Umweltforschung
Synthesebericht des Weltklimarats verharmlost globale Umweltkatastrophe
Im schweizerischen Interlaken hat gestern der Weltklimarat seinen 6. Synthesebericht vorgestellt (Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC). Synthese deshalb, weil dafür ungelogen 100.000 Umweltforschungsarbeiten der vergangenen Jahre in Augenschein genommen und zusammengefasst wurden.
Eine Woche lang haben 600 Wissenschaftler und Politiker den Bericht beraten. Ein solcher Bericht erscheint nur alle fünf bis sieben Jahre. Die „Zusammenfassung für politische Entscheider“ (36 Seiten) wird von Wissenschaftlern und Regierungsdelegierten Satz für Satz diskutiert und abgesegnet. Dadurch werden die Erkenntnisse nochmals gefiltert.
Reduktion auf Klimafrage
In Bezug auf die Erderhitzung entwirft der Bericht dramatische Szenarien. Im Vergleich zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Oberflächentemperatur zwischen 2011 und 2020 gut ein Grad höher gewesen. Der aktuelle Anstieg ist der stärkste in den vergangenen 2000 Jahren. Maßgeblich verantwortlich ist der Ausstoß von Treibhausgasen. In allen Regionen der Welt haben extreme Hitzephasen zugenommen. "Hitzewellen, Starkregen und Dürren, ein steigender Meeresspiegel, Artensterben und weitaus mehr Menschen, die ihre Heimat verlassen, weil dort ein Leben kaum mehr möglich ist, sind zu erwarten", konstatiert der Bericht.
Er behauptet jedoch, dass diese Erscheinungen durchweg "vom Klimawandel" verursacht seien. Abgesehen vom verharmlosenden Begriff Klimawandel leugnet der Bericht vielfach Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit anderen Faktoren, die die globale Umweltkatastrophe eingeleitet haben. Stefan Engel charakterisiert das in der Einleitung seines neuen Buchs "Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft": "Die bürgerliche Umweltforschung reduziert die Entwicklung der globalen Umweltkatastrophe immer mehr auf die Klimafrage. Die globale und universelle, die systemische Dimension der Krise der Biosphäre wird demgegenüber weitgehend ausgeblendet. Inzwischen ist die globale Umweltkrise in die globale Umweltkatastrophe übergegangen, ohne dass die in positivistischer Denkweise befangenen bürgerlichen Ökologen das bemerkt haben" (Seite 10). Rückkoppelungseffekte gibt es im Bericht des Weltklimarats allenfalls innerhalb des Klimas bzw. bezogen auf das Klima.
Tatsächlich gibt es aber eine Reihe von irreversibler Kipppunkte, die eine neue zerstörerische Phase eingeleitet haben. Das Auftauen des Permafrostbodens setzt rund 1 500 Milliarden Tonnen CO2 und Methangas frei. Methan verstärkt den Treibhauseffekt bis zu 25 mal mehr als dieselbe Menge CO2. Die Schlussfolgerung des IPCC-Berichts, wenn man nur die CO2-Emissionen erheblich reduziere, gebe es Hoffnung, ist daher eine Milchmädchenrechnung. Mit dem beschleunigten Abschmelzen der Gletscher bis zum Jahr 2050 verliert die Menschheit ihr größtes Trinkwasserreservoir, was zusätzlich viele Flüsse zu Rinnsalen verkümmern lässt. Die beschleunigte Abholzung des Amazonas-Regenwalds hat dazu geführt, dass die Erde nicht nur eine große CO2-Senke verlor. Sie hat auch dazu beigetragen, dass eine wachsende Anzahl der Arten in Flora und Fauna der gesamten Biosphäre für immer verschwunden ist. Nicht zuletzt haben sich die Meeresströmungen in den letzten Jahren so verändert, dass der Ausgleich zwischen südlicher und nördlicher Hemisphäre zunehmend unwiederbringlich gestört wird.
