Stuttgart
Herrn Kretschmanns angebliche Entschuldigung
Printmedien wie Spiegel, Frankfurter Rundschau und auch der SWR berichteten in den letzten Tagen über eine solche „Entschuldigung" bei den von Berufsverboten in Baden-Württemberg Betroffenen.
Angesichts eines jahrelangen Kampfes der Betroffenen und der Gewerkschaften wäre dies auch überfällig. Auch haben sich die Kapitalismuskritik und die Diskussion um eine gesellschaftliche Alternative belebt und vertieft. 19054 Menschen unterzeichneten bisher schon den Aufruf „Gib Antikommunismus keine Chance."
Von einer echten Entschuldigung Kretschmanns kann allerdings nicht die Rede sein, wenn er wörtlich sagt: "Einige mögen dann zu Recht sanktioniert worden sein, manche aber eben auch nicht." Außerdem behauptet er, es sei nur in "manchen Fällen das Augenmaß verloren gegangen." Was also in den vorab informierten Medien als Entschuldigung bei den Betroffenen verkauft wurde, ist in Wirklichkeit eine Rechtfertigung der Berufsverbote durch die Hintertür. Entsprechend sind auch die Reaktionen auf den offenen Brief.
Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus
Stefan Engel
220 Seiten | ab 12,99 €
Die Initiative der Betroffenen aus Baden-Württemberg verurteilt den faulen Apfel von Kretschmanns angeblicher Entschuldigung zurecht eindeutig: „Der nun vorliegende Offene Brief des Ministerpräsidenten enthält jedoch keine Entschuldigung bei den Betroffenen, keine Rehabilitierung, nicht einmal eine Andeutung des Themas Entschädigung. Er betont im Gegenteil, dass etlichen ganz recht geschehen sei. ... Eine solche Spaltung der Betroffenen in „Gute" und „Böse" können wir nicht akzeptieren."
Völlig zu Unrecht beruft sich Herr Kretschmann dabei auf eine seit Monaten vorliegende von ihm selbst in Auftrag gegebene Heidelberger Studie. „Denn auch diese kommt zu dem Schluss, dass generell Unrecht geschehen ist und bestätigt damit die umfangreichen Untersuchungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von 1986."(Stellungnahme der Initiative der Betroffenen)
Auch die Gewerkschaften in Baden-Württemberg nehmen eindeutig Stellung. Wie der DGB, der schreibt: "(Die angebliche Entschuldigung Kretschmanns) enthält gerade mal ein flaues Bedauern über das zigfach von baden-württembergischen Behörden begangene Unrecht. Zu einer Rehabilitation der Betroffenen ist der Ministerpräsident offenkundig nicht bereit. Das ist angesichts der eindeutigen Faktenlage ein Armutszeugnis. Als DGB bleiben wir dabei: Wir erwarten eine Entschuldigung bei den Kolleginnen und Kollegen, deren angestrebter Berufsweg durch den Radikalenerlass verhindert worden ist. Genauso erwarten wir eine Entschädigung für all diejenigen, die durch die Berufsverbote herbe materielle Einbußen erlitten haben. Das Land muss jetzt einen Entschädigungsfonds auflegen."
Um Rehabilitierung und Entschädigung muss also weiter gekämpft werden.