Nach dem Tod von Mahsa Amini
Proteste im Iran „Es lebe der Sozialismus!“
Am Dienstag, dem 20. September, fand in Hamburg eine bedeutende Protestkundgebung vor dem iranischen Konsulat statt. Über 50 Menschen waren gekommen - empört, traurig und voller Wut über die Ermordung der 22-jährigen Mahsa Amini in der vergangenen Woche.
Verschiedene revolutionäre Organisationen aus dem Iran wie die KP Iran, der Rat der Sozialisten und Freidenker Hamburg; Fadain (Minderheit) und Einzelpersonen hatten zum Protest aufgerufen. Auszüge aus den nachfolgenden Statements machen die neue Qualität des Widerstands in der gesamtgesellschaftlichen Krise des iranisch-faschistischen Systems deutlich.
Parolen für den Sozialismus
„Die Proteste finden landesweit statt - im ganzen Iran, in jeder Stadt. Insbesondere sind junge Menschen auf der Straße. Die Parolen sind: 'Nieder mit dem Diktator' und empörte Rufe: 'Ehrenlose, Ehrenlose Ehrenlose!' Eine hervorragende Parole aus Kurdistan ist: 'Es lebe Sozialismus, es lebe Sozialismus.' Das ist seit 40 Jahren, in denen das iranische Regime herrscht, das erste Mal, dass solche Parolen für den Sozialismus aufkommen. Das zeigt, dass das islamische Regime sehr tief in der Krise steckt. Das Bewusstsein des Volkes ist tatsächlich erhöht. (Ein Vertreter des Rats der Sozialisten und Freidenker, iranische Genossen in Hamburg)
„Frau, Leben, Freiheit“
„Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn ich sage, dass 99 Prozent der Menschen gegen das Regime sind. Die Menschen haben einfach genug! Die vielen Arbeiterstreiks; die Frauen sind auf der Straße; die Lehrer kämpfen seit vielen Monaten, ebenso die Rentner, die zu wenig Rente bekommen – alle kämpfen gegen das unerträgliche Leben voller Armut, Inflation, Hunger, Perspektivlosigkeit und Unterdrückung. Die ermordete junge Frau war Kurdin. Sie hat die Aufnahmeprüfung an der Universität Teheran bestanden und war jetzt bei ihrer Familie, um sich einzuschreiben. Es sieht so aus, als ob es geplant war, dass diese junge Frau durch die Sicherheitskräfte eingeschüchtert, bedroht und gefoltert wird. Ihr Tod wurde in Kauf genommen. Die Proteste tragen derzeit deutliche Zeichen, dass die Kurden und alle weiteren Völker im Iran in großer Solidarität zusammenstehen. Ich habe große Hoffnungen, weil in allen Städten, auch in kleineren, Demonstrationen stattfinden. Sie rufen eine Parole, die eigentlich eine kurdische ist und übersetzt soviel heißt wie: 'Frau, Leben, Freiheit'". (Zaman Masudi. Sie wurde im Iran politisch verfolgt und musste ins Exil; sie ist eine Aktivistin der internationalen, kämpferischen Frauenbewegung)
„Was jetzt passiert, ist doch einmalig“
Nosrat Taymoorzadeh, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Irans, sprach ebenfalls auf der Kundgebung und gab der Roten Fahne ein Statement: „Man kann sich das kaum vorstellen: Dass im Iran eine Masse von Menschen auf die Straße geht und sie rufen: „Es lebe der Sozialismus“. Sie stehen hochbewaffneten Sicherheitskräften gegenüber und gehen trotzdem auf die Straße. Wir haben als KP Iran aufgerufen, dass die Bevölkerung auf die Straße geht. Auch dass alle Gewerkschaften den Protest unterstützen, die Busfahrer, die Lehrer, die Öl- und Chemiearbeiter …. Alle haben gesagt, sie werden auf die Straße gehen. Es soll nicht nur einfach ein Streik sein, bei dem man zu Hause bleibt, sondern die Arbeiter sollen auf die Straße gehen. Wir haben sicher einige aufstandsähnliche Situationen in den zurückliegenden Jahren gehabt - aber was jetzt passiert, ist doch einmalig.“
Aufgewühlte Stimmung im Iran hat den Charakter einer revolutionären Gärung
Für die MLPD überbrachte Joachim Griesbaum die Beileidsgrüße für die Familie von Mahsa Amini, ihre Freundinnen und Freunde. Er führte aus, dass die brutale Unterdrückung, die insbesondere auch fortschrittliche, kämpferische Frauen im Iran betrifft, Ausdruck der Verkommenheit des iranischen imperialistischen Systems ist. Und es gab viel Beifall für seine Aufforderung, den gemeinsamen Kampf weltweit in der antifaschistischen, antiimperialistischen Einheitsfront ernstzunehmen und zu verstärken. Die aufgewühlte Stimmung im Iran hat den Charakter einer revolutionären Gärung und das Potential dazu, dass die Arbeiter und die Massen zum organisierten Angriff auf das verhasste System übergehen. Die Entwicklung ist Teil und Ausdruck der offenen Krise des imperialistischen Weltsystems.
Die Broschüre der MLPD „Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems“ weckte das Interesse der Demonstrantinnen und Demonstranten, ebenso wie die Einladung zur Open-Air-Veranstaltung am morgigen Freitag zur Vorstellung und Diskussion der Broschüre. Ab 17 Uhr, mit Live-Musik, Literatur und Fingerfood. Hamburg Altona, Goetheplatz / bei IKEA.