Bundesrat winkt Verschärfung des Volksverhetzungs-Paragrafen durch

Bundesrat winkt Verschärfung des Volksverhetzungs-Paragrafen durch

Dieses antikommunistische Willkürgesetz muss vom Tisch!

In seiner gestrigen Sitzung hat der Bundesrat ohne jegliche Diskussion beschlossen, keinen Einspruch gegen die Verschärfung des § 130 StGB einzulegen. Die Abstimmung schloss sich damit nahtlos an die „Nacht-und Nebelaktion“ an, mit der die Verschärfung im Bundestag durchgedrückt worden war.

RA Frank Jasenski

Dort wurde der bis dahin unbekannte Text am Abend vor der Bundestagsabstimmung an eine Änderung des Bundeszentralregistergesetzes angehängt. Gestern wurde im Bundesrat im Block mit rund einem Dutzend anderer Gesetze innerhalb von zwei Minuten ohne jede Wortmeldung beschlossen, keinen Einspruch gegen diese Gesetzesverschärfung einzulegen. Den Vorsitz zu diesem Tagesordnungspunkt hatte der der Linkspartei angehörende Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow. Dabei hatte seine Partei bei der Abstimmung im Bundestag völlig zu Recht noch gegen das Gesetz gestimmt.

 

Damit hat der Bundesrat den Weg für eine Gesetzesverschärfung freigemacht, die antikommunistischer Willkür Tür und Tor öffnen kann. Er hat sich damit auch arrogant über Kritiken aus zahlreichen Bereichen der Gesellschaft hinweggesetzt. Auf Initiative der Rechtsanwälte Roland Meister und Frank Jasenski hatten weitere Rechtsanwälte und Vertreterinnen und Vertreter politischer Organisationen mit der Unterzeichnung eines Offenen Briefs gefordert, diesen Willkürparagrafen zu verhindern: Dr. Nikolaus Brauns, Journalist und Historiker (Berlin); Mathes Breuer, Rechtsanwalt; Gabi Fechtner, Vorsitzende der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD); Süleyman Gürcan, Ko-Vorsitzender der Konföderation der ArbeiteriInnen aus der Türkei in Europa (ATİK); Andrej Hunko, Mitglied des Bundestages (Partei Die Linke); Monika Morres, AZADI - Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.; Iñigo Schmitt-Reinholtz, Rechtsanwalt; Peter Weispfenning, Rechtsanwalt.

 

Offener Brief gegen die Verschärfung des Paragrafen 130 StGB

 

Rechtsanwalt Gerhard Strate, Mitglied des Verfassungsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer, erklärt: „Die Novellierung von § 130 StGB lässt durch ihre fast völlige Unbestimmtheit jede Menge Raum für die Kriminalisierung des politischen Gegners. Darin liegt wohl der eigentliche Grund für den Schweinsgalopp, den die Bundesregierung bei ihrem legalistischen Staatsstreich an den Tag legte.“ (cicero, 31.10.22).

 

Ein Beispiel, in welche Richtung die Anwendung dieses Paragrafen gehen soll, lieferte bereits 2019 ausgerechnet die Landesregierung von Thüringen. Die unter direkter Führung von Bodo Ramelows Staatskanzlei stehende Buchenwald-Stiftung hatte eine Veranstaltung der MLPD zum Gedenken an Ernst Thälmann auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald mit der Begründung verboten, dass das Gedenken an einen Kommunisten die Würde der nach dem Zweiten Weltkrieg in Buchenwald inhaftierten Faschisten und Kriegsverbrecher verletzen würde. Das ist auch der Kern des neuen Gesetzes. Es richtet sich gegen die Propagierung und Verteidigung des sozialistischen Aufbaus in den früher sozialistischen Ländern, die von Reaktionären aller Couleur mehr und mehr als Massenmord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit diffamiert wird, und die Kritik an antikommunistischer Geschichtsfälschung.

 

Die Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen ist daher keine letztlich nur „redaktionelle Änderung“ der Strafgesetze „ohne praktische Bedeutung“, wie uns Justizminister Marco Buschmann glauben machen will, sondern Bestandteil der Rechtsentwicklung im Hinblick auf schärfere Klassenauseinandersetzungen. Diese Rechtsentwicklung geht auch unter der Ampel-Regierung unvermindert weiter. Der Kampf um Erhalt und Erweiterung bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten und die Forderung, dass die Verschärfung des § 130 StGB wieder vom Tisch muss, bleibt daher weiter auf der Tagesordnung.