Beispiel MDR

Beispiel MDR

Bürgerliche Medien nehmen Mythos von der Lohn-Preis-Spirale unter die Lupe

Tarifkämpfe von Arbeitern und Angestellten werden regelmäßig von der Lohn-Preis-Spiralen-Debatte begleitet.

Von gis

Dieses Jahr ist etwas anders geworden. Unter dem Eindruck offensiv geführter Lohnkämpfe und guter Argumente von Gewerkschaftern und MLPD werden einige Journalisten nachdenklich. Ist es womöglich gar nicht wahr, dass Lohnforderungen der Arbeiter die Preise steigen lassen? Sind in Wirklichkeit nicht andere Faktoren die Auslöser der hohen Inflation? Dies fragen etliche Artikel in überregionalen Zeitungen und z.B. beim Mitteldeutschen Rundfunk.

 

Der MDR-Hauptstadt-Korrespondent überlegt gleich eingangs, warum das Horrorszenario immer von denen ausgeht, denen steigende Energie- und Lebensmittelpreise am wenigsten ausmachen. Und warum sie immer dann vermehrt auftreten, wenn Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter streiken und demonstrieren.

 

"In den letzten drei Jahren haben viele Unternehmen Rekordgewinne eingefahren", schreibt der Korrespondent. "Hier geht es nicht nur um Internet-Giganten wie Amazon, Google und Apple, sondern auch um Siemens, VW, Bosch und Mercedes. Dem gegenüber steht in den letzten drei Jahren ein durchschnittlicher Reallohn-Verlust der Beschäftigten von vier Prozent." Wenn der Mythos von der Lohn-Preis-Spirale stimmen würde, hätten ja die Preise jahrelang sinken müssen. Taten sie aber nicht.

 

Er nimmt zwar den Begriff von der spekulationsgetriebenen Inflation nicht in den Mund, ist aber kritisch gegen die Maximalprofite: "Viele große Unternehmen sehen in der Krise ihre Chance und satteln auf die inflationsbedingten Preissteigerungen noch ein paar Gewinnmargen oben drauf. Die Folge: Reiche werden reicher, Arme werden ärmer. ... Wenn Energieunternehmen, wie im vergangenen Jahr passiert, ihre Mehrkosten an die Kunden weiterreichen, dadurch die Preise steigen und die Unternehmen dabei weiter Gewinne machen, lässt sich wohl eher von einer Gewinn-Preis-Spirale sprechen."

 

Er kann sich vorstellen, dass "die Politik" Monopole und Konzerne an die Kandare nimmt: "Wer sagt eigentlich, dass die Politik große Unternehmen mit Wohlfühl-Subventions-Paketen umgarnen muss, ohne von ihnen Tariflöhne für die Beschäftigten einzufordern?" Der Staat als Dienstleister der Monopole wird keine Umverteilung von oben nach unten vornehmen, da sind ihm die Hände gebunden. Aber die um Lohnerhöhungen und gegen Arbeitsplatzvernichtung kämpfenden Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und im Öffentlichen Dienst freuen sich über kritische Überlegungen und Solidarität von Medienschaffenden.