Gesundheit
Medikamentenmangel – Symptom eines kranken Systems
Wer heute für seine Kinder ein fiebersenkendes Mittel in der Apotheke kaufen will, wird abgewiesen, weil es das gegenwärtig nicht zu kaufen gibt: „Lieferengpass!“ Man könnte meinen, es liege an der gegenwärtigen ungewöhnlich hohen Welle von Fieber- und Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung. Das aber stimmt nicht.
Einen Medikamentenmangel gibt es seit Jahren. In Deutschland haben sich die Lieferengpässe für Medikamente von 2017 bis 2019 jeweils nahezu verdoppelt. EU-weit verzwanzigfachten sich zwischen 2000 und 2018 Medikamenten-Lieferengpässe. Aktuell sind ca. 370 Medikamente nicht verfügbar, u.a. auch Antibiotika und Brustkrebs-Therapeutika wie Tamoxifen.
Dabei muss man zwischen solchen Produkten unterscheiden, die weltweit nicht mehr in ausreichender Menge produziert werden, und den Medikamenten, die auf dem deutschen Markt nicht verfügbar sind, obwohl sie in ausreichenden Mengen international produziert werden. Letztere sind vor allen Dingen so genannte „Generika“, also Medikamente, deren Patent ausgelaufen ist und die jeder herstellen kann. Deren Preise sind in Deutschland gedeckelt und im internationalen Vergleich eher günstig. Deswegen sei der deutsche Markt für Generika im internationalen Wettbewerb uninteressant.
"Anreize" für die Pharmakonzerne als Lösung
Hubertus Cranz vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller weint Krokodilstränen darüber, dass die Deckelung der Medikamentenpreise dazu führe, „dass man in die roten Zahlen kommt“ und „es lohnt sich dann nicht, die Produkte weiterhin auf den Markt zu bringen.“ (NDR.de 20.12.) Und das ist schlicht gelogen: Die fünf weltgrößten Pharmakonzerne fahren 2022 allein ca. 100 Milliarden Dollar Profite ein! Es geht der Industrie nicht um Gesundheit, sondern um Maximalprofite. Es ist also reine Heuchelei, wenn er gleichzeitig bedauert, mit dem hohen Krankenstand entstand eine „Situation, auf die sich die Industrie in dieser Form auch nicht einstellen konnte.“
Die Bundesregierung setzt mit ihren Maßnahmen bei der Steigerung der Profite der Pharmakonzerne an, indem die Deckelung der Medikamentenpreise durch die Krankenversicherung faktisch aufgehoben wird – 50% mehr als den vorgesehenen Festbetrag sollen die Krankenkassen an die Hersteller zahlen und somit einen „Anreiz“ schaffen. Die Produktion in Europa soll ausgebaut werden, indem man den Krankenkassen auferlegt, einen Teil dieser Medikamente vom europäischen Markt zu kaufen - auch wenn diese Medikamente aktuell eben nicht in Europa (in ausreichender Menge) produziert werden. "Das wird ein paar Jahre brauchen, aber es wird schnell anfangen", wo möglich soll auch ein Zuschlag für europäische Produkte durch die Krankenkassen gezahlt werden. Dass am Ende die Beitragszahler die Zeche zahlen, ist absehbar. Die Preise werden insofern nur subjektiv gering gehalten.
Es zeigt sich auch hier, dass die Monopole im staatsmonopolistischen Kapitalismus „sich den Staat vollkommen untergeordnet (haben), und die Organe des Monopolkapitals mit den Organen des Staatsapparates verschmolzen sind. Sie haben ihre alleinige Herrschaft über die gesamte Gesellschaft (…) errichtet.“ (Programm der MLPD, S. 31)
Das kapitalistische Gesundheitssystem bleibt unheilbar
Hier nützt es auch nichts, wie die Linkspartei zu lamentieren: „Die Pharmaindustrie muss dem Gemeinwohl verpflichtet und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.“ (Linkspartei-Sprecherin Janine Wissler, 20.12.) Die Konzerne werden sich ihre DNA, das Streben nach Maximalprofiten, nicht ausreden lassen. Statt den Kampf gegen die Umverteilung der Gelder von unten nach oben und gegen die Zunahme der gesellschaftlichen Armut durch die Inflation offensiv zu führen, appelliert sie an die Regierung, einen Sofortplan zu erstellen. Das tut sie auch gegen die Interessen der Massen.
"Demokratische Kontrolle" des kranken Gesundheitssystems ist eine Illusion. Dieses menschenverachtende System der Ausbeuter und Kriegstreiber muss revolutionär überwunden und im Sozialismus eine Politik entwickelt werden, wo der Mensch und seine Gesundheit im Mittelpunkt stehen.
Natürlich heißt das nicht, dass solche drängenden Probleme nicht im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten angegangen werden müssen. Schon heute stellt die MLPD deshalb die Forderung nach einer kostenlosen und gründlichen Gesundheitsversorgung und die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch eine umsatzbezogene Unternehmenssteuer auf. (Programm der MLPD, S. 124f)