KSK | Hintergrund

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Faschismus: Schnittmenge von KSK und „Patriotischer Union“

Bei der Polizeirazzia am 7. Dezember gegen die faschistischen Reichsbürger und ihre Putschpläne wurden Verbindungen bis in hohe staatliche Stellen bekannt. Ehemalige und aktive Mitglieder von Bundeswehr und "Kommando Spezialkräfte" (KSK) sind ebenfalls beteiligt. Mehrfach wurden beim KSK Faschisten enttarnt.

Von Fu
Faschismus: Schnittmenge von KSK und „Patriotischer Union“
Links das Wehrabzeichen der SA (Quelle: Bundesarchiv), rechts das Barett-Abzeichen des KSK

Anlass, das KSK nicht nur in den letzten Jahren, sondern in seiner gesamten Entwicklung zu betrachten. Die jetzt als Mitverschwörer der „Patriotischen Union“ identifizierten Offiziere sind hierfür ein Bezugspunkt, denn sie sind von Anfang bis Ende mit dem KSK verbunden.

 

Bereits die Symbole des KSK sind auffällig. Ihr Barett-Abzeichen (s. Titelbild) hat eine erschreckende Ähnlichkeit mit dem Wehrabzeichen der SA. Die Ähnlichkeit ist ziemlich exklusiv. Es gibt in der Bundeswehr nur eine andere Einheit, die ein Schwert im Barett-Abzeichen führt, die Heeresflieger. Ansonsten war ein Schwert auch im Truppenerkennungszeichen des Sonderverbands „Brandenburg“ des Amtes Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht. Als internes Verbandsabzeichen haben sich die Angehörigen eine Variante des Barett-Abzeichens gewählt: dargestellt auf einem schwarzen Schild mit weiß-rotem Rand. Der nach oben zeigende Pfeil auf ihrem offiziellen Verbandsabzeichen hinter dem herabstürzenden Adler und als ihr taktisches Zeichen soll ebenfalls das Schwert repräsentieren.

 

„Interne“ Verbandsabzeichen werden im Gegensatz zu den allgemeinen Verbandsabzeichen freiwillig getragen und ihre Anschaffung erfolgt auf eigene Kosten. Sie sollen die Zusammengehörigkeit der Einheit fördern und dienen zugleich der Eigendarstellung. Es gibt in der Bundeswehr etwa 4700 eigene interne Verbandsabzeichen.

 

Im Bild das Interne Verbandsabzeichen des KSK (links oben) und des Fallschirmjägerbatallions 251 (rechts unten).

 

Den höchsten Rang unter den Verschwörern und den zweithöchsten dem Bundeswehr-Dienstgrad nach hat der ehemalige Oberstleutnant Rüdiger Wilfried Johann von Pescatore, einer der mutmaßlichen Rädelsführer der „Patriotischen Union“. Pescatore wird allgemein nicht mit dem KSK in Verbindung gebracht. Das ist insofern richtig, als dass er selbst nie Mitglied des KSK war. Aber: Er war von 1993 bis 1996 Kommandeur des Verbands, aus dem das KSK dann 1996 hervorging: dem Fallschirmjägerbataillion 251, stationiert in Calw, in derselben Kaserne, die heute der Standort des KSK ist. Es ist anzunehmen, dass die Traditionen der Fallschirmjäger das KSK von Anfang an prägten. Und dieses Traditionsverständnis ist auffällig. Das Fallschirmjägerbatallion 251 unterhielt enge Kontakte zu Veteranen der 78. Sturm-Division der Wehrmacht; so eng, dass es das Abzeichen dieser Wehrmachtsdivision (den Panzerhandschuh) in ihr internes Verbandsabzeichen übernahm. Man könnte sagen, dass der Hang zu fragwürdigen Symbolen schon im Keim des KSK angelegt war.

 

Pescatore war außerdem Leiter des Projekts Ausbildungssatz Fremdwaffen und damit verantwortlich für die Kontrolle von Waffen der ehemaligen NVA und Volkspolizei, die in der Bundeswehr Ausbildungszwecken dienen sollten. Diese Position nutzte er aus, um zwischen 1993 und 1996 frühere NVA-Waffen zu unterschlagen. Von Dezember 1996 bis Mai 1997 saß er deswegen in Untersuchungshaft. Die Unterschlagung und Weitergabe von elf Waffen wurden ihm nachgewiesen: Zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung. 165 funktionsfähige Waffen wurden weiter vermisst.

