Rede Stefan Engel, Mitinitiator der Montagsdemonstrationsbewegung seit 2004, auf der Montags-Demo in Gelsenkirchen am 22. August 2022
Nur Krisen bei den Herrschenden - wir gehen unseren Weg weiter!
Heute befinden wir uns in einem regelrechten Krisenmodus in dieser Gesellschaft: Die Regierung befindet sich in einer Krise, die Börsen befinden sich gerade wieder im Abflug, alle sind sehr nervös, was eigentlich aus der jetzigen Situation entsteht.
Wir haben zurzeit vier große Krisen, für die die Herrschenden keine Antwort haben. Wir haben immer noch die Coronakrise, die im Sommer etwas weniger Auswirkungen hat, aber man bereitet sich schon auf den Herbst vor. Wir haben bereits seit 2018 eine Weltwirtschafts- und Finanzkrise, bei der es zwischendurch etwas Belebung gab, die aber jetzt wieder abstürzt. Wir haben natürlich den Ukrainekrieg und wir haben eine verschärfte Umweltkrise.
Diese Krisen werden im Grunde genommen gar nicht gelöst, denn die Regierung ist nicht in der Lage, die Regierungskrise zu lösen. Während sie einerseits den Ukrainekrieg gegen Russland unterstützen, wird andererseits gleichzeitig die Umweltkrise verschärft. Während sie einerseits verschiedene Ausgaben tätigen, um die Krise zu beruhigen, verschärfen sie andererseits gleichzeitig die soziale Krise, die sozialen Ungerechtigkeiten usw.
Was gar nicht angetastet wird in dieser Krise, sind die Verursacher all dieser Krisen, der gesamten Krisenhaftigkeit. Wir haben hier das Hauptproblem, was momentan die Leute am meisten drückt, ist die zunehmende Inflation, die im September in den zweistelligen Bereich überzugehen droht. Sie beträgt bei den Arbeitern, den einfachen Leuten, bereits heute 15 bis 20 Prozent. Wir können an anderen Ländern sehen, wie schnell das in eine galoppierende Inflation übergehen kann. Die Teuerung ist bei den einfachen Leuten sehr viel höher als die offizielle Teuerungsrate und die Menschen werden langsam unruhig.
Jetzt kommen neue Belastungen auf uns zu. Ein „Maßnahmenpaket“ der Bundesregierung läuft jetzt aus, das 9-Euro-Ticket - dann werden „natürlich“ die Preise hochgehen. Steuerliche Vergünstigungen wie beim Benzin werden zurückgenommen zum 1. September, so dass man dann beim Benzin wieder mit Preiserhöhungen von 30 bis 40 Prozent rechnen muss. Dazu kommen auch noch die Subventionen und die Gasumlage für den Uniper-Konzern. Angeblich ist es eine Notwendigkeit für die Gesellschaft, diesen Konzern zu retten, obwohl dieser die ganze Zeit Milliardengewinne mit seiner unverschämten Umweltverschmutzung eingefahren hat. Der Konzern ist zwar aktuell etwas ins Minus geraten, aber das ist ja keine absolute Krise, weil sie sich das Geld mit den Nebenkosten wieder reinholen. Das ist nur ein zeitweiliger Liquiditätsengpass, den die Bundesregierung aus unseren Steuergeldern sofort mit 15 Milliarden Euro schließt und uns dann noch ab dem 1. Oktober zusätzlich mit der sogenannten Gasumlage voll belastet. Das Problem, das der Inflation zugrunde liegt, wird aber nicht gelöst. Die allgemeine Grundlage für diese Teuerung ist die Staatsverschuldung, die viele Länder belastet und die eigentlich die Grundlage ist. Und die kann man nicht so einfach rückgängig machen.
Das zweite ist eine ungeheure Spekulation, die zurzeit betrieben wird. Wenn wir uns diese Faktoren alle noch mal genau anschauen, sehen wir, dass diese Preissteigerungen gar keine reelle Grundlage haben. Es ist noch kein Tropfen Öl weniger geflossen und trotzdem ist der Ölpreis um 50 Prozent gestiegen. Es ist insgesamt noch kein Gas weniger geströmt, trotzdem hat sich der Gaspreis verdreifacht bis verfünffacht. Es ist hier noch kein Zentner Weizen weniger gewachsen und trotzdem sind die Preise beim Bäcker um 30 bis 40 Prozent hochgegangen. Alle Lebensmittel sind teurer geworden usw.. Da ist eine ungeheure Spekulation im Gange, die aber völlig legal ist. Dagegen unternimmt die Regierung überhaupt nichts, fördert das noch.
