Tarifrunde Öffentlicher Dienst
Wir finden uns nicht mehr mit Brosamen und kleinen Verbesserungen ab!
"Rote Fahne News" dokumentiert eine Rede von Nina Dusper (ver.di) bei einer Streikversammlung von 3000 Beschäftigen im Öffentlichen Dienst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir grüßen euch mit den Worten auf unserem Transparent: „Schluss mit der Bescheidenheit, die Pflege ist jetzt kampfbereit!"
Ja, wir sind nicht mehr bereit, uns abzufinden mit Brosamen oder kleinen Verbesserungen. Wir reden hier von Minimum 500 Euro brutto mehr im Monat. Das ist nicht verhandelbar, weil wir in den letzten Jahren einen Reallohnverlust von 4,1 % verkraften mussten. Eigentlich wäre längst ein Lohnnachschlag fällig! Das sage ich nicht aus Gier oder Luxusproblemen, sondern weil meine alleinerziehende Kollegin nicht mehr weiß, wovon sie das Geburtstagsgeschenk für ihren Sohn kaufen soll. Ich habe der Kollegin gesagt, dass Nancy Faeser das sogenannte Angebot vom letzten Donnerstag als „Ausdruck des Respekts" bezeichnete. Ehrlich gesagt, ist es mehr als respektlos, uns den nächsten Reallohnverlust vorzuschlagen, während sie 20.425,57 Euro MONATLICH verdient.
Also: Geld ist genug da, das wissen wir alle. Aber wofür wird es ausgegeben? Seit Jahren kämpfen wir nun in der Pflege um Wertschätzung, mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten. Aber dafür ist dieses Gesundheitssystem einfach nicht gemacht. Die Zahl der Krankenhäuser ist in den letzten 30 Jahren kontinuierlich zurückgegangen; 1991 gab es noch 2411 öffentliche Krankenhäuser, heute sind es noch rund 1900.
„Ein System, das Gewinne macht, indem bei den Kindern gespart wird, ist ein krankes System", sagte nicht etwa Karl Marx, sondern? - Genau: Karl Lauterbach! Dass es sich bei dem "kranken System" um den Kapitalismus handelt, darüber verliert Karl Lauterbach allerdings kein Wort. Abgesehen davon, dass sein Reformvorschlag nicht im Geringsten irgend etwas mit einer wie auch immer gearteten "Revolution" zu tun hat. Er will nämlich die Privatisierung des Klinikwesens durch und zugunsten von Klinikkonzernen, die Maximalprofite damit scheffeln, nicht zurücknehmen. ...
Wir kriegen in unserem Beruf beigebracht, dass die Medizin auf angenommenen einfachen Kausalitäten beruht. Gegen Schmerzen gibt man Schmerzmittel, gegen Bluthochdruck Blutdrucksenker und gegen Depressionen Antidepressiva. Genau diese Methode macht dann Sinn, wenn sie dem System einen unendlichen, äußerst lukrativen Markt beschert. Krankheiten werden doch vor allem vom Standpunkt der Pharmamonopole als Goldgrube gesehen. Die weitgehende Privatisierung des staatlichen Gesundheitswesens hat das noch auf die Spitze getrieben.
Diese Weltanschauung, diese kapitalistische Logik hemmt in unverantwortlicher Weise das große Potenzial unzählige Einzelerkenntnisse für die Gesundheit der Menschen auf der ganzen Welt. Deshalb können wir uns damit nicht zufrieden geben, sondern müssen hinter die Kulissen schauen und unseren eigenen Kopf gebrauchen! Kolleginnen und Kollegen! Holen wir uns, was wir verdient haben! Die Kollegen bei der Post machen es uns vor!
Kämpfen wir darüberhinaus gegen die Folgen der Umverteilung der öffentlichen Haushalte zu Lasten der Beschäftigten! Und für einen gesamtgesellschaftlichen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen, in dem die allseitige medizinische Versorgung wohnortnah gewährleistet wird und kostenlos ist.
Vielen Dank! Und bleibt gesund!