Widerstand gegen Baumfällungen im Thälmann-Viertel
Eisenach: „Szenen wie beim Protest in Lützerath“
Seit langem protestieren die Anwohner und eine Bürgerinitiative im Eisenacher Thälmann-Viertel gegen die Abholzung gesunder, 60 Jahre alter Bäume, die zusammen mit dem „Elefanten-Spielplatz“ einem großen Neubau eines Altenwohnheims weichen sollen. Viele wohnen dort schon seit Jahrzehnten und wollen, dass das Viertel, das in den 1960er Jahren noch mit vielen Elementen des sozialistischen Wohnungsbaus entstanden ist, erhalten bleibt.
Die Stadtverwaltung und die Städtische Wohnungsbaugesellschaft setzten sich über alle Proteste und Einwände hinweg – unter Führung der Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linkspartei). Am Montag war es nun soweit – die Baumfäller rückten an. Dass in Eisenach 18 große, schattenspendende Bäume weichen sollen, traf auf Wut und Unverständnis der Anwohner. Schnell kamen über Telefonkette 25 Anwohnerinnen und Anwohner zusammen. Das Ordnungsamt und zwei Polizisten konnten erstmal nichts ausrichten, und die Baumfäller mussten wieder abziehen. Auf die Frage der Polizei, wer für den Protest verantwortlich sei, antwortete eine 87jährige Frau: „Wir sind alle verantwortlich!“
Das war aber nur der Auftakt: Um 14 Uhr kam die Firma zurück, mit etwa 30 Polizisten im Schlepptau. Mit Hilfe der Polizei wurde nun immer ein Teil des Geländes abgesperrt, so dass sie einen Baum nach dem anderen fällen konnten. Mutig stellten sich viele Leute rund um die Bäume und wurden von der Polizei mit einem massiven Einsatz weggeschoben oder weggetragen. „Szenen wie beim Protest in Lützerath“ titelte die Thüringer Allgemeineine in einem großen Artikel im Lokalteil. Über Lautsprecheranlage sprachen Thomas May, Stadtrat des „Eisenacher Aufbruchs“ und andere zu den Anwohnern, viele Ältere schauten von den Balkonen zu. Der Protest war am Ende auf ca. 100 Leute angewachsen. Zum Schluss standen noch fünf der 18 Bäume – auch ein Erfolg des Protests, der die Fällungen hinausgezögert hat.
Die Ent-täuschung vieler Anwohner muss jetzt bewusst verarbeitet werden: Der Weg des Aktiven Widerstands ist genau richtig, aber er war noch nicht stark genug. Die Menschen können stolz auf ihren Protest sein! Der Weg über Gerichte, Bürgerbegehren usw. ist dagegen eine Sackgasse. Vor allem muss auch die Organisiertheit gestärkt werden, z.B. im „Eisenacher Aufbruch“ und der MLPD, die als einzige den Protest die ganze Zeit aktiv unterstützt haben.
Die Anwohner haben die Fällungen und den geplanten Neubau nie akzeptiert und der Protest dagegen wird weitergehen! Alle Verantwortlichen für die gestrigen Fällungen und den Polizeieinsatz müssen zurücktreten! Dieser brutale Polizeieinsatz fand statt in einer Situation, wo CDU und AfD eine ultrareaktionäre Kampagne fahren, wonach migrantische Jugendliche ein Hort der Gewalt seien. Wo der Protest gegen den weiteren Braunkohleabbau kriminalisiert wird, ebenso die "Letzte Generation". Also auf dem Bild sieht man eigentlich deutlich gewalttäige Polizisten.
Das überparteiliche Kommunalwahlbündnis "Eisenacher Aufbruch" schreibt in einer Pressemitteilung: "Vorerkrankte Menschen wurden von der Polizei gewaltsam niedergeworfen. Zwei Notarzteinsätze waren notwendig, um alte Menschen zu versorgen, die doch nur ihre gewohnte Umgebung, die Bäume und eine gesunde Umwelt für ihre Kinder und Enkel verteidigen wollten. Die Polizei argumentierte, sie helfe doch nur, einen demokratischen Beschluss des Stadtrates umzusetzen.
Ja, hält man die Bürgerinnen und Bürger denn für dumm? Sie haben doch den ganzen Vorgang verfolgt! Was ist daran demokratisch, wenn man den Stadtrat über einen Grundstückstausch abstimmen lässt und nicht offenlegt, worum es eigentlich geht? Anschließend aber heißt es: „Schluss der Debatte“, denn beim Baurecht hat der Stadtrat nicht mitzureden. Es ist überdeutlich, es ging NIE um das Wohl der Alten! Sondern um die Dollar-Zeichen in den Augen von Stadtspitze und SWG. Bäume und Natur wurden dem Profit geopfert! ... Glückwunsch an die Bürgerinitiative und ihre Mitstreiter. Alle haben viel gelernt in den letzten Jahren. Diejenigen, die den Widerstand in den letzten Jahren trugen, sind äußerst kompetente Streiter für Natur- und Klimaschutz. Sie haben sich aber auch für die Menschen im Viertel interessiert: was sie wünschen und wie man es verwirklichen kann. Kostengünstig und viel schneller als einen Neubau hätte man alters- und behindertengerechte Wohnungen in den vielen leerstehenden Erdgeschoss-Wohnungen schaffen können!"
Die weitere Auseinandersetzung will die MLPD Eisenach auch verbinden mit dem Aktiven Widerstand gegen einen Dritten Weltkrieg, wozu es am Freitag um 17 Uhr eine Kundgebung auf dem Eisenacher Markt gibt und anschließend eine Gesprächsrunde der MLPD gibt: "Dazu werden wir auch die Bürgerinitiative und die Anwohnerinnen und Anwohner im Thälmann-Viertel einladen."