Dazu kommt, dass wir bereits im dritten Jahr eine Zurückhaltung bei Lohnzahlungen erleben. Man sagt den Arbeitern immer, sie dürfen nicht so viel fordern, weil sie ja sonst eine Lohn-Preis-Spirale lostreten. Die Unternehmer von Gesamtmetall haben der IG Metall gesagt, es müsse eine Nullrunde kommen. Manche Regierung in Europa hat die Idee gehabt, eine Über-Gewinn-Steuer einzuführen. Das ist natürlich ein blöder Begriff, weil die Monopole ohnehin nur Maximal- und Über-Gewinne haben. Man könnte die auch besteuern, damit sie nicht so abartig viel einnehmen, das wird aber nicht gemacht.
Auf diesem Hintergrund steckt die Regierung in einer tiefen Krise. Die SPD hat in den Umfragen bereits zehn Prozent gegenüber dem Wahlergebnis verloren, die FDP steuert ganz scharf auf die fünf Prozent runter und die CDU hat ein paar Punkte gut gemacht, aber sie sind am Wackeln. Und warum sind sie am Wackeln? Weil sie befürchten, dass sich die Leute das irgendwann nicht mehr gefallen lassen. Die ganzen „Entlastungspakete“ sind reine Beruhigungspillen, kein bisschen mehr. Das wird eine ernste Angelegenheit werden, und die Montagsdemonstration ist bereit, den Kampf zu führen. Wir haben seit längerem die Parole in den Betrieben, einen kräftigen Lohnnachschlag zu fordern, einen außertariflichen mit mindestens 200 Euro im Monat. Dazu müssen natürlich selbständige Streiks durchgeführt werden, da hat die Gewerkschaft nicht viel mit zu tun. Wir fordern aber auch, dass die Hartz IV-Empfänger, die Rentner, die bisher überhaupt nicht bedacht wurden, Unterstützung bekommen. Die jetzige Rentenerhöhung ist bei 15 bis 20 Prozent Inflation gar nichts. Wir müssen breite Bevölkerungsschichten einbeziehen in einen Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf unseren Rücken und für hohe Steuerabgaben für diese Monopole und ihre Monopolprofite. Ich habe jetzt kaum ein Monopol erlebt, das keine Gewinne eingefahren hat. Wir können es nicht zulassen, dass es so weitergeht.
Wir haben am 1. Oktober eine bundesweite Demonstration geplant, zusammen mit verschiedenen Organisationen, Sozialverbänden und weiteren Kräften gegen diese Regierungspolitik, aber auch gegen diese Kriegsbeteiligung der Bundesregierung und die massive Aufrüstung, die hier von der NATO und der Bundesregierung getätigt wird.
Wir fordern den sofortigen Stopp der Kriegshandlungen in der Ukraine, Rückzug der russischen Truppen hinter die russischen Grenzen. Stopp auch der Waffenlieferungen und Rückzug der NATO-Truppen mindestens 300 km von der russischen Grenze entfernt. Anders ist das Problem nicht zu lösen.
Und wir fordern natürlich einen kräftigen Lohnnachschlag, ein Rentenzuschlag, und die Hartz IV-Empfänger müssen mindestens 200 Euro mehr bekommen usw. Wir dürfen uns auch nicht verrückt machen lassen. In den Medien wird von einem „heißen Herbst“ gesprochen, den die Rechten organisieren wollen. Die werden in den Medien ungeheuer hochgepuscht. Ich garantiere, hier bei unserer Montagsdemonstration sind keine Rechten dabei, keine Faschisten, keine Nazis, keine Querdenker. Wir sind Arbeiter, Angestellte, Jugendliche, Frauen, die für ihre berechtigten Forderungen eintreten und dabei bleibt es auch!
Wir werden unseren Weg weitergehen.
Glückauf und alles Gute