 

Der Offizier mit dem höchsten Dienstgrad unter den bisher bekannten Verschwörern ist Oberst Maximillian Eder. Er war früher Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 112 und dann von dessen Aufstellung 1996 bis zu seiner Pensionierung 2016 im KSK – 20 Jahre. Er ist seit 2021 auf Querdenker-Demonstrationen teils in seiner alten Uniform aufgetreten und rief offen zum Umsturz auf. Er wurde in Italien festgenommen. Ihm war die Flucht bis dorthin möglich, weil er durch eine Gefährderansprache des Landeskriminalamts (LKA) Bayern mindestens eine Woche vor der Razzia durch eine hinterlassene Nachricht gewarnt wurde, „aus Gründen der Gefahrenabwehr“. Mutmaßlich konnte Eder daraufhin auch weitere Mitverschwörer warnen.

 

Mit Oberstabsfeldwebel Andreas M. wurde auch zumindest ein aktives Mitglied des KSK verhaftet. Das Verteidigungsministerium versuchte den Eindruck zu erwecken, dass dies nicht so kritisch war, weil er keine Ausbildung zum Kommandosoldaten hatte – er war im Bereich Logistik/Versorgung des KSK tätig. In Wirklichkeit liegt darin eine besondere Brisanz, denn damit hatte M. höchstwahrscheinlich Zugang zu Waffen aller Art.

 

Gerade erst 2020 waren ca. 85.000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff aus den Beständen des KSK verschwunden. Der damalige Kommandeur des KSK, Brigadegeneral Markus Kreitmayr, reagierte: Er gab Angehörigen des Kommandos von Anfang 2020 bis Ende April 2020 die Möglichkeit, unrechtmäßig oder „sorglos“ angeeignete Munition anonym und damit straffrei zurückzugeben. In einem Schreiben der KSK-Führung an den Verband wurde dies als „Amnestie“ bezeichnet. Der Großteil der verschwundenen Munition und Sprengstoffe blieb verschwunden, obwohl im Mai 2020 die sächsische Polizei auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten ein Waffenlager ausgehoben hatte. Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte am 15. Juni 2021 die „turnusgemäße“ Versetzung Kreitmayrs an. Nachdem er den Auflösungsappell der 2. Kommandokompanie (die wegen faschistischer Durchseuchung aufgelöst werden musste) am 1. August noch abgenommen hatte, wurde er im September 2021 versetzt – jetzt ist er Abteilungsleiter Ausbildung Streitkräfte im Streitkräfteamt in Bonn!

 

Die beiden anderen bisher namentlich bekannten Soldaten aus dem Kreis waren Zeitsoldaten: Peter Wörner, geboren 1968, aus Hollfeld, diente bis in die 1990er Jahre als Soldat auf Zeit im selben Bataillion wie Rüdiger von Pescatore. Der vorbestrafte Marco v. H. war bei der Corona-Protestbewegung in Pforzheim aktiv, wo er sich um die Rekrutierung weiterer Mitglieder für die Gruppe bemüht haben soll.

 

All diese Informationen verfestigen das Bild des KSK als einem Knoten krimineller und faschistischer Umtriebe, die sich aber keinesfalls auf das KSK beschränken. Nicht nur gab es auch in anderen Bundeswehreinheiten seit der Wiederbewaffnung immer wieder faschistische Tendenzen und eine Fortsetzung der Traditionen der Hitler-Wehrmacht. Die allermeisten Soldaten, die im Zusammenhang mit faschistischem Gedankengut aufgefallen sind, werden nicht aus der Truppe entfernt, sondern versetzt. Selbst die meisten Angehörigen der unrühmlichen 2. Kommandokompanie, deren Entwicklung nach einer Vielzahl von Vorfällen in der so genannten Schweinekopf-Party mit Rechtsrock und Hitlergrüßen gipfelte, sind nach der Auflösung ihrer Einheit auf andere Einheiten außerhalb des KSK verteilt worden. Durch solche Versetzungen und das Herausbefördern in wichtige Schlüsselpositionen wird der faschistische Krebs gestreut, gewinnen ohnehin einflussreiche Offiziere neue Verbindungen. In Anbetracht der Offensichtlichkeit dieses Problems fällt es schwer, darin keine Absicht zu sehen.