Corona- und andere Medikamente

Corona- und andere Medikamente

Reiche Staaten beharren auf Patentschutz

Während der Corona-Pandemie war ein beschämendes Schauspiel, wie der Patentschutz auf Impfstoffe verhinderte, dass ärmere Länder diese selbst produzieren.

Von gis
Reiche Staaten beharren auf Patentschutz

Jetzt spielt sich das Gleiche mit Corona-Medikamenten ab. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat jetzt eine Frist ergebnislos verstreichen lassen: Die 164 Mitgliedsländer wollten bis gestern entscheiden, ob es Patentschutzlockerungen für solche Medikamente und Tests geben wird. Ein entsprechender Beschluss scheiterte am Widerstand der reicheren Länder, in denen Pharmakonzerne ansässig sind. Die Frist wurde auf unbestimmte Zeit verlängert.

 

Für Corona-Impfstoffe bestehen gewisse Patentschutzlockerungen seit Juni. Dafür hatten mehr als 100 Länder monatelang gekämpft. Ihr Vorschlag wurde allerdings stark verwässert. "Soweit wir wissen, hat kein einziges Land aufgrund des Beschlusses mit der Produktion begonnen", sagt Piotr Kolczynski von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Zwar seien u.a. Exportrestriktionen für Generika-Hersteller aufgehoben worden, da aber kein Technologietransfer vereinbart wurde, hätten potenzielle neue Hersteller nicht das nötige Wissen für die Produktion.

 

Die Produktion von Corona-Medikamenten und -Tests ist einfacher. Nach Angaben der Allianz "People's Vaccine" leben in Ländern mit niedrigen oder mittlerem Einkommen 84 Prozent der Weltbevölkerung, doch werde dort nur jeder 50. Corona-Test durchgeführt. Nur ein Bruchteil der Produktion von Corona-Medikamenten wie Paxlovid oder Molnupiravir sei in armen Ländern angekommen.

 

Das Argument der Pharmakonzerne, eine Lockerung oder gar die Abschaffung des Patentschutzes dämpfe die Innovationslust, bedeutet in Wirklichkeit, dass sie Innovation und Medikamentenproduktion rein vom zu erreichenden Profit abhängig machen. Gesundheit und Menschenleben sind ihnen egal. Zur Zeit haben mehr Kinder als sonst Atemwegsinfektionen. In dieser Situation wird bekannt, dass einer der größten Anbieter von paracetamol- und ibuprofenhaltigen Kinderarzneimitteln "die Winterbevorratung abgesagt" habe. Dies teilte der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe gemäß § 52b Absatz 3b Arzneimittelgesetz (AMG) mit.

 

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat die Bevölkerung dazu aufgerufen, sich gegenseitig auszuhelfen und "Medikamenten-Flohmärkte" zu veranstalten. Auch verschreibungspflichtige und abgelaufene Medikamente könnten über diesen Weg verteilt werden. Nichts gegen Hilfsbereitschaft, Leihgaben und Flohmärkte. Aber das ist doch ein Hammer. In einem der reichsten Länder der Welt, wo in der Spitzenmedizin maßgeschneiderte personalisierte Medikation und Therapie möglich sind, werden auf Flohmärkten abgelaufene Medikamente für Kinder und verschreibungspflichtige Betablocker und Antibiotika vertickt, weil die dafür zuständigen Betriebe die Produktion drosseln oder einstellen. Weil sie nicht genug daran verdienen. In einer Planwirtschaft im echten Sozialismus undenkbar.