Flüssiggas

Flüssiggas

Krieg gegen Putin und Krieg gegen die Umwelt

„In der Rüstung sind sie fix, für die Umwelt tun sie nix!“, schallt es häufig auf Demonstrationen. Schön wäre es ja, wenn sie wenigstens nix tun würden. Tatsächlich tun sie viel. Allein der Bau von Flüssiggas-Terminals an Deutschlands Küsten in neuer „Deutschland-Geschwindigkeit“ ist ein gigantisches Verbrechen an der natürlichen Umwelt und ein aktiver Beitrag zur mutwilligen Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur. Verbunden ist das auch noch mit einem gnadenlosen Wirtschaftskrieg auf Kosten der Massen.

Von einem Korrespondenten aus Wilhelmshaven
Krieg gegen Putin und Krieg gegen die Umwelt
Geht es nach den Herrschenden sollen Hundertausende Liter giftiger Chlorbrühe die Jade, und damit auch die Badestrände am Jadebusen, bei Wilhelmshaven belasten (rf-foto)

Die 31 LNG-Terminals in Europa - mit einer Kapazität von 366 Milliarden m³ pro Jahr - können locker die fehlenden Lieferungen aus Russland ausgleichen. 2020 betrugen diese 168 Milliarden m³.¹ Trotzdem sollen an Deutschlands Nordsee- und Ostseeküste an vier Standorten schwimmende und stationäre Terminals gebaut werden.²

 

Schon das weitere Verfeuern von Erdgas als fossilem Energieträger ist ein Verbrechen; wird doch dadurch die Erderwärmung und damit der Umschlag in eine globale Umweltkatastrophe unverantwortlich weiter vorangetrieben. Das allein ist schon Grund genug, den Bau der Terminals sofort zu stoppen und die Milliarden Euro, die dort investiert werden, in den Ausbau von erneuerbaren Energie zu stecken.

 

Aber es geht noch weiter. Klar ist, dass jede Menge Frackinggas aus den USA angelandet werden soll. Das ist nicht nur für die Landstriche, wo das Gas gefördert wird, eine Katastrophe, sondern auch ein zusätzlicher Push für das Aufheizen des Klimas. Denn das bei der Förderung entweichende Methan (Erdgas ist hauptsächlich Methan) ist 80 mal stärker klimawirksam als Kohlendioxid.

 

Und schließlich ist das Verflüssigen des Erdgases auf minus 162 Grad Celsius für den Transport so aufwendig, dass zwischen 10 Prozent und 25 Prozent des Energiegehalts des Gases dabei verloren geht – je nach verwendeter Maschinerie.

 

Angekommen an einem deutschen LNG-Terminal, muss die Tiefkühl-Flüssigkeit dann wieder erwärmt und in den gasförmigen Zustand gebracht werden. Dafür wird Meerwasser benutzt. Damit die dafür benutzten Rohrleitungen sich nicht durch Seepocken und Muscheln zusetzen, wird das Meerwasser mit Biozieden, giftigen Chlorverbindungen, versetzt. Nach getaner Arbeit wird die Giftbrühe wieder ins Meer gepumpt. 180.000 m³ pro Jahr sollen zum Beispiel in Wilhelmshaven in der Jade „entsorgt“ werden!³ Mit Recht laufen dagegen Fischer, Winterschwimmer und Umweltverbände Sturm. Pikant dabei ist, dass das Regasifizierungsschiff „Esperanza“, das dafür gechartert ist, in Australien zuvor abgemeldet wurde, genau wegen dieser Umweltschäden!

 

Wenn genügend LNG-Terminal-Kapazitäten vorhanden sind, warum müssen dann in Deutschland unbedingt neue geschaffen werden?

 

Der vom niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies beschworene „Energienotstand“, besteht nicht darin, dass wir zu wenig Möglichkeiten haben, das Flüssiggas an Land zu bringen. Sondern er besteht darin, dass mit dem Wirtschaftskrieg gegen Russland das Flüssiggas auf dem Weltmarkt knapp wird. „Europa kauft den Gasmarkt leer“, titelte Zeit Online vor kurzem. Europäische Energieunternehmen kaufen auf dem Weltmarkt in großem Stil Flüssiggas ein. Sie zahlen hohe Preise und überbieten dadurch Importeure aus anderen Erdregionen – auf Kosten von weniger kaufkräftigen Ländern, wie zum Beispiel Bangladesch.

 

„Mehr als 35 Tanker dümpeln derzeit im Meer vor der spanischen Küste – beladen mit Flüssiggas, sogenanntem LNG. Sie warten darauf, an einem der sechs spanischen Flüssiggas-Terminals entladen zu werden. Dort kann aber kaum noch weiteres Gas angelandet werden: Die Speicher sind weitgehend voll.

 

9000 Kilometer entfernt, in Bangladesch, sehnt man sich nach einer solchen Lage. Eigentlich nach jedem Tanker, der ein bisschen Flüssiggas bringt. Denn die Lieferungen sind in diesem Jahr rar geworden und die Gasspeicher ungewöhnlich leer – mit teils gravierenden Auswirkungen für das Land: Immer wieder fällt der Strom aus. Vom schlimmsten Blackout Anfang Oktober waren etwa 130 Millionen Menschen betroffen.“⁴

 

Unter den Energiekonzernen und Anlagenbauern herrscht Goldgräberstimmung, angesichts von 35 weiteren geplanten oder im Bau befindlichen LNG-Terminals⁵ europaweit. Flüssiggas statt Pipeline-Gas aus Russland ist Teil des Wirtschaftskrieges gegen den imperialistischen Rivalen Russland. Er führt zu sprudelnden Gewinnen der beteiligten Konzerne. Der teilstaatliche österreichische Energiekonzern OMV zum Beispiel, fuhr vor Steuern einen Quartalsgewinn von 3,3 Milliarden Euro ein. Das ist mehr als eine Verdreifachung gegenüber letztem Jahr.⁶ Das wird bezahlt durch Not und Elend - zum Beispiel in Bangladesch - und durch astronomisch hochgetriebene Gaspreise hier in Deutschland. Den Wirtschaftskrieg gegen Putin und die weitere Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur sollen die Massen bezahlen.

 

Dagegen gilt es aufzustehen! Aktiver Widerstand ist das Gebot der Stunde.

 

Statt eines LNG-Beschleunigungsgesetzes brauchen wir ein Fotovoltaik-Beschleunigungsgesetz! Statt weiterer Ausbau von LNG-Terminals – dezentrale Energieversorgung auf Grundlage von Sonne, Wind und weiteren erneuerbaren Energien.

 

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