wie der Kommunistischen Organisation ebenso wie von Teilen der palästinensischen Bewegung die berechtigte Kritik an der Politik Israels mit der Infragestellung seines Existenzrechts sowie mit einer Skepsis gegenüber der israelischen Arbeiterklasse als Bündnispartner einhergeht.
Onlinezeitung der revolutionären Weltorganisation ICOR zu dem Thema