Essen

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Angeklagt: Der STEAG-Deal im Ruhrgebiet

Beim Umweltkampftag am 12. November führte eine umwelpolitische Aktionseinheit eine "Anklage"-Aktion mitten in der Stadt Essen durch. Am Pranger: In Essen ansässige Energiemonopole und die bürgerliche Kommunalpolitik.

Redebeitrag

Essen ist nicht nur Sitz der beiden größten Energiekonzerne, hier sitzt auch die STEAG, fünftgrößter Energieerzeuger Deutschlands, mit über 5000 Beschäftigten und zahlreichen Firmen und Beteiligungen in aller Welt. Vor rund einem Dutzend Jahren machte er über 2,6 Mrd. Umsatz, davon 54 Prozent mit Kohlestrom, dem Hauptgeschäft, davon über ein Drittel im Ausland. Ganze 9 % des Umsatzes kamen aus dem Bereich erneuerbare Energien, vor allem Ingenieurleistungen. Also ein regelrechtes Fossil, unterstrichen durch den Rest des Umsatzes von knapp 1 Mrd. ausgerechnet mit Kohlehandel.

 

Damals kaufte Essen im Verein mit fünf weiteren Revierstädten den Konzern für sagenhafte 1,2 Milliarden. Im Rat der Stadt lehnte Essen steht AUF, vertreten durch Dietrich Keil, als einzige den Deal politisch komplett ab. Na gut, auch die FDP natürlich, die immer für „Privat vor Staat“ stimmt. Alle anderen, auch die Linken, stimmten indes zu. Essen steht AUF hatte grundlegende Kritiken: Weil die Energieerzeugung mit Kohle eine verheerende CO2-Bilanz aufweist, weil die STEAG fast ein Drittel des Umsatzes mit Kohlehandel machte, etwa aus Kolumbien mit  weitflächiger Zerstörung durch Tagebau und Vertreibung der Ureinwohner. Und weil der Deal vollständig nach den Bedingungen von Evonik ablief. Dabei haben wir auch vorhergesagt, dass in die zweite Hälfte des Deals niemand einsteigen wird und die verschuldeten sechs Revierstädte darauf sitzen bleiben. So ist es gekommen.

 

Ganz offensichtlich diktierte die RAG im Hintergrund, um ihre Evonik für die Ewigkeitskosten des Bergbaus fit zu machen. Weder der Preis noch die Optionen, nach denen jetzt die sechs Erwerber-Städte den schwarzen Peter hatten, sind ernsthaft hinterfragt worden. Im Rat der Stadt wurde zwar von „Bauchschmerzen“ geredet. Der Deal widersprach aber aller finanziellen Vernunft der verschuldeten Stadt. Zudem sprach und spricht umwelt- und klimapolitisch alles gegen Kohleverstromung. Gebraucht wird  konsequentes Umsteuern auf erneuerbare Energiegewinnung.

 

Das galt auch schon vor Fukushima und Merkels Energiewende. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland und Europa mehr Strom erzeugt als verkauft werden konnte, wollte Evonik das Risiko fossiler Energieerzeugung loswerden. Statt unrentable und kritisierte Kohlemeiler halten oder aber stilllegen zu müssen, diese lieber gewinnbringend verkaufen, das war das Geschäftsmodell des STEAG-Deals. Zahlen sollten und müssen bis jetzt die Bürgerinnen und Bürger der Städte.

 

Jetzt haben die sechs Ruhrgebietsstädte die teuren Umwelt-Fossile der z.T. sehr alten Kohlekraftwerke an der Backe. Nur in dem einer Kommune eigentlich verbotenen Auslandsgeschäft wird noch „verdient“. Die Abführungen an die sechs Stadtwerke stammten aber z. T. aus der Substanz, nicht aus Gewinnen. Abzusehen war eine Sackgasse, wenn nicht ein Absturz der STEAG. Essen ist mit 15 Prozent immer dabei!

 

Bald belastete dieser Deal Essens Stadtwerke mit jährlich zwei Millionen. Von den erhofften Dividenden keine Spur. Die Ratsparteien müssen mit verantworten, dass die STEAG 1000 Stellen gestrichen hat. Dass sie im Ausland weitere höchst riskante Geschäfte mit der umweltschädlichen Energiegewinnung aus Kohle anstrebt. Dass sie sich von Teilen der Fernwärmeversorgung hier in Essen aus Geldnot trennen musste. Dass sie sich in die extrem umweltschädliche Müllverbrennung eingekauft hat. Dass letztlich der Steuerzahler für Geschäfte bluten muss, die mit kommunalen Aufgaben nichts zu tun haben.

 

Über acht Jahre dauerte es und hat eine Unmenge gekostet, ehe es dem OB und im Rat dämmerte, welche Fehlentscheidung der STEAG-Deal ist. Also wollte man wieder verkaufen. Aber an wen? Mit den neuen  Raubpreisen auf Energie hofft man sogar auf ein profitables Geschäft dabei – mit solchen Dreckschleudern, wie ausgerechnet die Grünen sie in Windeseile wieder salonfähig machen?