Sozialismus gehört auf die Tagesordnung
Rede von Stefan Engel auf der LLL-Feier in Gelsenkirchen am 15. Januar 2023
Zum ersten Mal fand am 15. Januar nicht nur in Berlin, sondern auch in Gelsenkirchen eine Feier zu Ehren der Revolutionäre Lenin, Liebknecht und Luxemburg statt. Stefan Engel, Leiter der Redaktion Revolutionärer Weg und vor Gabi Fechtner langjähriger Parteivorsitzender der MLPD, hielt bei der Kundgebung vor dem Willi-Dickhut-Haus die Hauptansprache. "Rote Fahne News" dokumentiert die Rede.
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
wir führen hier eine alte Tradition weiter, nachdem vor über 100 Jahren Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und auch Lenin einem Attentat zum Opfer fielen. Damals hat die kommunistische Bewegung in Deutschland beschlossen, jedes Jahr eine Veranstaltung zu Ehren von Lenin, Liebknecht und Luxemburg durchzuführen. Diese Veranstaltungen waren in den ersten Jahren dezentral. Wir haben im KABD, der Vorläuferorganisation der MLPD, das auch aufgegriffen.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands haben wir uns eine Zeit lang an der zentralen Veranstaltung in Berlin beteiligt, denn in der DDR wurde das nach dem Zweiten Weltkrieg zentralisiert. Aber an dieser zentralen Veranstaltung können verschiedene Leute nicht teilnehmen. Deshalb werden wir mit dem heutigen Tage wieder eine dezentrale Aktivität zur Ehrung der drei Revolutionäre durchführen.
Wir wollen mit dieser LLL-Veranstaltung auch erreichen, dass wir das Thema „Sozialismus“ auf die Tagesordnung setzen. … Wenn wir sagen „Gib Antikommunismus keine Chance!“, wollen wir das Thema Sozialismus, den Ausweg aus dieser tiefen Krise des Kapitalismus, aufzeigen.
Wir haben erstens heute eine Situation kurz vor einem Dritten Weltkrieg. Die sprechen immer vom „Abnutzungskrieg“, aber die Situation verschärft sich immer mehr. Die beiden D-Züge - NATO und Ukraine auf der einen, Russland auf der anderen Seite - rasen immer noch mit unverminderter Geschwindigkeit aufeinander zu. Die Strategie der Ukraine ist die ganze Zeit, die NATO einzubeziehen als aktive Kriegsbeteiligte mit Truppen und Waffensystemen. Sie sind ja faktisch schon aktiv im Krieg. Auch die russische Führung versucht ständig, ihre Verbündeten einzubeziehen. Sie haben aber alle Probleme damit, weil die Massen in den Ländern nicht so einfach mitspielen. Deshalb wollen sie uns einreden, es ginge um Freiheit und Demokratie. …. Die USA, die seit dem Zweiten Weltkrieg mindestens 40 Kriege zu verantworten haben, spielen sich hier als Friedensmacht auf mit ihrer NATO, ebenso der russische Neuimperialismus, der danach strebt, das alte Zarenreich wieder herzustellen. Wir müssen darum kämpfen, dass dieser Dritte Weltkrieg verhindert wird.
Zweitens ist inzwischen die globale Umweltkrise in eine neue Phase der globalen Umweltkatastrophe eingetreten. Wir können nicht mehr verhindern, dass schon in den nächsten Jahrzehnten Hunderte Millionen Menschen sterben aufgrund dieser Umweltkatastrophe und letztendlich auch die menschliche Existenz infrage steht. Das ist eine dramatische Entwicklung, die mindestens genauso schlimm ist wie ein atomarer Weltkrieg; nur verläuft sie langsamer, unmerklicher. Wir haben volles Verständnis für die Leute, die heute protestieren gegen den Braunkohleabbau. Man kann diese Entwicklung nur noch abbremsen.
Die Permafrostböden in Sibirien tauen auf, sie kann man nicht einfach wieder zufrieren. Allein das sind 1 500 Milliarden Tonnen Methan-Ausstoß, das ist tausendmal mehr als der bisherige CO2-Ausstoß. Die Gletscher sind bis 2050 weggeschmolzen, sie sind das entscheidende Trinkwasserreservoir der Menschheit. Wir haben auch die Situation an den beiden Polarkappen, dass der Albedo-Effekt immer mehr zurückgeht. Allein in den USA wurde jetzt schon fünfmal der Notstand ausgerufen innerhalb eines Jahres, jetzt vor allem wegen des Hochwassers in Kalifornien. So geht das aber nicht weiter!
