UN-Biodiversitätskonferenz
Offene Bankrotterklärung der imperialistischen Umweltpolitik
Vom 7. bis 19. Dezember findet die 15. UN-Biodiversitätskonferenz, auch „Weltnaturkonferenz“ genannt, in Montréal statt.
Die Biodiversität umfasst die Summe der verschiedenen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde, weiterhin die Vielfalt der Ökosysteme und der Varietäten (Kultursorten, geografische Rassen) aller Spezies.¹ Trotz der Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) von 1992 nahmen das Artensterben und die Zerstörung von Ökosystemen beschleunigt zu. Das ist eine offene Bankrotterklärung der bürgerlichen Umweltpolitik. 27 gescheiterte Klimakonferenzen lassen grüßen. Mit markigen Worten wie „Orgie der Zerstörung“, „Krieg gegen die Natur“ und „Versprechen müssen gehalten werden“ eröffnete der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres die Konferenz.
Beschleunigtes Artensterben und Verlust an Ökosystemen
Rund eine Million der sieben Millionen Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. 25 Prozent der Säugetierarten, 12 Prozent der Vogelarten, über 30 Prozent der Haie und Rochen sowie 40 Prozent der Amphibienarten sind betroffen.²
Die Ausbeutung der Natur bis an ihre Grenzen aus Profitgründen durch die internationalen Konzerne, Umweltverschmutzung durch Gifte und Pestizide, Flächenversiegelung und die Klimaerhitzung treiben die dramatische Entwicklung voran. Wüstengebiete wachsen, 85 Prozent der Feuchtgebiete und 32 Prozent der Waldfläche gingen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit verloren. Bei zwei Grad Erderhitzung sterben in Wechselwirkung mit Meeresversauerung und Vermüllung 99 Prozent der Korallenriffe. Dies gefährdet die Meere, die zweitgrößte „grüne Lunge“ der Erde.
Ökologische Schlüsselarten für die Lebensgemeinschaften und Ernährung wie die Wildbienenarten sind in Deutschland zur Hälfte vom Aussterben bedroht, 7 Prozent sind bereits ausgestorben. Schmetterlinge sind zu 40 Prozent gefährdet oder ausgestorben. Weniger als 10 Prozent der Flüsse, Seen und Küstengewässer sind in einem guten ökologischen Zustand. Erkämpfte Naturschutzgebiete an der Küste sind durch intensive Fischerei, Öl- und Gasbohrungen gefährdet.
Nicht so schlimm, wenn einige Arten aussterben?
Das verkennt die Bedeutung der bedrohten Gesamtheit als biologische Lebensgrundlage der Menschheit. Sie sind die Grundbedingung der Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens. Die relative Stabilität und Plastizität der Ökosysteme ist vielfach auf die große Mannigfaltigkeit der Pflanzen- und Tierwelt zurückzuführen. Das gilt besonders für Ökosysteme, die auf extreme Umweltbedingungen spezialisiert sind und empfindlich auf Stressfaktoren reagieren.
Ablenkungsmanöver von den Hauptverursachern
Guterres hat bei seiner Eröffnungsrede gleich den Verursacher der Katastrophe erkannt: den Mensch! „Mit unserem bodenlosen Appetit auf unkontrolliertes und ungleiches wirtschaftliches Wachstum ist die Menschheit zu einer Massenvernichtungswaffe geworden“.³ Damit bläst er in das Horn der kleinbürgerlichen Kritik am „Turbokapitalismus“ und nimmt den Imperialismus als Verursacher dieser Entwicklung völlig aus der Schusslinie. Es ist eben nicht der Mensch, der das hier verantwortet, sondern ein System, das die es beherrschenden Monopole systematisch und gesetzmäßig die natürliche Umwelt zerstören lässt – auf der Jagd nach Maximalprofiten für ebendiese Monopole.
Ursache – Kapitalismus!
Längst ist die gesetzmäßige Auflösung der Einheit von Mensch und Natur im Imperialismus Bestandteil seiner beschleunigten Krisenhaftigkeit. Der Verlust der Artenvielfalt und Zerstörung der Ökosysteme ist Ergebnis der beschleunigten Entwicklung hin zu einer globalen Umweltkatastrophe durch neun Hauptfaktoren und weiterer Faktoren, immer stärker durch ihre Wechselwirkung, wie sie Stefan Engel im Buch „Katastrophenalarm“ analysierte. Mit seinem idealistischen Aufruf zum „Friedensschluss mit der Natur“ will Guterres nur eine ernsthafte Infragestellung des Kapitalismus verhindern, wie er sich mit einer gewachsenen antikapitalistischen Tendenz in der Umweltbewegung zu entwickeln beginnt. Ohne Beseitigung des Kapitalismus, keine Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft!
„Paris-Moment“ als Lösung?
Die Chefin der UN-Konvention, Elisabeth Mrema, wünscht sich sogar ein „Paris-Moment“ für die Biodiversität. Abgeschmackter und realitätsfremder geht es nicht, wenn sie das längst vollends gescheiterte Pariser Klimaabkommen von 2015 als Vorbild anpreist. Es dient zur Täuschung der Massen und Ausbremsung der wachsenden Umweltbewegung. Die Umweltbewegung muss sich von solchen Illusionen endgültig verabschieden. Verhandelt wird über die Ausweitung von Schutzgebieten an Land und auf See auf 30 Prozent der Fläche, die Abschaffung von Plastikmüll und die Finanzierung des Artenschutzes. Das ist ein Zugeständnis an die wachsende Kritik und an die Proteste. Aber es greift viel zu kurz. Doch selbst der ungenügende Entwurf der Abschlusserklärung enthält noch 850 mit eckigen Klammern versehene Textstellen (85 Prozent) als Formulierung, bei denen keine Einigkeit besteht. Die Konferenz wird aller Voraussicht nach krachend scheitern! Die gesetzten "Ziele" sind völlig unzureichend und es bleibt außerdem abzuwarten, was von dem, was auf dem Papier steht, letztendlich in der Wirklichkeit übrig bleibt.
Neue Herausforderungen im Kampf
Schon 2014 hat die MLPD ihr Programm für den Kampf gegen die drohende Umweltkatastrophe vorgestellt. Mit der Unterordnung des Umweltschutzes unter den Kriegskurs und der Vorbereitung eines Dritten Weltkrieges und der Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf die Massen, stehen Umwelt-, Arbeiter und Friedensbewegung vor neuen Herausforderungen. Sie müssen ihre Kräfte bündeln und vereinen, auch international in einer antifaschistischen und antiimperialistischen Einheitsfront mit der Perspektive des Kampfes für den echten Sozialismus.