Große Initiative der Basisfrauen
Weltfrauenkonferenz Tunis – Berichte aus den Workshops
Nach zwei Tagen gingen gestern die Workshops der 3. Weltfrauenkonferenz zu Ende. 31 Workshops zeigen eine große Initiative der Weltfrauen.
Workshops gab es unter anderem zu Themen wie „Jeglicher Krieg ist ein Krieg gegen Frauen“ von Terre des Femmes, Courage, EKA; „Wie sieht es heute aus mit der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern?“ mit Kiymet Erdem und Songül Celik; „Kampf gegen Inflation, Armut und für unsere Würde“ von Edith Castro Munoz, „Migrantinnen und Globalisierung“ von ADKH und Gaby; „Wie Pestizide die menschliche Gesundheit beeinflussen“ von Menu/Sri Lanka.
„Ich wollte eigentlich zu vier Workshops, weil alle so wichtige Fragen behandeln! Aber es war so spannend, dass ich nicht weggehen konnte vom Workshop gegen Gewalt an Frauen“, so eine junge Teilnehmerin, die zum ersten Mal bei einer Weltfrauenkonferenz ist. Wir verändern uns und lernen viel dazu, betonen die Frauen. Das zeugt von einer hohen Qualität der Diskussion, die den heutigen Anforderungen an die weltweite Frauenbewegung gerecht wird: Wir müssen uns in den komplexen Zeiten ein tieferes Bewusstsein über die Ursachen all der Krisen verschaffen, um die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.
Die Weltfrauen machten gleich vor Ort noch deutlich, dass die Bewusstseinsbildung eng mit der Praxis durchdrungen ist. So führten gestern Mittag drei Workshops gemeinsam eine kämpferische Aktion am Veranstaltungsort durch: Mit in den Workshops gemalten Schildern vereinten sich die Frauen zum Aufbau einer antiimperialistischen und antifaschistischen Plattform, des Workshops „Nein zum Imperialismus – Ja zum Kampf um Befreiung“ und des Workshops der Arbeiterinnen und Gewerkschafterinnen. Parolen und Schilder auf Englisch, Spanisch, Türkisch, Französisch, Kurdisch, Farsi, Deutsch, Arabisch und Nepali trugen die Forderungen der Weltfrauen auf die Straße: „Waffen runter, Löhne rauf!“, „Nein zu Taliban!“, „Wir wollen leben, nicht überleben – Nein zu Gewalt an Frauen!“, „Vereinte Jugend für den Kampf!“, „Frauen- und Arbeiterbewegung: Gemeinsam kämpfen!“, „Wir wollen Brot – und Rosen!“, „Frieden, Demokratie, Sozialismus!“
Eine Landarbeiterin aus Burkina Faso wirft im Workshop „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau – echter Sozialismus oder feministisch verpackter Opportunismus“ die Frage auf: In Burkina Faso gibt es kaum Industrie, die Frauen kämpfen auf dem Land oder als Händlerinnen ums tägliche Überleben. Auch gibt es keine starke sozialistische Bewegung – wie verbindet sich der Kampf dieser Frauen dann mit dem Kampf um den Sozialismus? Was können wir beitragen?
Eine Courage-Frau stellte sich vor, sie ist keine Revolutionärin und trotzdem ist die Perspektive des Sozialismus und welche Rolle die Frauenbewegung darin einnimmt, eine wichtige Frage. Die Bedeutung der Bewusstseinsbildung für den Kampf der Frauen wurde deutlich: Wenn sie in Sri Lanka ihren Klassengegner erkennen, verbunden mit ihren praktischen bitteren Erfahrungen des Hungers durch die horrende Staatsverschuldung und Inflation – dann gehen die Frauen aus ihren Häusern, verlassen ihre bisehrige gesellschaftlich zuerkannte Rolle, sich um Familie und Ernährung zu kümmern und fordern ihre Rechte, berichtet Menu aus Sri Lanka. Aus dem Workshop enstand der Vorschlag: Ein zweites theoretisches Seminar zwischen der 3. und der 4. Weltfrauenkonferenz durchzuführen. Eine Frau brachte ein, auch örtlich sollte sich die Zeit genommen werden, sich in den oft breit zusammen gesetzten Frauenbündnissen weltanschaulich mit den verschiedenen Standpunkten auseinanderzusetzen – statt diese nur bei gemeinsamen Aktionen festzustellen und dann wieder auseinanderzugehen.
Auch wünschen sich Frauen, dass die revolutionäre Weltorganisation ICOR mit auf Grundlage ihrer Prinzipien ihre Türen weiter öffnet. Wir Frauen müssen Theoretikerinnen werden, statt dem Einfluss des Pragmatismus aus der bürgerlichen Gesellschaft zu folgen, die Frauen sollten ihre Kraft alleine für das Management des Lebens aufwenden! Das ist nicht falsch zu verstehen als abstrakte theoretische Debatte. Eine tunesische Frau berichtet, dass sie seit ihrem 13. Lebensjahr auf dem Land arbeitet. Verstanden, woher ihre Lebenslage rührt, hat sie erst, als sie Bücher von Marx in die Finger bekam und Kommunistinnen kennenlernte. „Mein Leben und meine Arbeit war meine Quelle zum Kommunismus. Deshalb wird es ihnen nie gelingen, die arbeitenden Frauen vom Marxismus-Leninismus zu spalten“.Ein berührendes Schlussplädoyer.
Im Workshop „Arbeiterinnen und Gewerkschafterinnen – weltweit“ berichtet eine 28-jährige Metallarbeiterin: „Wir haben erfolgreich gegen die unbezahlte Freistellung in der Pandemie gekämpft. Dann wurde ich wegen 'unmoralischem Verhalten' gekündigt. Dieser >Code< betrifft 170.000 in der Türkei und betrifft v.a. Frauen, weil sie nicht erklären können, was 'unmoralisch' gewesen sein soll. Ich führe dagegen den Kampf seit 270 Tagen und viele Arbeiterinnen und Arbeiter in den Betrieben in der Türkei unterstützen mich in diesem Kampf.“
- Grußwort der Vorsitzenden des ver.di-Bundesfrauenrats und der ver.di-Bereichsleiterin Frauen- und Gleichstellungspolitik
- Grußwort des Ortsfrauenausschusses der IG Metall Köln
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Textilarbeiterinnen aus Bangladesh ergänzte diese Erfahrungen mit dem Bericht von den Kämpfen und der Lage der Frauen in der Textilindustrie und der überwiegend weiblichen Teeplantagenarbeiter. Arbeiterinnen im öffentlichen Dienst aus den Niederlanden und der Gewerkschaft ver.di aus Deutschland bereiteten den Workshop in ihren Ländern gründlich vor und berichteten von den Kämpfen.
Das Medienteam der Weltfrauenkonferenz führt noch einige Film-Interviews, die im Laufe der nächsten Tage nach und nach veröffentlicht werden – schaut nach auf der Homepage bzw. auf dem Youtube-Kanal der Weltfrauenkonferenz. Heute und morgen steht die Generalversammlung auf dem Programm, in die die Erfahrungen der Workshops einfließen. Die Generalversammlung wird live gestreamt, hier der Link.