Gefährliche Schadstoffe
70 Jahre nach dem „Great Smog“ in London keine Entwarnung bei Luftverschmutzung
Vor 70 Jahren, vom 5. bis zum 9. Dezember 1952, hing über London ein gelblicher und übelriechender Dunst. Etwa 12 000 Menschen verloren hierdurch ihr Leben, ca. 100 000 Bewohner Londons erkrankten.
Besonders kleine Kinder und Ältere, sowie Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen waren stark betroffen. Verursacht wurde diese dramatische Situation durch eine besondere Wetterlage: Die sehr niedrigen Temperaturen zwangen die Bevölkerung, mehr Kohle als gewöhnlich zu verbrennen. Rußpartikel, Kohlendioxid und weitere Gase wie das für die Atemwege giftige Schwefeldioxid gelangten im Umfang von hunderten Tonnen in die Luft. Die erste Sorge der Londoner Politiker galt dem Flugverkehr, bevor die hohen Todeszahlen aufschreckten. Erst 1956 wurden Gesetze verabschiedet, die zu einer besseren Luft in London und anderen britischen Großstädten führten. [1]
Wie sieht die Situation heute aus?
Im April 2022 wurde eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Luftqualität veröffentlicht. Dabei wird festgestellt, dass 99 Prozent der Weltbevölkerung an Orten lebt, an denen die Luftqualitätsstandards der WHO nicht eingehalten werden. „Die WHO-Empfehlung von 2021 für die Langzeitbelastung mit Feinstaub PM2.5 liegt bei 5 statt bisher 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (EU-Grenzwert 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft), die für Feinstaub PM10 bei 15 statt bisher 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (EU-Grenzwert 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft). Deutlich fällt die Absenkung des Jahresgrenzwerts bei Stickstoffdioxid von bisher 40 auf nunmehr 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft aus.“ [2]
Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?
336 Seiten
ab 13,99 €
Allein in der Europäischen Union sterben laut Ärzteblatt vom 17. November 2021 mehr als 300 000 Menschen vorzeitig aufgrund der Belastung durch Feinstaub und anderer Luftschadstoffe, wie Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon. Insbesondere die Feinstäube PM2.5 (Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer bei mehr als 50 Prozent der Teilchen, der Rest ist bis 10 Mikrometer groß) können bis in die Lunge und ins Blut eindringen. Sie sind mit verantwortlich für Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle und Lungenkrankheiten und verursachen somit verfrühten Tod. Die Feinstaubbelastung hat ihre Ursache vor allem in der Verbrennung fossiler Energieträger, wie Kohle, Öl und Gas. Weiter sind der Verkehr mit Reifen- sowie Bremsabrieb dafür verantwortlich.
Die Unterordnung der EU-Kommission unter die Interessen der internationalen Automobilkonzerne, insbesondere aus Deutschland, verhinderte bisher schärfere Grenzwerte. Auch der jetzige Rollback in der Energiepolitik der deutschen und anderer Regierungen mit Wiederanfahren von Kohlekraftwerken verschärft die Situation, statt sie zu reduzieren. Mit diesen Maßnahmen wird die EU-Kommission ihr Ziel, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaubbelastung bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu senken, bestimmt nicht erreichen.
Auch wenn durch verschiedene Maßnahmen, wie Rauchgasreinigung oder Senkung des Ausstoßes von Stickoxid bei Fahrzeugen die Luftqualität in den letzten Jahren verbessert wurde, so ist noch lange keine Entwarnung angesagt. Weltweit sterben durch Luftverschmutzung und andere Umweltgifte ca. 9 Millionen Menschen vorzeitig. [3]
Schon 2014 wurde im Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ von Stefan Engel festgestellt: „Besonders in den Groß- und Megastädten ist der Verkehr die Hauptquelle von Feinstaub und Stickoxiden. Wenn die verschiedenen Bestandteile der Luftverschmutzung wechselwirken, können verheerende Folgen eintreten. So bildet sich bei gewissen Wetterlagen Smog, eine gefährliche Mischung aus Staub, Stickoxid, Schwefeldioxid und Wasserdampf. Diese reagieren miteinander und es entstehen Säuren, die eine stark lungenschädigende Wirkung haben.“ (S. 175)
Der Kampf gegen diese Luftverschmutzung muss ein Bestandteil des Kampfes gegen die drohende Umweltkatastrophe sein. Er erfordert die sofortige Reduzierung der Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Umstellung der wachsenden Verkehrsbelastung auf vermehrten öffentlichen Verkehr. Erst in einer sozialistischen Gesellschaft, die nicht mehr auf den Profit ausgerichtet ist, sondern auf die Einheit von Mensch und Natur, wird diese Leitlinie konsequent verfolgt werden.