Kassel
Wintershall DEA "vergesellschaften"?
Am 29. Oktober, um 14 Uhr, folgten ca. 50 vor allem junge Klimaaktivisten dem Aufruf von "Kligk" (Klimagerechtigkeit Kassel), sich vor dem Wintershall-DEA-Gebäude im Kassler Vorderen Westen zu versammeln. Unter dem Motto „Wintershall vergesellschaften“ wurden in den Redebeiträgen treffend die Machenschaften dieses Energiemonopols, das zu BASF gehört, angeprangert.
Die Praxis des Konzerns beim Fracking - zum Beispiel in Argentinien - die Verstrickung mit Regierungen und die massive, teilweise blutige, Unterdrückung von Klimaaktivisten sorgte für berechtigte Empörung.
Die Redner wiesen völlig richtig auf die beachtliche Profitsteigerung von 2,1 Milliarden Euro, vor allem aus dem Russlandgeschäft mit Gazprom, hin. Angesichts des Ukrainekrieges sei dies Blutgeld. Neben einem solchen hochinformativen und wirklich gut recherchierten Rundumschlag, mit welchen Methoden solche Energiemonopole eigentlich zu ihren Profiten kommen, hatten die einzelnen Redner natürlich auch Lösungsvorschläge.
Ab da wurde es, sagen wir mal, widersprüchlich. Plötzlich sollte dieses Energiemonopol, das Arbeiter ausbeutet, Klimaaktivisten unterdrückt, seinen Profit mit dreckigem Frackinggas und Blutgeld aus Russland macht, und das vor nahezu keinem Verbrechen zurückschreckt, seiner „Verantwortung“ für die Gesellschaft nachkommen. Satirisch wurde gefordert die 2,1 Milliarden Raubprofit - die in den Redebeiträgen als „Übergewinn“ verharmlost wurden - an die Kassler Bevölkerung auszuschütten. Dazu wurden sogar vorbereitete Anträge, die man an Wintershall schicken soll, verteilt. Und überhaupt soll Wintershall DEA unter demokratischer Kontrolle vergesellschaftet werden, wenn es dieser „Verantwortung“ nicht nachkommt. Wer eigentlich eine solche demokratische Kontrolle unter der Alleinherrschaft des internationalen Finanzkapitals, zu dem unter anderem Wintershall DEA gehört, ausüben soll, wurde natürlich nicht beantwortet.
„Wenn wir warten bis der Kapitalismus abgeschafft ist, ist es zu spät dafür, das Klima zu retten“, war die Antwort auf meinen Hinweis das Vergesellschaftung im Kapitalismus eine Illusion ist. Noch viel länger wird es aber dauern, wenn wir so tun, als ließen sich die kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten mal so eben aushebeln - und wir deshalb eine falsche Strategie und Taktik gegen solche Monopole fahren. Wenn wir dem kapitalistischen Staat andichten, er sei irgendwie neutral, stünde über den Klasseninteressen und würde Energiemonopole wie Wintershall DEA nach einer Vergesellschaftung ernsthaft demokratisch umorganisieren ist das ein Irrtum. Genauso, wie der Glaube daran, Wintershall selbst würde dies überhaupt zulassen und nicht seine Macht als internationales Energiemonopol gegen die Vorschläge der Klimaaktivisten voll ausspielen.