Bratislava
Offene politische Krise in der Slowakei
In der Slowakei ist letzte Woche mit dem Rücktritt von vier Ministern der „neoliberalen SAS“ („Freiheit und Solidarität“) eine offene politische Krise ausgebrochen. Die bisherige Regierung hat ihre Mehrheit im Parlament verloren. Hintergrund ist eine scharfe Energiekrise wegen der enormen Verteuerung von Öl und Gas und eine wachsende Unzufriedenheit wegen der Inflation.
Im Juli lag die offizielle Inflationsrate bei 13,6 Prozent, für Energie bei 20.6 Prozent und für Nahrungsmittel bei 19,1 Prozent. Der Mindestlohn beträgt durchschnittlich 3,71 Euro in der Stunde und ist am unteren Rand in der EU. Die offizielle Arbeitslosenquote lag bei 6,2 Prozent.
In der Hauptstadt Bratislava beträgt das Durchschnittsgehalt 520 Euro. Die monatliche Miete im Zentrum beträgt für eine Dreizimmerwohnung 1025 Euro und am Stadtrand 731 Euro. Die slowakische Aluminiumhütte in Ziar nad Hronom wurde mit der Begründung der hohen Energiekosten bereits geschlossen. Gas und Strompreise sollen nächste Jahr um weitere 50 Prozent steigen.
Der ehemalige Finanzminister brachte sein „Antiinflationsgesetz“ nur mit den Stimmen der Faschisten von LSNS durch das Parlament, was letztlich formaler Auslöser des Rücktritts der Minister war.
Diese Woche hat die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova nun drei neue Minister vereidigt. Während die Ministerien für Äußeres (Rastislav Kacer), Wirtschaft (Karel Hirman) und Justiz (Viliam Karas) mit sogenannten „parteilosen Experten“ neu besetzt wurden, übernahm das Bildungsministerium vorläufig der konservative Ministerpräsident Eduard Heger selbst. Im Laufe der nächsten Tage werde er aber einen neuen Bildungsminister vorschlagen, erklärte er.
Ohne SaS haben die übrigen drei Regierungsparteien keine Mehrheit mehr im Parlament und brauchen für jeden Gesetzesbeschluss die Unterstützung eines Teils der Opposition. Die aus der Regierung ausgeschiedenen Liberalen erklärten, Vorhaben des Minderheitskabinetts im Parlament verhindern zu wollen. Die Minderheitenregierung hat bisher nicht ausgeschlossen, Gesetze auch mit den Stimmen der Faschisten durchs Parlament zu bringen. Alles andere als stabile Verhältnisse.