Klare Aufträge der Monopolverbände
Bundeskanzler Scholz reist nach Lateinamerika – ein wenig verschleierter Raubzug
Im nagelneuen hochnoblen Regierungs-Airbus, von der Flugbereitschaft der Bundeswehr gestellt, reiste Bundeskanzler Olaf Scholz in den letzten Tagen nach Argentinien, Chile und Brasilien. Begleitet wurde er von einem guten Dutzend Spitzenmanagern des deutschen Monopolkapitals. Vorstandvorsitzende von VW und Bayer waren dabei und die Vereinigungen der deutschen Kapitalistenverbände gaben klare Aufträge mit auf den Weg.
Denn während Scholz für die Atmosphäre beim „lieben Freund Alberto“, dem Präsidenten des von einer schweren Wirtschaftskrise gebeutelten Argentinien, sorgte und andächtige Minuten angesichts der Opfer des Pinochet-Regimes in Chile absolvierte, ging es ihm und seinen Begleitern um anderes.
Einem Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur soll endlich zum Durchbruch verholfen werden. Der Mercosur ist ein vor allem wirtschaftlicher Zusammenschluss von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Von dem geplanten größten Freihandelsabkommen der Welt, des Mercosur mit der EU, wären 700 Millionen Menschen auf beiden Seiten des Ozeans betroffen. Verhandelt wird seit 1999. 2019 gab es einen neuen Anlauf – aber auch jede Menge Widerstand. Aufgrund der katastrophalen Umweltzerstörungen, die für Soja-Produktion und Viehzucht alleine im brasilianischen Urwald betrieben wurden, sperrten sich Umweltschützer gegen die Verwirklichung eines „freien Handels“. Die französischen Landwirte fürchteten die erdrückende Konkurrenz der südamerikanischen Großagrarier. Umweltauflagen beim mörderischen Einsatz von Insektiziden und Pestiziden, Missachtung von Arbeiterrechten gehören zu den völlig berechtigten Widersprüchen.
Jetzt soll Scholz unter dem Label der Nachhaltigkeit mit den neuen, eher als links geltenden Regierungen die Widersprüche dämpfen. Scholz will sich wieder einmal „unterhaken“ und alles soll auf gleichberechtigter Augenhöhe neu verhandelt werden. [1]
Auch bei den umfassenden Abkommen über Rohstofflieferungen ist viel von Umweltverträglichkeit die Rede. Aus Argentinien soll grüner Wasserstoff und Gas geliefert werden, das dort in großen Mengen als giftiges Frackinggas gefördert wird. Chile soll und will weiterhin der weltweit größte Kupferlieferant bleiben, mit dem schon jetzt im Tagebau ganze Regionen geplündert und verseucht werden.
Ein besonderes Augenmerk des Kanzlers und seiner Delegation aber liegt auf Liefermöglichkeiten für Lithium, einem Alkalimetall, das besonders für die Produktion von Autobatterien ein in großen Mengen benötigter Rohstoff ist. In dem Dreieck zwischen Argentinien, Chile und Bolivien liegen in den großen Salzseen die weltweit größten Vorkommen. Schon lange wehren sich die Anwohner gegen die Massenproduktion. Damit werden Abermillionen Kubikmeter Wasser der ganzen Umgebung entzogen. In der ohnehin dürren heißen Zone verdorren die Äcker, es kann keine Viehzucht mehr betrieben werden – der Staub lässt Menschen und Alpakas erblinden.
Scholz versprach jetzt, dass auch die Lithium-Verarbeitung und die Produktionen von Batterien ermöglicht werden soll, damit nicht der komplette Reichtum in alter kolonialer Manier nach Europa geschleppt wird - wie früher Gold, Silber, Kupfer und Zinn. [2] Aber da müssen sich Scholz und seine Auftraggeber beeilen. Ein imperialistischer Wettbewerb hat längst eingesetzt.
Bolivien liegt nicht auf Scholz' Reiseroute. Dort hat sich das neuimperialistische China bereits eingenistet. Weil die Morales-Regierung darauf bestand, dass die Lithium-Verarbeitung zumindest teilweise im Land bleiben soll, hat die Regierung von Luis Acre am 20. Januar 2023 – also just vor der Scholz-Reise - einen Vertrag mit verschiedenen chinesischen Konzernen abgeschlossen, die auch versprochen haben, ein umweltschonenderes Förderverfahren zu entwickeln. Ein geplantes Joint-venture mit einem aus der ostdeutschen Kali- und Salz-Erfahrung entstandenen deutschen Unternehmen wurde zugunsten der chinesischen Angebote verworfen. [3]
Ein militärpolitischer Aspekt der Reise ist schließlich auch der Versuch, die südamerikanischen Länder in das Bündnis der USA/NATO/EU gegen Russland/China einzubinden. Das gelingt kaum – selbst die Regierungen, die die Aggression Russlands verurteilen, lehnen Waffen- und Munitionslieferungen in die Ukraine ab. Es ist eine Herausforderung an die revolutionären Bewegungen in ganz Lateinamerika, den oft entschieden geführten Kampf für Umweltschutz und gegen die Ausplünderung ihrer Länder als Rohstofflieferanten zu vereinen. Das wird ein wichtiges Thema bei der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz und der geplanten ersten Weltkonferenz der antiimperialistischen und antifaschistiischen Einheitsfront werden.
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