Grüne Heuchelei
Der Bericht entwirft dramatische Szenarien der Erderhitzung. Er löst ein breites Echo in den Medien und unter Politikerinnen und Politikern aus. "Fünf vor Zwölf war gestern" und ähnliche Schlagzeilen beherrschen die heutige Berichterstattung. Als reine Heuchelei muss man die Statements der grünen Ministerinnen Steffi Lemke (Umwelt) und Annalena Baerbock (Außenressort) bezeichnen. O-Ton Baerbock: Der Bericht mache "mit brutaler Klarheit deutlich, dass wir an dem Ast sägen, auf dem wir als Weltgemeinschaft sitzen." Nein, Frau Baerbock, nicht die Weltgemeinschaft zerstört die Lebensgrundlagen der Menschheit. Für die Menschheit ist es ein einziges Fiasko, dass inzwischen ein unumkehrbarer Prozess der Zerstörung der Lebensgrundlagen eingesetzt hat, eine globale Umweltkatastrophe. Einzig und allein das imperialistische Weltsystem und das allein herrschende internationale Finanzkapital trägt dafür die Verantwortung. Bodenlose Heuchelei ist es, wenn Baerbock als eine der größten Kriegstreiberinnen über Umweltzerstörung jammert. Der Krieg ist ein gewaltiger Umweltzerstörer. Die Grünen trieben und treiben den umweltpolitischen Rollback im Zuge der offen militaristischen Außenpolitik des BRD-Imperialismus massiv voran. "Grüne Technologien“ werden nur in dem Maß und mit der Geschwindigkeit eingeführt, die den Monopolen Maximalprofite garantiert sind.
Pariser Klimaabkommen ist fauler Kompromiss und wird auch noch verfehlt
Der IPCC-Bericht besagt, dass es Grund zur Hoffnung gebe, die globale Durchschnittstemperatur auf lange Sicht auf 1,5 Grad zu begrenzen. Er gesteht aber gleich selber ein, dass das kurzfristig kaum möglich sei, mittelfristig wahrscheinlich auch nicht und die lange Frist liegt im Dunkeln. Es gebe eine „substantielle Emissionslücke“ zwischen Zusagen und Erfordernissen aus dem Paris-Vertrag sowie eine „Umsetzungslücke“. 2019 wurden laut Weltklimarat rund zwölf Prozent mehr CO2 ausgestoßen als 2010 - und 54 Prozent mehr als 1990. 42 Prozent aller Emissionen zwischen 1850 und 2019 wurden nur in den letzten Jahrzehnten, von 1990 bis 2019, ausgestoßen. Wie schon der kürzlich erschienene UNO-Umwelt-Bericht misst der Bericht des Weltklimarats die ganze Entwicklung weitgehend an der Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Aufgrund mathematischer Berechnungen vergangener Entwicklungen geht das Pariser Klimaabkommen willkürlich davon aus, dass eine Klimaerwärmung von 1,5 bis 2 Grad von der Menschheit noch zu verkraften sei. Das suggeriert auch der IPCC-Bericht, wenn er mehr oder weniger flapsig schreibt, dass 2 Grad wahrscheinlich bald erreicht sind. Heute befindet sich die Welt bei durchschnittlich 1,2 Grad Erwärmung und es sind bereits eine Reihe von Entwicklungen eingetreten, die für Millionen Menschen auf der Erde eben schon jetzt nicht mehr verkraftbar sind.
Für den gesellschaftsverändernden Umweltkampf ist es nicht zu spät!
Die bürgerliche Umweltforschung hält daran fest, viele grundlegende Zusammenhänge zwischen Mensch und Natur außer Acht zu lassen und ihre Vorhersagen weitgehend nach mathematischen Algorithmen vorzunehmen. Die unwissenschaftliche positivistische Denkweise macht blind. Im Interview mit der Roten Fahne vor einigen Wochen führt Stefan Engel aus: "Nur der revolutionäre Kampf zur Überwindung des imperialistischen Weltsystems und zur Errichtung der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt entscheidet darüber, ob dieser begonnene Prozess der globalen Umweltkatastrophe in seiner menschheitsbedrohenden Quintessenz noch gedämpft oder gar gestoppt werden kann. Für einen solchen gesellschaftsverändernden Kampf muss die Umweltbewegung, muss die Arbeiterklasse und müssen die breiten Massen mit dem Einfluss des imperialistischen und des kleinbürgerlichen Ökologismus fertig werden."
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