Löhne

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Automatische Tarif-Inflationsanpassung statt Kampf um Lohnnachschlag?

„Langfristig brauchen wir eine Gleitende Lohnskala, also eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation.“¹ Das fordert zum Beispiel die linksreformistische „Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften“ (VKG). Angesichts der anhaltenden Rekord-Inflation und sinkender Reallöhne, (lt. Statistischen Bundesamt im 2. Quartal um 4,4 Prozent!), gibt es auch erste Diskussionen in bürgerlichen Medien über einen automatischen Lohnausgleich bei höherer Inflation. Ins Feld geführt wird dabei, dass „in Belgien, Luxemburg, auf Malta und auf Zypern die Indexierung bis heute per Gesetz vorgeschrieben ist.“²

Von wb

Allerdings muss man dazu wissen, dass in Belgien der Staat einen Inflationsindex zugrunde legt, bei dem Benzin, als ein Top-Preistreiber herausgerechnet wird. Auch gibt es ein „Lohngesetz“, das die Wirkung des Indexlohns begrenzt. Immer wieder greifen die Unternehmer, ihre Parteien und die Regierung den Index an und fordern Indexsprünge, also den Verzicht auf Gehaltserhöhungen.“³

 

Die automatische Inflationsanpassung wird von Seiten der Monopolverbände abgelehnt, weil es angeblich eine „Lohn-Preis-Spirale“ anheizen und „bei Lohnanpassungen mehr Flexibilität benötigt“ werde.⁴ Denn es wäre ja – aus ihrer Sicht - wirklich wenig „flexibel“ und geradezu schade, wenn unter dem medialen Trommelfeuer einer Krise, nicht die Möglichkeit bestünde, mit den reformistischen Führungen zum Beispiel Nullrunden zu vereinbaren. Die Gewerkschaften wiederum lehnen - mit Recht - eine solche Inflationsanpassung ab, weil es ihnen die Hände bindet, höhere Reallöhne zu fordern, die über die offizielle, für Arbeiterhaushalte viel zu niedrige, Inflationsrate hinausgehen. Auch das fortschrittliche Juramagazin kommt zum Schluss: „Die gleitende Lohnskala bedeutet in der Praxis den Verzicht auf eine aktive Lohnpolitik und schränkt somit die Handlungsfreiheit der Gewerkschaften ein.“⁵ Noch wichtiger ist aber der politische Aspekt: Solche Mechanismen sollen tarifliche und vor allem selbständige Lohnkämpfe verhindern, in denen die Beschäftigten wichtige Kampferfahrungen sammeln und in denen sich das Klassenbewusstsein entwickelt.

 

Es stellt sich deshalb die Frage, warum die VKG oder das von Trotzkisten herausgegebene Sozialismus-Info die um sich greifende Forderung unter Gewerkschaftern nach einem monatlichen Lohnnachschlag (als Ergänzung zum Kampf um höhere Tariflöhne) ignoriert, und statt dessen die automatische Lohnanpassung propagiert? Offensichtlich wollen es sich diese „Sozialisten“ nicht mit der Gewerkschaftsführung verscherzen, die einen selbständigen Kampf um Lohnnachschlag ablehnt, weil sie „gemeinsam mit den Herrschenden durch die Krise“ will und dazu ihren „Burgfrieden“ macht. Auch entspricht es der trotzkistischen Methode des „Entrismus“, also das Trotzkisten in den Gewerkschaften nicht offen sondern verdeckt operieren und so „zu einem opportunistischen Anhängsel reformistischer Arbeiterorganisationen“⁶ geworden sind.