Deutsche Bahn

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Ein planmäßiges Infrastruktur-Desaster

Vor Jahrzehnten hatte der ehemalige Staatsbetrieb einen guten Ruf: Sicher, pünktlich – verlässlich. Davon ist nichts mehr übrig. Die heutige AG – deren Aktien alleine das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hält – überrascht nicht nur Pendler und Reisende jeden Tag mit neuen, oft spannenden Routen. Selbst Teile der Industrie erleben mit der Bahn fahrplanmäßig Überraschungen.

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Ein planmäßiges Infrastruktur-Desaster
Der Schienenverkehr bleibt auch im Kapitalismus unersetzlich für weite Teile der industriellen Produktion - aber die DB liefert nicht mehr. (Bild: Markus Spiske)

Das Schienennetz der DB sei „unterfinanziert und überaltert“, fasste ein DB-Sprecher kürzlich die Lage zusammen. Kurzum, es ist in einem desaströsen Zustand und steht insofern der Geschäftsführung der Deutschen Bahn AG offenbar in nichts nach. Wer war denn für die Instandhaltung und Finanzierung des Schienennetzes verantwortlich, wenn nicht die Geschäftsführung der Deutschen Bahn?

 

Hinter dieser Geschäftsführung steht natürlich der Hauptaktionär - die deutsche Bundesregierung in Vertretung ihres zuständigen Ministeriums BMDV. Zwar sagt die Bundesregierung, sie wolle bis 2030 den Anteil der Schiene am Transport von aktuell 19 auf 25 Prozent steigern. Aber die Realität sagt etwas Anderes: Seit 2017 ist dieser Anteil nämlich rückläufig.

 

Das ist nicht etwa Ergebnis einer Fehlplanung oder widriger Umstände. Die Regierung fördert im Interesse der Mehrheit der Monopole die Straße als Transportweg, über den Waren zwar weit weniger umweltfreundlich und mit (planwirtschaftlich betrachtet) unnötigem Aufwand, aber dafür "on demand", in kleinen Stückelungen und nur dann, wenn man sie gerade will, geliefert werden können - das spart Lagerkosten und bedeutet "Flexibilität". Im "Bundesverkehrswegeplan 2030" des DB-Aktienverwalters BMDV, der ja angeblich die Weiche für die Schiene stellen soll, sind deutlich größere Investitionen für das Straßennetz vorgesehen, nämlich 132,8 Milliarden Euro - anders gesagt 49 Prozent des Gesamtbudgets.

 

Die Auswirkungen dieser Prioritäten spüren Kunden der Deutschen Bahn, und zwar alle, auf die eine oder andere Art. Vor dem, was Pendler als Abenteuer auf dem Weg zur Arbeit allmorgendlich erleben, sind nicht einmal mehr Konzerne ganz sicher. Während der Arbeiter sich fragt, ob und wenn wo genau er diesen Morgen auf dem Weg zur Arbeit den Zug verlassen können wird, treibt diese Konzerne die Frage um: Bekommen wir unsere Rohstoffe? Es scheint fast, als mache die Bahn bei ihren verbliebenen Kunden teils keinen Unterschied mehr zwischen den Klassen – außer natürlich der 1. und der 2. in ihren Reisezügen.

 

Für etliche Betriebe ist die Schiene als Transportweg nicht nur bisher nicht ersetzt worden, sondern quasi unersetzbar. Große Fabriken sind für ihre Produktion auf eine laufende Versorgung angewiesen, in manchem Fall fährt ein ganzer Güterzug am Tag für nur eine Fabrik. Das kann keine LKW-Anbindung zu vertretbaren Kosten leisten – selbst, wenn der Umweltschutz für die Industrie keine besondere Rolle spielt. Stunden oder ganze Tage kommen die Lieferungen zu spät, wenn sie denn kommen. Wenn dann die Bahn mit der Selbstsicherheit der römischen Schicksalsgöttin Fortuna kurzfristig eine vollständige Streckensperrung ankündigt, ist das für eine solche Fabrik eine Katastrophe und führt notwendigerweise zum völligen Ausfall der Produktion.

 

Harsch dementsprechend die Kritik der von der Schienenanbindung vor allen abhängigen chemischen Industrie. Deren Interessenverband (Verband der Chemischen Industrie, VCI) sieht eine „massive Gefahr, dass insbesondere die Schiene als zuverlässiger, planbarer und nachhaltiger Verkehrsträger fast vollständig auszufallen droht und schon zeitweise real ausfällt.“, so heißt es in einem Brief an den Grünen Umwelt- und Verkehrsminister von NRW, Oliver Krischer, aus dem Januar.

 

So wird der Trend von der Schiene auf die Straße weiter befördert. nebenbei bemerkt, auch ein Arbeiter kann es sich nicht leisten, regelmäßig zu spät zur Schicht (oder pünktlich, aber dafür in der falschen Stadt) anzukommen.

 

Diese Entwicklung offenbart, wie ernst man die Erklärungen der Bundesregierung zum Klimaschutz nehmen darf; nämlich gar nicht.