Imperialismus
Putins Pläne für die Einverleibung von Belarus
Seit 1999 gibt es einen Plan von Belarus und Russland, Belarus zu einem „Unionsstaat“ Russlands zu machen, was damals schon eine starke Abhängigkeit von Russland zeigte.
Diese Abhängigkeit hat sich seit 2020 wesentlich vertieft: Damals konnte sich der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko nur mit faschistischer Unterdrückung und durch Russlands Hilfe gegen die Demonstrationen der Massen an der Macht halten. Weiter vertieft wurde die Abhängigkeit durch die westlichen Sanktionen gegen Belarus, sodass bald bis zu zwei Drittel der belarussischen Exporte nach Russland, aber auch immer mehr nach China gehen werden.
Jetzt wurde, unter anderem von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung, ein bislang geheimes Dokument veröffentlicht. Es soll aus der Präsidialverwaltung der russischen Regierung stammen – genauer: aus der Abteilung „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit“. Das dort formulierte Ziel ist die Ausweitung des Einflusses Russlands auf andere Länder. Lukaschenko schließt die Echtheit des Dokuments nicht aus.¹
Das interne Strategiepapier propagiert die "Sicherstellung des vorherrschenden Einflusses der Russischen Föderation in den Bereichen Gesellschaft, Politik, Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Kultur und Information".²
Schon weit vorgedrungen ist die Zusammenarbeit zwischen Belarus und Russland auf militärischem Gebiet: Im Februar 2022 fand eine gemeines Militärmanöver in Belarus statt. Seit Januar dieses Jahres haben Russland und Belarus eine gemeinsame „regionale Kampftruppe“. Dafür werden bis zu 9000 russische Soldaten in Belarus erwartet. Im Februar 2023 hat Lukaschenko eine neue sogenannte Territorialverteidigung aus Freiwilligen angeordnet. Bis zu 1,5 Mio. Menschen (von einer Bevölkerung von 9,5 Mio.) sollen in dem Fall, dass er das Kriegsrecht verhängt, abrufbar sein.³
Die umfassende Planung des russischen Strategiepapiers zur Einverleibung bis zum Jahr 2030 umfasst unter anderem: Das belarussische Atomkraftwerk soll in das russische Stromnetz integriert werden. Den ganzen Frachtschiffverkehr soll Belarus ausschließlich über russische Häfen abwickeln. Ein vereinfachtes Verfahren für russische Pässe für belarussische Staatsbürger soll eingeführt werden, wie es schon im Donbass praktiziert wurde. Bereits seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Medien voll auf den Kurs der russischen Staatsmedien eingegangen. Geplant ist der Bau von russischen Schulen und Universitäten in Belarus und ein erweiterter Jugend- und Kinderaustausch zwischen beiden Ländern. Die belarussische Sprache soll bis 2030 ganz aus dem Amtsgebrauch verdrängt werden.⁴
Besonders die Planung in Kultur und Sprache weist auf den großrussischen Chauvinismus des neuimperialistischen Russland hin. Doch das ist ein Sprengsatz. Kein Volk lässt sich auf Dauer unterdrücken. So ein „Unionsstaat“ à la Putin ist genau das Gegenteil von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken unter Lenin und Stalin. Hier wurde die fortschrittliche Kultur der Völker, die Sprache, Bildung und die eigenständige Wirtschaftsentwicklung gefördert. Dieser freiwillige Zusammenschluss war eine wesentliche Grundlage für den Sieg der Sowjetunion über den Hitler-Faschismus.
Lukaschenko sieht in Putins Plänen kein Problem: Er habe mit Putin darüber gesprochen. Sie seien sich einig. „Wir sind ein unabhängiger Staat, der zu Russland steht“.⁵
Als von Russland abhängiger Diktator, der vom Großteil der eigenen Bevölkerung abgelehnt wird, scheint er seine Karriere als Dienstleister für, und als Bote von Putin zu sehen. Seine Reise nach Peking in dieser Woche diente Waffeneinkäufen, die dann auch an Russland weiterverkauft werden könnten, und eventuellen Waffenstillstandsverhandlungen mit Hilfe von China im Ukrainekrieg.