Dokumentiert
Ein prominenter englischer Liberaler über Marx
Den folgenden Brief hat Sir Mountstuart Elphinstone Grant Duff im Jahre 1879 an die älteste Tochter der englischen Königin Viktoria, die Mutter Kaiser Wilhelms II., geschrieben. Er findet sich in dem Buch „Erinnerungen an Karl Marx“, das im Jahr 1953 im "Dietz Verlag", Berlin, DDR, erschienen ist. Der Text wurde am Tag des Offenen Denkmals an der Karl-Marx-Statue und der Lenin-Statue vor dem Willi-Dickhut-Haus in Gelsenkirchen vorgetragen. Die Rote Fahne Redaktion dokumentiert Auszüge:
Gnädige Frau! Als ich das letzte Mal die Ehre hatte, Eure Kaiserliche Hoheit zu sehen, fügte es sich, dass Sie eine gewisse Neugierde über Karl Marx ausdrückten und mich fragten, ob ich ihn kenne.
Demzufolge entschloss ich mich, die erste Gelegenheit wahrzunehmen, um seine Bekanntschaft zu machen; aber diese Gelegenheit ergab sich erst gestern, als ich mich mit ihm beim Mittagessen traf und drei Stunden in seiner Gesellschaft verbrachte. Er ist ein kleiner, ziemlich schmächtiger Mann mit grauem Haar und Bart, der in eigenartigem Kontrast zu seinem noch schwarzen Schnurrbart steht. Das Gesicht ist etwas rund, die Stirn wohlgeformt und gewölbt, der Blick ist ziemlich streng, aber der ganze Ausdruck ist eher angenehm und keineswegs der eines Herrn, der kleine Kinder in ihren Wiegen zu fressen pflegt, was – wie ich wohl sagen darf – die Ansicht der Polizei über ihn ist.
Seine Rede war die eines gebildeten, besser noch, gelehrten Mannes, der sich sehr für vergleichende Grammatik interessiert, was ihn dazu geführt hatte, Altslawisch und andere ausgefallene Studien zu treiben, sie erging sich in vielen seltsamen Windungen und war mit einem trockenen Humor gewürzt; wenn er zum Beispiel über Hezechiells „Leben des Fürsten Bismarck“ sprach, bezeichnete er es immer als das Alte Testament, im Gegensatz zu Dr. Buschs Buch. Es war alles sehr positiv, leicht zynisch – ohne jeden Anschein von Enthusiasmus –, weckte das Interesse und zeigte oft, wie es mir schien, sehr richtige Ideen, wenn er über die Vergangenheit und die Gegenwart sprach, aber es war unklar und unbefriedigend, wenn er sich der Zukunft zuwandte.
Hier gibt es den gesamten Text