Ein Jahr Taliban-Herrschaft

Ein Jahr Taliban-Herrschaft

Die schockierende Lage afghanischer Frauen

Am 15. August jährte sich die Machtübernahme der Taliban. Von deren reaktionärem Unterdrücker-Regime sind Frauen und Mädchen besonders betroffen. Sie sind im Land "von der Straße verschwunden". Sie sollen unsichtbar werden, grundlegender Menschenrechte beraubt, sei es Arbeit, Bildung, sich allein in der Öffentlichkeit zu bewegen.

Von Rawa
Die schockierende Lage afghanischer Frauen

Rote Fahne News dokumentiert einen Bericht der Revolutionären Vereinigung der Frauen Afghanistans (Rawa), den ein Freund übersetzt hat.

 

"Ein aktueller Bericht von Save the Children zeigt, dass 46 Prozent der Mädchen die Schule abgebrochen haben und 26 Prozent unter Depressionen leiden. Selbst nach der Eroberung Kabuls versicherten mehrere Taliban-Führer den internationalen Medien, dass die Bildung von Mädchen für die Taliban Priorität habe und dass Frauen weiterhin in Büros arbeiten könnten, wenn sie Hidschab-Burkha trügen. In Wirklichkeit haben die Taliban die Frauen so behandelt, wie sie es unter ihrem früheren Regime von 1996 bis 2001 getan haben: Damals hatten die Taliban angeordnet, dass an den Universitäten Mädchen und Jungen in getrennten Reihen unterrichtet werden und ein Vorhang zwischen ihnen angebracht werden muss. Im März 2022 verbannten die Taliban Mädchen aus den weiterführenden Schulen. Jetzt ist Mädchen nur noch der Zugang zur Grundschulbildung gestattet. Außerdem sagte der oberste Taliban-Führer Hibatullah Akhundzada, dass Frauen nicht nach draußen gehen sollten, wenn sie nicht vollständig verschleiert sind. Aufgrund der Diskriminierung und der harten Haltung mussten Tausende von Frauen ihre staatlichen und nichtstaatlichen Arbeitsplätze aufgeben. Viele mussten das Land verlassen, und einige von ihnen leben noch immer im Untergrund in Not. Unter dem Taliban-Regime ist es alleinstehenden Frauen heute nicht erlaubt, in Afghanistan zu reisen.

 

All dies geschieht in Afghanistan, wo Kaiser Habibullah Khan 1903 die Habibiya High School gründete. In den 1920er Jahren führte Kaiser Amanullah Khan Hunderte von Mädchenschulen für eine moderne Ausbildung ein. Die gemischten Klassen für die erste und zweite Klasse begannen im Jahr 1928. Mädchen und Frauen wurden 1964 gleichberechtigt, und die afghanischen Frauen wurden zu einem Symbol der Selbstbestimmung in der südasiatischen Region. In den 1960er Jahren wurde auch eine Briefmarke mit dem Bild einer Frau in traditioneller afghanischer Kleidung herausgegeben. Doch heute dürfen Mädchen in diesem Land nur bis zur siebten Klasse lernen.

 

Die Taliban sind seit einem Jahr in Afghanistan an der Macht. Keines der bedeutenden Länder hat die Regierung der Taliban anerkannt, aber die meisten Regierungen stehen im Dialog mit den Taliban-Führern. Die Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe, insbesondere Lebensmittel, Medikamente und andere medizinische Einrichtungen, aber wie kann ein Land unabhängig sein, wenn nicht in die Bildung von Mädchen und die öffentliche Gesundheit investiert wird? Vor einem Jahr lag die Einschulungsrate von Mädchen in Afghanistan bei über 40 %. Jetzt sind die Mädchen gezwungen, zu Hause zu bleiben. Vor kurzem wurden vierhundert Privatschulen geschlossen, wovon fast 10.000 Schülerinnen betroffen sind. Einige sind mit ihren Familien nach Pakistan, Iran und in die Türkei gezogen, damit die Mädchen ihre Schulausbildung fortsetzen können.

 

Von 2010 bis 2020 wurden neue öffentliche und private Universitäten gegründet, um die Bildungswünsche der jungen Afghanen zu erfüllen. Tausende junger Afghaninnen lernten Technologie und Englisch, um zum Wiederaufbau des Landes und der Gesellschaft beizutragen. Doch plötzlich änderte sich das Szenario, und die Frauen waren gezwungen, zu Hause zu bleiben.

 

Am 13. August demonstrierte eine Gruppe mutiger Frauen auf den Straßen von Kabul. Die Frauen forderten ihr Recht auf Bildung, Arbeit und Freiheit. Als die Gruppe den Vorplatz des Bildungsministeriums in Kabul erreichte, trafen bewaffnete Taliban-Kämpfer die protestierenden Frauen mit Schüssen, gaben Schüsse in die Luft ab und trieben sie auseinander. Vielen Frauen wurden auch die Telefone entrissen. Der Kreislauf der Gewalt in Afghanistan ist noch nicht zu Ende. Jede Woche gibt es Explosionen, bei denen unschuldige Bürger, darunter auch Kinder, getötet werden." So weit der Bericht von Rawa.


Die Demonstration in Kabul zeigt: Es gibt auch Widerstand in Afghanistan. Er hat weltweite Solidarität verdient! Der Frauenverband Courage sammelt erfolgreich Spenden für Untergrundschulen in Afghanistan gesammelt. Eine Courage-Frau berichtet: "Wir sind stolz darauf, Teil eines internationalen Widerstands zu sein! Wir haben unser Wort gegeben, uns auf unserer 3. Weltfrauenkonferenz in Tunis im September 2022 für eine weltumspannende Solidarität, für einen weltweiten Widerstand gegen Faschismus und Krieg, für eine gerechte Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung einzusetzen." Wie das auf der 3. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen umgesetzt wird, kann man den Livestreams und den Berichten und Korrespondenzen entnehmen. Morgen wird es wieder einen neuen Bericht hier auf Rote Fahne News geben.