Lieferengpässe bei Medikamenten
Woher kommt der Medikamenten-Notstand?
Immer häufiger stehen Menschen vor leeren Apothekenregalen – selbst wenn sie das Rezept für ein wichtiges Medikament in der Hand haben. Schon 2020 waren 16,7 Millionen Packungen Arzneimittel in Deutschlands Apotheken nicht lieferbar. Dabei galt Deutschland einst als die „Apotheke der Welt“. Wie ist das möglich?
Im Zuge der Neuorganisation der internationalen Produktion wurde ein Großteil der Vorproduktion von Medikamenten ins Ausland verlagert, um diese dort billiger zu produzieren und die Profite im teuren Weiterkauf der fertigen Medikamente in den imperialistischen Ländern zu steigern. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt eine Liste über die nicht lieferbaren Wirkstoffe. Nach Angaben der Apotheken in Baden-Württemberg vom 28. Oktober 2022 waren über 300 Medikamente derzeit nicht lieferbar. [1]
Darunter sind Hustensaft gegen Fieber bei Kindern und Kleinkindern bis hin zu Krebsheilmitteln. „'Im April und im Mai hatten wir einen absoluten Mangel am Brustkrebsmittel Tamoxifen',“ heißt es in der Ärztezeitung. „Für die betroffenen Frauen ein Risiko: 'Sie wissen nie, wann die Zeitbombe hochgeht, deswegen ist da schon die Gesundheit gefährdet.'" [2]
„Mittlerweile werden mehr als 80 Prozent aller medizinischen Wirkstoffe in China und Indien hergestellt. Und von 500 verschreibungspflichtigen Medikamenten, die das BfArM als 'versorgungsrelevant' einstuft, werden 300 nach Angaben der Behörde von drei oder weniger Unternehmen produziert. Manche Wirkstoffe haben nur einzelne Produzenten - so wie bei dem Antibiotikum Piperacillin, das zum allergrößten Teil in einer einzigen Fabrik in Ostchina hergestellt wird. Als es in dieser im Jahr 2016 einen Unfall gab, war weltweit kaum noch Piperacillin zu bekommen. Und der sehr verbreitete Blutdrucksenker Valsartan, fiel monatelang aus, als die gesamte Produktion eines chinesischen Werkes mit krebserregenden Substanzen verunreinigt war.“
Die umsatz- und kaufkraftstärksten Absatzgebiete mit den USA, Japan und den europäischen Staaten liegen dagegen in den alten imperialistischen Ländern, die von diesen Exporten aus Indien und China vollständig abhängig sind. Hier ist auch der Sitz der meisten internationalen Übermonopole der pharmazeutischen Industrie, die mit dieser Art der Organisation der internationalen Produktion Maximalprofite kassieren. Die zehn größten waren 2020 Bayer aus Deutschland, Johnson & Johnson, Merck & Co., AbbVie und Pfizer aus den USA, Glaxo SmithKline und Bristol Myers Squibb aus Großbritannien, Roche und Novartis aus der Schweiz, Sanofi aus Frankreich und Takeda aus Japan. [3]
Die Neuorganisation der internationalen Produktion steckt in einer tiefen Krise, die Lieferketten zerreißen und die Patienten in Deutschland müssen um ihre lebenswichtigen Medikamente bangen. Zu den Ursachen gehören auch länger anhaltende Corona-Lockdowns in China, der Stau von Containerschiffen vor den Häfen oder Störungen und Ausfälle der nur noch wenigen Hersteller in Indien und China. Vor allem aber die zwischenimperialistischen Widersprüche und die Unterordnung der Gesundheitsversorgung der Massen unter den Krisen- und Kriegskurs der Imperialisten.
Notwendig ist eine sozialistische Produktionsweise, die nicht auf den Maximalprofit einiger weniger internationaler Übermonopole ausgerichtet ist, sondern auf die Bedürfnisse der Menschen.