Chemie-Unfall in den USA
Die Menschen lassen sich nach East Palestine nicht mehr belügen
Das Zugunglück in der 4700-Einwohner-Stadt East Palestine / Ohio am 3. Ferbuar ist einer der schwersten US-Chemie-Unfälle. Der berechtigte Protest der US-Amerikaner gegen das Herunterspielen durch die Regierung wächst.
Zumindest zehn Waggons hatten gefährliche Chemikalien geladen. Im Vordergrund steht aktuell Vinylchlorid: ein krebserregendes, farbloses, brennbares, narkotisierendes Giftgas. Kontakt mit geringen Mengen löst Reizungen, Schwindel, Übelkeit oder Kopfschmerzen aus. Verbrennt Vinylchlorid, entsteht ein Cocktail verschiedenster weiterer Giftstoffe. Das ist nur ein Stoff, der in besagten zehn Waggons transportiert wurde. Was in den 40 Waggons war, steht öffentlich nicht groß in der Diskussion.
Dass diese Chemikalien brennbar und hoch giftig sind, verzögerte den Einsatz der Feuerwehr. Zwei Tage brannte der Zug weitgehend unkontrolliert, dann ordneten die Behörden die Evakuierung von rund 1.500 Einwohnern im Umkreis von 1,6 Kilometern an – unter Androhung von Inhaftierung und Strafverfolgung. Statt Hilfe Kriminalisierung! Danach wurde aus fünf Waggons das Vinylchlorid in die Natur abgelassen. Niemand weiß, wie viel genau, wie viel zuvor und danach verbrannte und welche Stoffe in welchen Mengen dadurch entstanden sind.
Es war ein Zugunglück, das darauf wartete, zu passieren. Ein Angehöriger der Verkehrssicherheitsbehörde der USA, des National Transportation Safety Board (NTSB), erklärte, dass die Zugführer nach einem Alarm, “der auf ein mechanisches Problem hinwies” eine Notbremsung durchführten, woraufhin sich die Entgleisung ereignete und der Zug in Flammen ausbrach.
Für Maximalprofite wurden in den USA notwendige Sicherheitsvorkehrungen teils nie eingeführt und vorhandene abgebaut. 2017 hatte die Trump-Regierung die Vorschriften für Bremssystem-Upgrades von Gefahrgut-Zügen weitgehend aufgehoben – und bis heute hat die Biden-Regierung daran nichts geändert.
Trump will sich jetzt schamlos mit einem Besuch in Ohio als Kümmerer inszenieren. Und die Biden-Regierung versucht verzweifelt zu beschwichtigen und zu vertuschen: Zehn Tage nach dem Unglück wurde sogar ein Reporter des US-Fernsehsenders "Newsnation" bei seinen Recherchen verhaftet, aber nach entsetzten Protesten wieder freigelassen. Erst einen Tag danach äußerte sich Verkehrsminister Pete Buttigieg erstmalig – und versuchte die Katastrophe zu nutzen, um das Verkehrsministerium zu bewerben.
Nach dem Motto: „Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen!“
Die Behörden behaupteten nach dem Ablassen des Giftgases, dass weder Luft noch Trinkwasser für Menschen und Tiere gefährdend seien. Laufende Tests würden das beweisen. Seither klagen aber Hunderte Menschen über Symptome, die bei einer Vynilchlorid-Vergiftung zu erwarten sind, und Tausende Fische, Frösche und Vögel sind verendet. Über 12 Kilometer der Gewässer sind veseucht, nach Angaben der vor Ort zuständige Behörde, des Ohio Department of Natural Resources (ODNR).
Die Empörung in den Sozialen Netzwerken ist gewaltig. Die New York Times berichtete am 19. Februar, dass viele Anwohner sich nun um unabhängige Schadstoffermittlungen bemühen, denn sie trauen den offiziellen Verlautbarungen nicht mehr: Sie wollen die Sache selbst in die Hand nehmen.