Breitere, zum Teil neue Bündnisse
Ostermärsche: Bemerkenswerter Klärungsprozess
Die Ostermärsche 2023 haben in etwa 125 Städten Deutschlands etwas mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehabt als im vergangenen Jahr. Die heutige Bilanz ist noch vorläufig, weil wichtige Märsche wie in Hamburg, Frankfurt, Nürnberg, Mannheim oder auch der Abschluss des Ostermarschs Rhein-Ruhr in Dortmund erst am heutigen Montag stattfinden.
Auffallend ist, dass sich in den meisten Bündnissen mittlerweise durchgesetzt hat, dass sich der Friedenskampf gegen beide imperialistischen Blöcke richten muss, die um die Ukraine Krieg führen. So wendet sich auch der überarbeitete Aufruf zum Ostermarsch Rhein-Ruhr, den die MLPD kritisch unterstützte, gegen den Überfall des neuimperialistischen Russland und gegen den weltweiten Hauptkriegstreiber US-Imperialismus / NATO. Dass sich dieser Standpunkt in vielen Ostermarsch-Bündnissen durchsetzt, bedeutet natürlich nicht, dass jeder einzelne Redner ihn auf den Kundgebungen vertritt, aber die Entwicklungsrichtung ist sehr wichtig.
Damit hängt auch zusammen, dass es an mehr Orten zu einer gleichberechtigten Zusammenarbeit kommt. Besonders, wo die MLPD eine aktive Bündnisarbeit macht. Die konsequenten Vertreter eines klaren antiimperialistischen Standpunkts gegen alle Imperialisten, die MLPD, das Internationalistische Bündnis und die neue Friedensbewegung, fanden dort in der Vorbereitung und bei den Ostermarschaktivitäten selbst großes Gehör für ihre Argumente. Versuche, den revolutionären Pol aus der Friedensbewegung ausschließen zu wollen, wurden kaum mehr unternommen oder hatten keinen Erfolg. "Ausreißer" in dieser Hinsicht gab es u.a. in Berlin und Duisburg. Die klarere Kante gegen alle Kriegtreiber war auch mit klarer Kante gegen rechts, gegen Querdenker und AfD, verbunden. Das war bei vielen mittlerweile selbstverständlich oder wurde im Vorfeld erkämpft. Die MLPD legte dabei Wert darauf, den Hauptstoß gegen die Bundesregeirung zu richten. .
Die Stoßrichtung gegen beide imperialistischen Blöcke hatte u.a. die bisher größte Kundgebung in Bremen mit über 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. DGB, SPD und Linkspartei hatten im Gegensatz zum Vorjahr ausdrücklich nicht aufgerufen. Viele Anhänger der Linkspartei waren erst recht gekommen. Wie in den meisten Städten gab es eine klare Abgrenzung nach rechts, was auch angesichts der penetranten Querfront-Bemühungen von Faschisten dringend nötig ist.
In Berlin haben knapp 2000 Menschen an einem Ostermarsch teilgenommen, der sich zwar von offenen Faschisten distanzierte, aber zugleich die Querdenker-Partei „Basis“ zugelassen hat. Deshalb beteiligte sich hier die MLPD nicht an dem Ostermarsch, sondern machte eine erfolgreiche kleine eigenständige Aktion. Sie betonte, dass der Kampf gegen den Krieg und gegen Facschismus aufs Engste zusammenhängen. In Duisburg hatten sich die Veranstalter des Ostermarsches auf die Seite Russlands geschlagen und den Überfall auf die Ukraine als „Verteidigung der Sicherheitskompetenz Russlands gerechtfertigt. Der MLPD verweigerten sie Rederecht. Mit etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war der Zuspruch hier auch sehr gering.
Das Ostermarschbündnis in Chemnitz raufte sich erfolgreich zusammen und verabschiedete eine Entschließung, die die Zusammenarbeit mit rechten und faschistoiden Kräften ausschloss. Die Ostermarschierer luden einen Redner der neuen Friedensbewegung ein, der viel Beifall bekam. Die etwa 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren dankbar für klare Worte gegen alle Imperialisten und für die revolutionäre Überwindung des Imperialismus.
