Gasspeicher zu fast 90 Prozent gefüllt
Haben wir eine Erdgas- oder Energiekrise? - mit Ergänzung
Am 7. September musste die "Tagesschau" kleinlaut – natürlich unter ferner liefen – zugestehen:
"Reicht das Gas auch ohne Lieferungen aus Russland, um über den nächsten Winter zu kommen, ohne dass eine Gasmangellage ausgerufen werden muss, die auch Einschränkungen für Privathaushalte mit sich bringen könnte? Kurz gesagt, die Chancen dafür stehen gut - wenn auch der Preis dafür hoch ist. Aktuell sind Deutschlands Gasspeicher zu 86,1 Prozent gefüllt, was deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre liegt. Der per Ministerverordnung für 1. Oktober vorgesehene Speicherstand ist damit bereits erreicht.“ ¹
Hier die dahinter stehenden Fakten
Wenn die Tanks zu 90 Prozent gefüllt sind – und das wird in wenigen Tagen der Fall sein -, können damit rund 220 Terawattstunden (tWh) produziert werden. Diese Füllung allein reicht aus, um den gesamten Gasbedarf für zwei Wintermonate zu decken (gemessen an dem Verbrauch von 2021); das sind durchschnittlich 2,4 tWh pro Tag. Aber wie viel Gas bekommt die BRD denn derzeit täglich? „Aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden kommen täglich rund 2800 GWh (= 2,8 tWh) pro Tag. Die Gasspeicher wurden am vergangenen Sonntag netto um 1350 GWh (= 1,35 tWh) gefüllt“ – meldet die Tagesschau weiter. Also: Allein aus Westeuropa kommt täglich mehr Gas, als die BRD im Winter benötigen würde! Im Winter liefern also allein diese Lieferanten – Norwegen, Niederlande und Belgien – täglich 0,4 tWh mehr, als die BRD verbraucht.*
Angstmache
Monatelang wurde mit diesem Märchen gehetzt gegen die bösartige Gas-Blockade von Kriegstreiber Putin, und Wirtschaftsminister Robert Habeck versuchte sich zu profilieren: Als Gaskäufer in Katar, als Mieter von schwimmenden Terminals: Teuer wurden jetzt einige davon mit unseren Steuern geordert, die Flüssiggas schon ab diesem Winter in deutsche Gasleitungen einführen sollen.²
Aber die staatlichen Medien, mit der Tagesschau an der Spitze, stellen ihr Krisengejammer nicht ein; wenn es schon in diesem Winter keine Krise gibt, dann: „Große Unsicherheiten für übernächsten Winter! Wenn der kommende Winter also … gesichert scheint, gibt es für den übernächsten Winter 2023/24 noch große Unsicherheiten.“ The Show must go on. Warum?
Warum wurde eine „Gaskrise“ dermaßen aufgebaut und aufgebauscht?
Die Erklärungen sind einfach:
- Damit soll von der Tatsache abgelenkt werden, dass eine deckend Energieversorgung mit lokalen Energien und Solarenergie möglich ist.
- Nur mit der Begründung „Gaskrise“ wird seit Monaten die Verlängerung der Laufzeit von Kohle- und sogar Atomkraftwerken gerechtfertigt – Riesenprofite für die Betreiber, umweltpolitischer Rollback, Behindern des Umstiegs auf erneuerbare Ressourcen, wo es nur geht.
- Die „Gaskrise“ lässt die Börsenspekulanten jubeln: Die BRD kauft zu jedem Preis Gas auf dem Weltmarkt ein, - und die Preise schießen ebenso wie die Gewinne in die Höhe von Alpengipfeln.
- Der Strompreis ist an den Gaspreis gebunden: Das Merit-Order-Prinzip besagt, dass das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Strombedarf zu decken, den Strompreis bestimmt. Diesen Preis können also auch alle anderen, günstigeren Anbieter abzocken. Bei den horrenden Gaspreisen sind natürlich die Gaskraftwerke jetzt teuer wie noch nie; alle anderen Stromproduzenten jubeln über ihre riesigen Extra- aber bestimmt nicht „Zufalls“-Gewinne in Himalaja-Höhe!
Mehrere Staaten, jetzt sogar die EU, kündigten wortreich beschwichtigend an, diese „Über-Gewinne“ „abschöpfen“, die Preise ‚“deckeln“ zu wollen.
Maximal-Profite auf der einen Seite müssen von jemandem auf der anderen Seite bezahlt werden, mit vielfach höheren Gas- und Strompreisen: Das sind die Arbeiterklasse und die breiten Massen. Sie werden sich das nicht unbegrenzt gefallen lassen. Die Unzufriedenheit mit der Regierung wächst, je mehr deutlich wird, wie genau sich das alles zusammensetzt und je mehr es für einen auf der Hand liegt. Und die Unzufriedenheit mit der Regierung wächst auch, je mehr die Mehrheit der Bevölkerung diese Schwindel durchschaut: Lohnnachschlag muss her! Höhere Löhne und Gehälter! Aktiver Widerstand gegen Militarismus, gegen den Ukrainekrieg und die Weltkriegsvorbereitung durch fast alle Imperialisten, weg mit dem Krisen-Kapitalismus – für echten Sozialismus!
* Ergänzung bzw. Korrektur: Der tägliche Verbrauch von Gas beträgt 2,4 tWh im Jahresdurchschnitt. In den Wintermonaten ist er natürlicherweise mit ca. 3,6 tWh höher als in
den Sommermonaten.