Es wird in Zukunft Erschütterungen im großen Ausmaß geben, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben. Die Menschheit muss tatsächlich um ihr Überleben kämpfen, indem sie dem Imperialismus den Garaus macht und eine andere, eine sozialistische Gesellschaft, erkämpft. Deshalb sind unsere drei Führer und Führerinnen, derer wir heute gedenken, auch unsere Vorbilder. Es war Lenin, der mit der Oktoberrevolution die Beendigung des Ersten Weltkriegs durchgesetzt hat. Er hat damals gesagt: „Ja gut, dann verzichten wir auf einen Teil der russischen Gebiete, damit es Frieden gibt.“
Mit der Umwelt ist es katastrophal. Man kann es abbremsen, aber nicht mehr rückgängig machen. Das ist eine neue Situation, mit der wir uns aber nicht abfinden müssen. Solange die Menschheit existiert, muss sie auch um ihr Überleben kämpfen. Etwas bringen kann nur, wenn die breite Masse der Bevölkerung - mit der Arbeiterklasse als Kern - erkennt, dass diese Umweltfrage eine Existenzfrage ist; und auch der Krieg ist eine Existenzfrage, die man gemeinsam mit den anderen Interessen der Arbeiterklasse durchkämpfen muss. Der Klassenkampf zur revolutionären Überwindung des Imperialismus Richtung Sozialismus – das ist der Ausweg, der heute immer deutlicher wird.
Von der Demonstration in Berlin geht kein eindeutiges Signal für den Sozialismus mehr aus. Im offiziellen Aufruf dieses Jahr wird der Sozialismus noch nicht einmal mit einem Wort erwähnt. Wofür sind denn diese drei Revolutionäre gestorben? Für den Sozialismus und für nichts anderes! Und wir sind stolz darauf, dass wir das Erbe dieser drei großen Führer in der internationalen Arbeiterbewegung weiterführen und diese Kundgebung durchführen. Auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht haben eine große Lebensleistung vollbracht, sie haben die Novemberrevolution angeführt, die dann die Beendigung des Ersten Weltkriegs vollendet hat; sie wurde unter der Führung von Lenin mit der Oktoberrevolution 1917 eingeleitet.
Wir müssen einen klaren Kurs fahren und in die Offensive gehen. Gib Antikommunismus keine Chance! - das verankern wir offensiv, wir dürfen nicht den Kopf einziehen, wenn die Antikommunisten gegen uns loswettern. Wir müssen stolz sein, dass wir die entscheidende Freiheitsideologie vertreten, nämlich für eine kommunistische klassenlose Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Krieg und ohne Umweltzerstörung. Das ist unser Ziel, darauf sind wir stolz und deswegen sind wir auch hier und ehren diese großen Frauen und Männer in der Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung.
Leider ist es auch so, dass Mord und Totschlag an revolutionären Führerinnen und Führern auch heute wieder auf der Tagesordnung stehen. Mit neuen Methoden wie mit Drohnen schießen sie aus 1000 km Entfernung Leute ab.
Heute kommt es noch viel mehr darauf an, dass wir Klarheit bringen. Wir sind jetzt nicht in Berlin, aber ihr könnt euch vorstellen, was für eine Debatte es da gibt. Es gibt ein furchtbares Durcheinander unter den sogenannten Linken. Die einen sind für die Ukraine, andere sind für Russland, die einen sind für die weitere Zerstörung der Umwelt, nur um den Krieg zu finanzieren. Das zeigt, dass jetzt die Zeit ist, in der wir viel aufklären müssen. Wir haben dazu einige Bücher herausgegeben, der dritte Band „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“ wird in wenigen Wochen erscheinen. Wir werden sehr viel leisten müssen, um Klarheit in diese Situation zu bringen. Das ist auch unsere Aufgabe als Partei. Wir müssen die entscheidende Mehrheit der Industriearbeiter und der breiten Massen für eine sozialistische Gesellschaft gewinnen.
Und ich sag euch eins: Zum Kampf gehört auch, sich durch komplizierte Fragen durchzukämpfen, die heute den Mainstream bilden. Ich richte mich vor allem an die Arbeiter, die sie sich manchmal schwer tun mit Büchern. Dann setzt euch doch zusammen und lest die Bücher gemeinsam und diskutiert darüber. Aber wir kommen nicht drum herum, uns diese Klarheit zu verschaffen. Das ist das Vermächtnis von Willi Dickhut, nach dem wir jetzt dieses schöne Haus umbenannt haben. Willi Dickhut hat uns gesagt, ohne Klarheit gibt es auch keine Erfolge. Das müssen wir uns auch besonders in dieser komplizierten Zeit, in der die Verwirrung, zum Teil auch die Resignation noch vorherrscht, und die Situation noch unterschätzt wird – da geht nichts über die Klarheit! Die Menschheit kann nicht überleben ohne Klarheit, das ist eine Überlebensfrage.
Ich wünsche euch allen ein gesundes frohes neues Jahr, bei dem wir ja noch am Anfang stehen! Ein kämpferisches neues Jahr, bis zur nächsten LLL-Demo hier in Gelsenkirchen.
Glückauf!