Leverkusen

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Erhobenen Hauptes: Streik ist beendet – vorläufig!

32 Stunden lang – auch die ganze Nacht hindurch in bitterer Kälte – hielten die streikenden Kolleginnen und Kollegen von Indulor aus: Streikposten vor dem Pförtner 4 des Bayer-Werks / Chempark in Leverkusen.¹ Grund für den Streik: Die Chefin, Frau Steinhaus, die Tochter des Besitzers Fengler, hatte erklärt: „Meine Firmen-Philosophie ist: Um einen Betrieb zu führen, braucht man keinen Betriebsrat, keine Gewerkschaft und auch keinen Tarifvertrag“. Ausreichend ist allenfalls ein „Firmenrat“.

Korrespondenz
Erhobenen Hauptes: Streik ist beendet – vorläufig!
Der Streikposten (rf-foto)

In dem Werk von Indulor in Bitterfeld - mit über 100 Kollegen - gibt es inzwischen nur noch diesen „Firmenrat“: Hier kann auf Anweisung der Geschäftsführung geredet werden – aber diese entscheidet dann ganz allein. Solche Verhältnisse will Steinhaus auch in Leverkusen einführen. „Nicht mit uns“, so die Kollegen. In Bitterfeld hätten die Chefs den alten Betriebsrat aufgelöst, indem sie einzelne Betriebsratsmitglieder rausgeekelt hätten. Dasselbe hätten sie im Stammwerk in Bramsche (Niedersachsen), wo über 100 Beschäftigte arbeiten, gemacht – auch dort gebe es keinen Betriebsrat mehr. Ende 2020 ist Steinhaus aus dem Arbeitgeberverband ausgestiegen und will jetzt selbstherrliche Methoden einführen, z.B. „Entgeltbänder“: Das würde bedeuten, dass jeder Kollege, je nach Leistung, Krankenstand oder „Schleimigkeit gegenüber der Geschäftsführung“ (die Kollegen benützten entschieden drastischere Formulierungen) entweder zwei ganze Entgeltgruppen herauf- oder herabgestuft werden könne! Noch mal: „Nicht mit uns!“, „Die Chemie-Tarifverträge müssen voll und ganz für uns gelten!“, „Wir machen eine hochqualifizierte wertvolle Arbeit – aber Steinhaus will aus uns nur Höchstprofite herausholen!“

 

Den Streik anerkannten viele vorbeikommende Kollegen von Bayer oder outgesourcten ehemaligen Bayer-Betrieben. Ein Chemion-Kollege: „Heute haben wir 50 Prozent weniger Lohn als früher im Chemie-Tarif!“ Ein Hausmeister: „Wir wurden vor zwölf Jahren zum ersten Mal an eine andere Firma weitergegeben – vier Euro weniger Stundenlohn. Vor sieben Jahren erhielt die nächste Firma die Hausmeister-Arbeit: Mein Stundenlohn seither 12 bis 13 Euro. Ich könnte ja gehen, wenn ich will – hieß es. Ich betreue jetzt fünf statt früher ein Gebäude, - aber wenn ich gehe, finde ich nichts anderes mehr – toll, wie ihr das von Indulor macht! Das hätten wir auch so machen müssen!“ Kollegen von Ford Köln kamen vorbei: „Euer Kampf ist ganz wichtig – Vorbild, beispielhaft für alle!“ Die Indulorer freuten sich sehr über diesen Solidaritätsbesuch. Interessiert will sich ein Kollege die Dokumentation vom Bergarbeiterstreik 1997 zu Herzen nehmen; mehrere Kollegen bedankten sich für den gestrigen Bericht auf Rote Fahne News, dem Online-Nachrichtendienst der MLPD.

 

Wie es weiter geht? Die Geschäftsführung hat weder mit einem Mucks noch mit einem Rechtsanwalt auf den Streik reagiert. Die Belegschaft hat eine eigene Tarifkommission gewählt. Deren Sprecher sagt: „Wenn sich die Geschäftsführung nicht meldet und unseren Forderungen nicht zustimmt, werden wir nicht aufgeben! 32 Stunden könnten auch nur der Anfang sein! Wir werden mit allen zusammen besprechen, wie es weitergeht.“ Das war offensichtlich auch eine Stärke der Belegschaft. Der Sprecher: „Es gab am Anfang einzelne, die sich nicht trauten mitzumachen. Wir haben schon immer jeden nach seiner Meinung und nach seinen Vorschlägen gefragt, und so haben wir auch jetzt geduldig und überzeugend erreicht, dass auch der Vorletzte mitgemacht hat“ - der letzte ist der Produktionsleiter.

 

Nachdem die angekündigten 32 Stunden Streik vorbei waren, marschierten die Kollegen heute, um 13 Uhr, gemeinsam, stolz und erhobenen Hauptes, alle mit den wehenden Fahnen der Gewerkschaft, in ihren Betrieb hinein.