Energie
Die bewusste Lüge von der Gasmangellage
Die Rechtfertigung für das im Sommer von der Bundesregierung erlassene "LNG¹-Beschleunigungsgesetz" von Wirtschafts- und Umweltminister Robert Habeck und für den darauf folgenden Ausbau von neuen LNG-Terminals in Deutschland ist, dass die „Not einer Gasmangellage“ abzuwehren „absolute politische Priorität“ hätte.
Ohne das Gesetz würden „die deutsche Wirtschaft und die Unterstützung der Gesellschaft für die Ukraine zusammenbrechen.“² Die beschworene „Gasmangellage“ ist eine bewusste Lüge. Denn Deutschland konnte das russische Gas nach dem Lieferstopp relativ schnell aus anderen Ländern ersetzen. Im Jahresdurchschnitt werden in Deutschland durchschnittlich 2,4 tWh (Terrawattstunden) pro Tag verbraucht. Schon am 7. September meldete dazu die Tagesschau: „Aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden kommen täglich rund 2800 GWh (= 2,8 tWh) pro Tag.“³ Damit wurden die Gasspeicher schneller als in früheren Jahren gefüllt.
Im Oktober stockte sogar die Befüllung der Terminals. Mehr als 35 Tanker vor allem aus den USA warteten damals im Meer vor der spanischen Küste. Die Gasspeicher in ganz Europa waren selbst am 7. Januar noch zu 83,2 Prozent gefüllt, weit über der saisonalen Fünfjahresnorm von 70 Prozent. In Deutschland waren die Speicher sogar zu etwa 91 Prozent gefüllt.⁴
Die herbeigeredete „Gasmangellage“ verschärfte die Spekulation mit den Gaspreisen und trieb diese extrem in die Höhe. Das führte zu sprudelnden Gewinnen der beteiligten Energiekonzernen, unter denen eine regelrechte Goldgräberstimmung herrschte.
In Wirklichkeit ist der Aufbau neuer LNG-Terminals Teil eines schon lange bestehenden Plans eines „Rollbacks“ der sowieso nur äußerst zögerlich angepackten Energiewende. „Die Gas-Branche hatte den Terminalaufbau in Deutschland seit längerem geplant....“, gibt der Verband „Zukunft Gas“ unumwunden zu. Schon lange vor dem Ukraine-Krieg begann der Aufbau einer LNG-Import-Infrastruktur, die dann „stark vorangetrieben“ wurde. Daher konnte bereits im Dezember 2022 das erste schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven in Rekordtempo fertiggestellt werden. „Auch in den nächsten Jahren wird der Ausbau der deutschen LNG-Importinfrastruktur weiter vorangetrieben“, freuen sich die Gas-Konzerne.
Dabei ist die dauerhafte und preiswerte Gasversorgung durch die LNG-Terminals tatsächlich keineswegs gewährleistet. Denn die Preise für LNG werden bei einer absehbar wachsenden Nachfrage in der Welt wieder spekulativ stark anziehen. Und auch die Belieferung der deutschen Terminals hängt davon ab, ob die das Gas liefernden Konzerne damit Höchstpreise erzielen können.
Würde dagegen die Energiewende nach dem russischen Gaslieferungsstop ernsthaft betrieben, könnte z. B. die „Power-to-Gas-Technologie“ erheblich forciert werden, mit der Ökostrom durch Elektrolyse in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas (Synthetic Natural Gas - SNG) umgewandelt und im Erdgasnetz gespeichert werden könnte.⁶ Vor allem müsste eine dezentrale Energieversorgung mit vielen Photovoltaikanlagen, Windrädern und Biogasanlagen schleunigst vorangetrieben werden.