Hafenarbeiterstreik
Politisierung durch Monopolangriffe
Die Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter werden wohl ihren Ohren nicht getraut haben, als sie hörten, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) ihr weltweites Solidaritätsmotto „You’ll never walk alone“ zitierte, das außerdem die Hymne vieler Fußballclubs – zum Beispiel des FC Liverpool – ist. Stefan Wolf, Präsident des Kapitalistenverbands Gesamtmetall, hat das gleich mal auf sich bezogen, und forderte am 14. August in der "Welt am Sonntag" eine Nullrunde angesichts der Gasumlage: „Wenn wir im Herbst in eine Gasmangellage kommen, fällt das genau in unsere Tarifrunde“ ... „Dann wird es nicht möglich sein, die Firmen der Metall- und Elektroindustrie mit Lohnerhöhungen weiter zu belasten.“
Nun versteht man noch besser die Forderung von „Arbeitgeber“-Präsident Rainer Dulger Ende Juni, der eine „nationalen Notstand“ angesichts der Streiks der Hafenarbeiter forderte.
Er hatte es ja Herrn Wolf sozusagen in den Mund gelegt, als er sich am 30. Juni im Spiegel ausließ: „Die fetten Jahre sind jetzt erst mal vorbei“. Deutschland sei viele Jahre durch eine „Wohlstands- und Wohlfühloase“ getaumelt. „Aber damit ist jetzt Schluss. … Wir müssen jetzt gemeinsam immer häufiger darüber reden: Was tun wir, dass unsere Wirtschaft weiter am Laufen bleibt?“ Deutschland sei nur stark, wenn die Wirtschaft stark sei.“
Mag der Himmel wissen, von welcher „Wohlfühloase“ er hier fantasierte. Da können die Docker nur lachen: Wenn Herr Dulger mal eine Schicht hart körperlich im Hafen arbeiten würde, würde er schnell merken, dass dabei von „Wohlfühlen“ oder „Oase“ keine Spur zu finden ist. Und von Wohlstand kann bei den Löhnen, die gezahlt werden, auch nicht die Rede sein, bei den steigenden Kosten ganz zu schweigen. Und wie: "Unsere Wirtschaft"? In diesem System ist das Monopolkapital Herr über die Produktionsmittel. "Unsere Wirtschaft" - also die der werktätigen Massen - ist es erst, wenn diese Herren der Produktionsmittel sind - also im Sozialismus.
Wenn es Deutschland gut gehe, geht es auch den Arbeiter gut?
Tatsache ist, u. a.: Die maritime Wirtschaft (Hafenbetriebe, Reedereien) haben enorme Gewinne – Reedereien wie Hapag-Lloyd sogar Traumgewinnen gemacht (bis zu 18,3 Mrd. Euro Gewinn werden bis Jahresende erwartet!). Das ist keine deutsche Sonderentwicklung. 1900 Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter von Felixstow, dem größten Containerhafen Großbritanniens, werden vom 21. August bis 28. August mit ihrer Gewerkschaft Unite in einen Tarifstreik treten. Während der Konzern CK Hutchison Riesengewinne machte (er ist einer der bedeutenden Containerterminal-Betreiber) und dieses Jahr rund 100 Mio. Pfund an die Aktionäre ausschüttet, will man die Kollegen mit einer Lohnerhöhung von 5 Prozent, weit unter der realen durchschnittlichen Inflationsrate von 11,9 Prozent abspeisen. Seit 1989 hatten die Kollegen nicht mehr gestreikt. Jetzt haben, angesichts dieser Provokation, 92 Prozent für Streik gestimmt.
Da die Hafenumschlagsbetriebe in internationaler Konkurrenz zueinander stehen, wundert es nicht, wenn man ähnlich faule Angebote vom ZDS (Zentralverband der Deutschen Seehäfen) sieht. Mit immer komplizierteren Tabellen, soll die Verhandlungskommission weichgekocht und soll der Anschein von realen Angeboten vermittelt werden. Auch wenn die Kolleginnen und Kollegen, durch die erzwungene Warnstreikunterbrechung in Hamburg, die Zeit erstmal nur zur Sammlung der Kräfte und zur Überbrückung mit Dienst nach Vorschrift nutzen können, ist die Kampfbereitschaft ungebrochen.
Nicht nur „keine Nullrunde“ – es muss ein Lohnnachschlag sein!
Jörg Hofmann, IG-Metall-Vorsitzender, protestierte gegen die Forderung nach einer Nullrunde: „Auf den Beschäftigten lasten die gesamten Preissteigerungen – im Gegensatz zu Unternehmen können sie diese nämlich nicht weitergeben.“ „Es sei deshalb nicht die Zeit der Zurückhaltung in der Tarifpolitik.“ Wie auch die Tarifkommission bei ver.di (Häfen) reagiert er auf die Forderung der Kollegen nach einer offensiven Forderung, aber sie nehmen beide den Inflationsausgleich als Maßstab. Darum ist auch Wachsamkeit bei der Argumentationslinie im Tarifrundenflugblatt von ver.di zur nächsten Verhandlungsrunde am 22. August in Bremen geboten, die den Begriff eines „Arbeitnehmerrisikos“ einführt. Jede Kollegin und jeder Kollege trägt doch ohnehin das volle Risiko. Die Arbeiter können nur ihre Ware Arbeitskraft verkaufen! Deren Preis wird gerade massiv durch die Inflation von real 20 Prozent (für einen vierköpfigen Haushalt) auf ihre Kosten entwertet! Es muss aber ein Lohnnachschlag her. Dafür müssen die oftmals gewerkschaftlich geführten kämpferischen Streiks um selbständige Streiks ergänzt werden!
Der Wirtschaftskrieg – die wahre Ursache der Inflation
In der Broschüre „Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems“ von Stefan Engel, Gabi Fechtner und Monika Gärtner-Engel wird der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, mit seinen dankenswert offenen Worten zitiert. Er sieht den Zweck der Sanktionspolitik gegen Russland darin, „dem industriell-militärischen Komplex dieses Landes das Rückgrat zu brechen.“² Gerade dieser Wirtschaftskrieg ist es, der mit seiner Sanktionspolitik und den dementsprechenden Antworten die Spekulation und damit auch die Inflation gewaltig in die Höhe treibt.
Folgerichtig urteilt auch die Broschüre: „Die Angst vor politischen Massenprotesten und vor der Entwicklung des proletarischen Klassenkampfs gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf den Rücken der Massen ist eine Triebfeder des Krisenmanagements der Bundesregierung.“
Darum ist die Forderung im Kampfprogramm der MLPD für den aktiven Widerstand gegen einen Dritten Weltkrieg hochaktuell und berechtigt³:
- Erhöhung der Löhne und Gehälter um mindestens 15 Prozent, nicht unter 500 Euro pro Monat!
- 30-Stunden bei vollem Lohnausgleich!
- Weg mit den Hartz-IV-Armuts-Gesetzen! Als Sofortmaßnahme: Erhöhung aller staatlichen Sozialleistungen, wie Regelsätze bei Hartz IV, Grundsicherung, gesetzliche Renten und Asylbewerberleistungen im mindestens 20 Prozent!
- Allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!