In Rostock und Lübeck gab es breite Bündnisse, jeweils mit Rednern auch von der MLPD. In München fand neben dem Ostermarsch noch eine Querdenker-Kundgebung statt, bei der auch Jürgen Todenhöfer sprach. Gespalten über die Haltung zu Waffenlieferungen an die Ukraine waren die Aktionen in Potsdam oder Brandenburg an der Havel, wo jeweils Anhänger der Linkspartei bei beiden Aktionen teilnahmen.
In Düsseldorf hatte sich der DGB aus dem Ostermarsch verabschiedet, trotzdem kamen etwa 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus einem breiten Spektrum. Auch Vertreter der kämpfenden Belegschaft von Borbet in Solingen waren gekommen. In Freiburg dagegen war der DGB Teil des Bündnisses, das gegen Waffenlieferungen an die Ukraine demonstrierte. In Hannover gab es mit etwa 1200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen deutlichen Zuwachs, wo Margot Käßmann sich klar gegen Waffenlieferungen an die Ukraine positionierte.
In einigen Städten fanden erstmals Ostermärsche statt, so z.B. in Passau. Ein Bündnis hatte sich zusammengeschlossen, in dem auch Politiker der Grünen mitwirkten. Dagegen stänkerten andere Grüne in einem Offenen Brief, der Ostermarsch verkehre Opfer in Täter, weil er auch die Ukraine und die NATO ins Visier nahm. Unterzeichnet haben ihn unter anderem die Jusos, die FDP sowie ein Grünen-Landtagsabgeordneter - und damit offene Verteidiger der Bundesregierung.
Auf diesen neuen Ostermärschen und auch anderswo ging z.T. ein anderer Teilnehmerkreis als früher auf die Straße. Die Karten werden augenscheinlich neu gemischt. So hat sich in Varel gegen einen scheinheiligen „Friedensmarsch“ von SPD- und Grünen-Anhängern ein neues Bündnis gebildet aus einem Pfarrer und dem DGB-Kreisvorstand, das sich sowohl gegen den russischen Angriff als auch gegen die USA, NATO und ukrainische Regierung stellt. Es formieren sich zum Teil neue Bündnisse von Religion bis Revolution.
Es ist durchaus angebracht, wenn die Tagesschau am 8. April von einem „Comeback der Friedenskundgebungen“ spricht. Das ist allerdings keine einfache Rückkehr der alten Friedensbewegung, sondern ein komplizierter, widersprüchlicher Klärungsprozess, in dem sich eine neue Friedensbewegung herausbildet, deren klare Orientierung zunehmend geschätzt wird. Aus vielen Städten wie Kassel, Rostock oder Köln wird berichtet, dass sich viele Menschen neu als Unterstützerinnen und Unterstützer für die „Neue Friedensbewegung gegen Faschismus und Krieg“ eintragen und dass die MLPD-Broschüre "Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems" und Bücher aus der Reihe Revolutionärer Weg gut verkauft wurden
Zugleich muss gesehen werden, dass die Ostermärsche noch keinen qualitativen Sprung in der Beteiligung erreichen konnten. Das ist maßgeblich auf Kräfte aus der alten Friedensbewegung zurückzuführen, die mit ihrer Haltung zur Unterstützung der Bundesregierung oder Russlands für viel Verwirrung unter den Massen gesorgt haben. Die Ostermärsche zeigen, dass ein Anfang gemacht ist, damit besser fertig zu werden.
Dieser Artikel steht Leserinnen und Lesern von Rote Fahne News kostenfrei zur Verfügung. Die Erstellung von Rote Fahne News ist jedoch nicht kostenlos. Hier erfahren Sie / erfahrt ihr, wie man bequem für Rote Fahne News spenden kann!