Nordrhein-Westfalen
Es kriselt – stagnierende oder sinkende Mitgliederzahlen bürgerlicher Parteien
Ein Abschwung der Mitgliederzahlen fast aller bürgerlicher Parteien in NRW, der zeitweise vielleicht abgebremst, aber nicht gebrochen wird.
Hierin spiegelt sich eine tiefe Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise gegenüber diesen Parteien aus, ein Ausdruck der „Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“, wie sie in dem Band 37 der Reihe „Revolutionärer Weg“ analysiert wird.
Die SPD NRW schrumpfte 2022 um rund 4000 Mitglieder und zählte Ende des Jahres noch etwa 91.000 Mitglieder. Die CDU hatte Ende 2022 noch 113.220 Mitglieder - ein Verlust von 2780 Mitgliedern (minus 2,4 Prozent) im Verlauf des Jahres. Bei den Grünen - seit Mitte 2022 Regierungspartner der CDU in NRW - bremst der Zuwachs nach den großen Sprüngen der vergangenen Jahre weiter ab. Die Mitgliederzahl stieg im Jahresverlauf leicht um knapp 400 auf 26.316 Mitte Dezember 2022. Allerdings hat sich die Zahl der Grünen-Mitglieder in NRW seit der Wahlniederlage 2017 mehr als verdoppelt. Bei der FDP, die bei der Landtagswahl im Mai herbe Verluste hinnehmen musste und aus der Regierung geflogen war, stagniert die Mitgliederzahl. Derzeit haben die Liberalen in NRW nach Parteiangaben knapp unter 20.000 Mitglieder.
Die wieder nicht in den Landtag gewählte NRW-Linke musste 2022 eine Austrittswelle verkraften. Mitte Dezember 2022 hatte der Landesverband noch rund 7780 Mitglieder - knapp 830 weniger als ein Jahr zuvor (Dezember 2021: 8609). Rund 5300 Linke-Mitglieder sind Männer und rund 2480 Frauen. Binnen eines Jahres traten mehr als 1150 Mitglieder aus der Linken aus, rund 370 neue kamen hinzu. Seit Oktober flacht die Austrittswelle ab. (1) Bei der AfD NRW hat die Mitgliederzahl nach Angaben der Partei die Marke von 5.000 überschritten. Zwar sprach AfD-Landeschef Martin Vincentz von einem "enormen Zuspruch", doch schon in den Vorjahren hatte die AfD laut Umfragen der dpa Mitgliederzahlen von über 5.000 in NRW. (2)
Die Mitgliederzahlen der bürgerlichen Parteien sind seit Gründung der Bundesrepublik schwankend. Mit Ausnahme der Grünen und später der faschistoiden AfD hatten sie jedoch alle mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 ihren Zenit überschritten. Die Mitgliederzahlen gingen ab da bundesweit erheblich zurück. (3) Besonders stark wirkt sich die Krise des Reformismus aus. Die Massen erleben, dass sie bei der Klassenzusammenarbeitspolitik à la SPD oder in der „linken“ Variante der Partei „Die Linke“ trotz kleinerer Zugeständnisse letztlich nur verlieren können. Diese Krise erfasst auch die CDU, die in weiten Teilen ebenfalls eine reformistische Politik macht und auch wegen offen reaktionärer Standpunkte in die Kritik gerät.
Die „Grünen“ erlebten ihren Boom in den Jahren 2019 bis 2021, als mit der sich zuspitzenden Umweltkrise das Vertrauen in die Regierungsparteien CDU und SPD sank und das Umweltbewusstsein sich auf breiter Front entfaltete. Auch keine Blüte auf Dauer. Mit der anwachsenden antikapitalistischen Tendenz bei „Fridays for Future“ gerieten die „Grünen“ selbst ins Fadenkreuz. Immer mehr Umweltaktivisten kritisierten deren Unterordnung unter das fortschrittshemmende internationale Finanzkapital, dem Hauptverursacher der globalen Umweltkrise. Die von den Grünen-Landesministern in NRW mitverantwortete Räumung und Abbaggerung von Lützerath wird diesen Klärungsprozess verstärken. Trotz wohl stagnierender Mitgliederzahlen bei der AfD in NRW ist deren raffinierte sozialfaschistische Demagogie und Pseudo-Regierungs- und Systemkritik nicht zu unterschätzen und muss offensiv bekämpft werden. Verstärken wir unsere Anstrengungen, damit die Arbeiter und die Massen nicht nur erkennen, was sie nicht wollen, sondern auch, welchen Weg sie zur revolutionären Befreiung von diesem krisengeschüttelten imperialistischen System sie nehmen müssen.