Monika Schnitzer
Wie die Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“ das Rentensystem reformieren will
Die Vorsitzende der fünf so genannten „Wirtschaftsweisen“ Frau Monika Schnitzer will die „Rente von den Löhnen abkoppeln“. Was sie meint ist: „Die Renten sollten nicht mehr so stark steigen wie die Löhne.“
Einmal abgesehen davon, dass auch die Reallöhne schon lange sinken, heißt das, sie will die Renten noch stärker absenken als bisher. Dabei haben die bisherigen „Rentenreformen“ schon zu wachsender Altersarmut geführt. 2018 lag die offizielle Armutsgefährdungsquote von über 65-Jährigen noch bei 14,7 Prozent. Bis 2021 stieg sie auf 17,4 Prozent an. [1] In Wahrheit liegt sie weit höher: 48 Prozent aller Rentner mussten schon 2018 mit einer Rente auskommen, die unter 814 Euro liegt. [2] Im Juni 2022 erhielten bundesweit fast 628.600 Menschen im Rentenalter Grundsicherungsleistungen. Das sind rund 51.000 Menschen mehr als noch im Juni 2021.[3] Der Angriff Frau Schnitzers auf die Renten mit ihrer Forderung nach Rentenkürzung ist nur ein Teil ihres Planes zur Verschlechterung des Rentensystems insgesamt.
So will sie das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln und schnell bis auf 70 Jahre oder mehr anheben. Schon 2016 forderte das „Institut der deutschen Wirtschaft“ im Namen der Monopole ein Renteneintrittsalter von 73 Jahren. Viele können aber nach jahrzehntelanger schwerer Arbeit körperlich oder psychisch nicht einmal bis 65 durchhalten, geschweige denn noch länger.
Mit ihrer weiteren Forderung „wir sollten besonders hohe Renten künftig abschmelzen“ will Frau Schnitzer Rentner und Rentnerinnen gegeneinander aufbringen. „Wer doppelt so viel in die Rentenkasse einzahlt, sollte nicht mehr automatisch doppelt so viel herausbekommen“, so der Sparvorschlag dieser „Wirtschaftsweisen“. Dabei bekommt zurzeit jemand, der 45 Jahre immer den Höchstbetrag in die Rentenkasse eingezahlt hat, rund 2962 Euro brutto oder 2636 Euro netto [4]. Insgesamt gibt es in ganz Deutschland nur wenige hundert Senioren, die eine Rente von mehr als 3000 Euro brutto erhalten, weil sie über 50 Jahre eingezahlt haben. Dass Top-Manager oft schon nach wenigen Jahren Arbeit Pensionen von mehreren Tausenden Euros täglich einsacken, kritisiert Frau Schnitzer dagegen nicht.
Schließlich fordert Frau Schnitzer, die Beitragssätze "jetzt schon anheben, um die starke Babyboomer-Generation, die bald in Rente geht, noch an den Kosten zu beteiligen". Angeblich sei eine menschenwürdige Rente aus dem Versicherungssystem nicht mehr bezahlbar, weil es zu viele Rentner und zu wenige junge arbeitende Menschen gibt. In Wirklichkeit steigt die Arbeitsproduktivität viel schneller als die Zahl der Rentner. D. h. ein Werktätiger kann heute mehr Rentner finanzieren als früher. Außerdem sank der Anteil der Rentenausgaben am Bruttosozialprodukt seit 2003 von damals 13,1 Prozent auf nur noch 12 Prozent 2019. [5]
Mit dem Schlagwort der bürgerlichen Politiker und der Unternehmerverbände von „Generationengerechtigkeit“ soll davon abgelenkt werden, dass die Renten im Kapitalismus nicht aus dem gesellschaftlich produzierten Reichtum, d.h. dem Umsatz der Unternehmen finanziert werden, sondern sich nur nach dem Lohnanteil am Umsatz richten und dann auch noch zur Hälfte von den Beschäftigten selbst eingezahlt werden. Aber Renten sind eigentlich Bestandteile des Lohnes, weil sie wie ausbezahlte Löhne der Lebenserhaltung der Arbeiter und Angestellten bzw. Rentner dienen. Und nicht nur die Rentenbeiträge, sondern alle Sozialversicherungsbeiträge sind Lohnbestandteile – auch die Unternehmeranteile.
Die MLPD fordert daher in ihrem Rentenkonzept [6]: Übernahme der gesamten Sozialversicherungsbeiträge – Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung – allein und zu 100 Prozent durch die Kapitalisten in Form einer umsatzbezogenen Sozialsteuer. Umsatzstarke Großkonzerne und Großbanken, die einen geringen Lohnanteil am Umsatz haben, müssen dann mehr einzahlen, Handwerks- und andere Kleinbetriebe mit relativ vielen Arbeitern, aber geringem Umsatz, entsprechend weniger.
Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer und 55 Jahre für Frauen und für Schicht- und Schwerarbeiter – bei vollem Rentenausgleich! Erhöhung des Rentenniveaus auf 70 Prozent des Nettoverdienstes! Keine Besteuerung von Rentenbezügen!
Lernen wir von den französischen Gewerkschaftern, die mit harten Streiks gegen die massive Verschlechterung der Rentenbestimmungen kämpfen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte in seinen Neujahrsansprachen an, dass er es dieses Mal ernst meine mit der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 64. Er sagt dazu "Umbau der Alterssicherung" und argumentiert, dass die Arbeiter und Angestellten länger arbeiten müssen, damit die "Rente auch in Zukunft finanzierbar" bleibe. So argumentieren Monopole und Staat ja in Deutschland auch. Macron hat seine Pläne in seiner ersten Amtszeit auf Eis gelegt und sucht nach seiner Wiederwahl im Frühjahr 2022 nach Durchsetzungsmöglichkeiten. Die Rentenpläne sollen am 23. Januar vom Kabinett verabschiedet werden. Kämpfen wir gemeinsam länderübergreifend gegen die Angriffe auf die Renten der Arbeiter und Angestellten!
Und gehen wir dem Übel an die Wurzel: Die Ursachen der Rentenmisere liegen im Kapitalismus. Deshalb verbindet die MLPD den Kampf für ihr Rentenkonzept mit dem Eintreten für den echten Sozialismus als gesellschaftliche Alternative.