Kollegen können nicht aufatmen

Kollegen können nicht aufatmen

Tesla lässt sich auf Steuerkosten in Grünheide neuen Bahnhof bauen

Als die Gigafactory von Elon Musk in Grünheide geplant und auch realisiert wurde, blieb eines unberücksichtigt: Der Arbeitsweg der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten, die nicht mit dem PKW anreisen. Ausbeuten ja, aber der Weg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und zurück wurde zur Privatsache erklärt; und zum eigenen Risiko.

af und Landesleitung Berlin-Brandenburg der MLPD

Als die Gigafactory von Elon Musk in Grünheide geplant und auch realisiert wurde, blieb eines unberücksichtigt; der Arbeitsweg des Personals, das nicht mit dem PKW anreist. Ausbeuten ja, aber der Weg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und zurück wurde zur Privatsache erklärt; und zum eigenen Risiko. Als minimales Zugeständnis bietet Tesla zwar einen Bus-Transfer nach Fangschleuse und zu anderen nahe gelegenen Bahnhöfen an, aber damit wird das Problem nur verlagert.

 

Vielleicht ist das eigene Risiko Standard in den USA, in Mexico oder in China, wo es schon Gigafactorys gibt, aber noch gibt es hier in Deutschland gewisse Standards, die von den Arbeitern erkämpft wurden oder als Zugeständnisse der Herrschenden. So wurde zu Beginn der Industriealisierung, um die Arbeiter aus den Mietskasernen an ihre Arbeitsplätze befördern zu können, ein umfangreiches Verkehrsnetz aus der Taufe gehoben. Dieses gibt es hier in Grünheide nicht. Der provinzielle Bahnhof Fangschleuse ist nicht auf das Wachstum ausgerichtet und nicht den sich rasant verändernden  Bedingungen entsprechend ausgestattet.

 

Der sich nordöstlich vom Werksgelände befindliche öffentliche Bahnhof wird von den Beschäftigten aus Berlin und aus der örtlichen Region genutzt.  Bei Schicht-Wechseln ist der sehr kleine und schmale Bahnsteig mit den Arbeitern regelmäßig überfüllt. Hauptsächlich schwarz gekleidetes Personal ist anzutreffen, was keineswegs an einer entsprechenden Vorschrift liegt, die Firmen-Kleidung bei An- und Abreise zu tragen, es hat mit den Bedingungen auf dem Werksgelände zu tun, auf welchem der Weg zur Umkleide sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, so dass man auf das sich Umziehen verzichtet.

 

Eigenen Angaben zufolge rechnet die Deutsche Bahn künftig mit bis zu 16.300 Fahrgästen am Tag, hauptsächlich aus dem Tesla-Umfeld. Derzeit seien es etwa 1.000. Deshalb will sie 200 Millionen Euro für die Verlegung des Bahnhofs in die Nähe des Werks investieren. Diese Zahl wurde am  22. November 2022 bei einer Projektvorstellung im Grünheider Ortsteil Hangelsberg (Oder-Spree) genannt.

 

Ob die Kollegen jetzt aufatmen können? Leider nicht! Der Baubeginn ist erst für 2025 vorgesehen; der neue Bahnhof soll erst Ende 2026 in Betrieb gehen. Die geschätzten Kosten werden allein vom Bund getragen und werden als "variabel" angesehen, da sie abhängig von der Preisentwicklung seien. Und eine Beteiligung von Tesla an den Kosten? Fehlanzeige!

 

Ist das nicht ein klassisches Beispiel dafür, dass in diesem System praktisch jeder Wunsch erfüllt werden kann, solange man nur über einen entsprechenden Namen und entsprechendes Vermögen verfügt? Auf den Punkt gebracht: Das ist ein Beispiel für den staatsmonopolistischen Kapitalismus in Reinkultur.

 

Das Projekt Fangschleuse sieht aber nicht nur den Umbau für das Personal vor, sondern es soll auch - oder vielleicht fast ausschließlich - darum gehen, dass die für die Produktion benötigten Komponenten zum Werk und die produzierten PKW auf einer veränderten und verbesserten Gleisanlage besser abtransportiert werden können. Bei einer angestrebten Kapazität von 500.000 Pkw im Jahr und mehr könnte man annehmen, dass es hier  hauptsächlich um umweltverträgliche Maßnahmen geht, so wie Elon Musk seine PKWs als umweltfreundliche Fortbewegungsmittel im Individualverkehr anpreist. Zur Zeit gibt es einen Verkehr durch 1.200 LKW-Fahrten am Tag; bei derzeit 1.000 produzierten PKW pro Woche. Weil der Transport durch LKW bei der angestrebten Stückzahl logistisch aber nicht mehr problemlos geleistet werden kann, soll auf den Güterverkehr durch die Schiene umgestellt werden. Und der steuerfinanzierte Ausbau des Schienennetzes und der Rückgang der Kosten durch den LKW-Verkehr wird sich dementsprechend positiv in den Bilanzen ausweisen lassen.