Globale Umweltkatastrophe
Bedrohte Grundwasservorräte – alarmierendes Zeichen
Solche Nachrichten schrecken auf: Frankreich, ein Land vieler Flüsse, steckt in einer großen Dürre. Im ausgehenden Winter und beginnenden Frühjahr hat es einen Monat lang im ganzen Land nicht mehr geregnet. Dabei sollte der Winter die niederschlagsreichste Zeit sein. (1)
Frankreichs Umweltminister Christophe Bechu spricht vom „trockensten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959: 'Kein einziges Departement befindet sich im gewöhnlichen Normbereich.' In der Region Auvergne-Rhône-Alpes und in der Mittelmeerregion, wo Flüsse und Seen schon jetzt kaum noch Wasser haben, sind die Böden so trocken wie sonst Ende Mai.“ (ebd.) Auch in Norditalien, in der Region am Gardasee und in der Po-Ebene, war das Wasservolumen noch nie so niedrig. Die landwirtschaftliche Versorgung ist gefährdet. (2) Es gab kaum Regen, der Schnee blieb aus. Die Grundwasservorräte können sich nicht erneuern. Der fehlende Schnee verstärkt den Trend der schwindenden Alpengletscher, aus denen viele Flüsse Europas gespeist werden. Die Menschen sehen mit Bangen einem möglichen weiteren Dürresommer 2023 entgegen.
Helfen die Regenmengen der letzten Zeit?
Im März hat es in Nordrhein-Westfalen viel geregnet. Weitere Regenfronten sind im Anmarsch. Doch die Dürre steckt nicht nur an der Oberfläche. Klimaforscher Andreas Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, erläutert: „Man darf nicht nur die Oberfläche anschauen, es geht um den Gesamtboden bis in zwei Metern Tiefe. Wir haben zwar den Eindruck, die Dürre sei vorbei. Im Winter sättigt sich die oberste Bodenschicht bis in 50 Zentimetern Tiefe, weil es mehr regnet, die Vegetation kaum Wasser aufnimmt und auch kaum Wasser verdunstet. Doch in vielen Regionen Deutschlands – vor allem in einem breiten Streifen von Nordrhein-Westfalen bis Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg – herrscht in den tieferen Bodenschichten immer noch eine extreme oder außergewöhnliche Dürre; es ist dort viel weniger Wasser vorhanden als üblich. Die Niederschläge haben die Ebenen von einem Meter und tiefer noch gar nicht erreicht.“ (3) Das wird zum Problem für tiefwurzelnde Pflanzen wie Bäume und für das Grundwasser, da die Niederschläge noch gar nicht bis dahin gelangt sind.
Wassermangel und Wasserräuber
Die Aufheizung der Erdatmosphäre durch Treibhausgase aus Industrie, Verkehr und natürlichen Quellen führt zu dieser Wasserknappheit. In den vier besonders trockenen Jahren 2018 bis 2022 gab es „ein Absinken der Grundwasserstände an fast allen Messstellen Nordrhein-Westfalens“, teilte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hin mit. (4) 71 Prozent der Messstellen weisen niedrigere Grundwasserstände auf als langjährig beobachtet. „Zugleich geht die Neubildung von Grundwasser seit Jahrzehnten zurück. Für alle größeren Gebietseinheiten in NRW sei von 1991 bis 2020 „ein signifikant monoton abnehmender Trend nachgewiesen“, berichtete das Landesumweltamt.“ (ebd.) Doch sind weitere Faktoren im Spiel. Das Recherchenetzwerk „Correctiv hat für 50 Messstellen die Landkreise und Landesumweltämter befragt, was die Gründe für die gesunkenen Wasserstände sind. In etwa der Hälfte der Fälle führen die Behörden das auf den Bergbau zurück. In sechs Fällen sollen Tagebaue besonders extreme Rückgänge verursacht haben. So pumpt der Essener Energiekonzern RWE für die Trockenlegung seiner Tagebaue rund 500 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Boden. Wird ein Tagebau geschlossen, steigt das Wasser nach und nach wieder an - allerdings bei weitem nicht auf den ursprünglichen Stand.(5) Der multinationale Energieriese RWE ist nicht nur einer von Europas größten Emittenten von Treibhausgasen, er gräbt Mensch und Natur auch buchstäblich das Wasser ab! Und entwickelt dabei noch den größenwahnsinnigen Plan, seine Tagebaulöcher nach Beendigung des Braunkohleabbaus mit Rheinwasser zu füllen – einem Fluß, dessen Pegelstände im Sommer eh schon bedenklich sinken. Aber nicht allein RWE lässt uns auf dem Trockenen sitzen: „Auch der Currenta-Chempark in Leverkusen entnimmt viel Grundwasser - und zwar mehr als verträglich (...). Die Rheinaue im Kölner Stadtteil Flittard sei deshalb ausgetrocknet.“ (ebd.) Currenta streitet das ab, aber darin hat der Konzern ja Übung, wie zuletzt die Giftmüllexplosion und -freisetzung im Sommer 2021 gezeigt hat.
Aktiver Widerstand gegen die Hauptverantwortlichen
Die Ursachen für den Schwund an Grundwasser sind noch vielfältiger: Bodenversiegelung, Wasserverluste durch exzessive Flächenentwässerung, Verdichtung der Böden aufgrund fehlender Bodenorganismen… Die Umweltbewegung muss ihren Blick weg von der einseitigen Fokussierung auf die Klimafrage hin auf die Gesamtdimension dieser Entwicklung richten. Und in ihren Kämpfen, gemeinsam mit der Arbeiterbewegung, da ansetzen, wo alle Spuren zusammen laufen: beim alleinherrschenden internationalen Finanzkapital. Notwendig ist der Kampf um Sofortmaßnahmen zum Schutz und Regeneration der Trinkwasservorräte und Grundwasserspeicher auf Kosten der großindustriellen Wasserdiebe und -verschmutzer als Schule eines gesellschaftsverändernden Umweltkampfes.
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